Der letzte Vorhang für Josef Maderthaner

Erstellt am 12. Jänner 2023 | 06:55
Lesezeit: 3 Min
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Seit 1966 (!) leitete Josef Maderthaner die Theatergruppe St. Stephan. Nach 55 Jahren sagt er seinem treuen Publikum Adieu. „Ich halte es da wie Kaiser Franz Josef: Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!“
Foto: DorisSchleifer-Höderl
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Nach 55 Jahren zieht sich der Amstettner Vollblutschauspieler als Leiter der Theatergruppe St. Stephan zurück.

„Ich war immer ein konsequenter Mensch und deshalb kann ich auch gut einschätzen, wann es Zeit ist, den Hut zu nehmen“, meint Josef Maderthaner (85) gegenüber den NÖN. „Fortan werde ich nicht mehr auf der Bühne stehen, sondern meinen Platz im Publikum haben!“

Begonnen hat alles im Herbst 1966. Da kam es unter Mitwirkung des damaligen Kaplans Erich Resch zur Gründung der Theatergruppe St. Stephan, kurz „TheSaStA“. Die Leitung hatte von Anbeginn an Josef Maderthaner inne, der in jungen Jahren sogar kurz darüber nachdachte, den Schauspielberuf als Profi auszuüben. „Ehrlich gesagt, bereue ich es bis heute nicht, es dann doch nicht getan zu haben. Denn wenn man sich die Branche so betrachtet, so ist der Broterwerb des Schauspielers hart. Nur wenige schaffen es bis an die Spitze.“

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Josef Maderthaner in einer seiner Paraderollen: Als Schuster Knierieim im Nestroy-Klassiker Lumpazivagabundus.
Foto: TheSaStA

Also blieb Josef Maderthaner Banker – er war vor seiner Pensionierung Leiter der Innenrevison der Volksbank Amstetten – doch das Theater bestimmte in der Freizeit sein Leben. Im Laufe der Jahrzehnte spielte er mehr als 90 verschiedene Rollen. „Besonders der Schuster Knieriem in Nestroys Lumpazivagabundus, die Verkörperung des Herrn Karl im gleichnamigen Stück von Helmut Qualtinger und Carl Merz sowie Hugo von Hoffmannsthals Jedermann sind mir sehr gelegen“, erinnert sich Mader-thaner. „Aber gespielt habe ich alles gerne.“

Martina Kies-Houstecky wird neue Leiterin

Der Entschluss, die Leitung der Theatergruppe zu übergeben, kam nicht von heute auf morgen. „Ich habe mich schon länger damit auseinandergesetzt. Da ich es persönlich schlimm finde, wenn Leute nicht aufhören können, sich gar schon lächerlich machen und noch immer auf der Bühne kleben, habe ich mich dazu entschlossen, Jüngeren Platz zu machen.“

Damit sind Martina Kies-Houstecky als Leiterin und Christian Dunkl als ihr Stellvertreter gemeint. „Beide gehören schon lange der Theatergruppe an und werden TheSaSta mit Sicherheit bestens in die Zukunft führen“, ist Josef Maderthaner überzeugt.

Doch was wird der Neo-Bühnenpensionier nun mit der gewonnenen Zeit anfangen? „Am 2. April trete ich mit meiner Kollegin Christine Hiebl im Rahmen der Internationalen Theatertage Friedrichshafen mit dem Felix-Mitterer-Zweipersonenstück „Weizen auf der Autobahn“ auf. Ich habe mich um eine Teilnahme von TheSaStA an diesem Festival beworben, nun hat es geklappt und deshalb werde ich hier noch einmal auf der Bühne stehen. Wir sind die einzige österreichische Truppe unter den zehn Teilnehmern. Da sind wir schon stolz darauf! Darüber hinaus habe ich noch unzählige Bücher in meiner Bibliothek, die ich nun endlich lesen kann. Und im Herbst werde ich mit meiner Frau eine Schifffahrt auf dem Rhein unternehmen. Außerdem bin ich siebenfacher Großvater und auch schon Urgroßvater. Langeweile wird bei mir somit garantiert nicht aufkommen!“

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