Ex-Politiker Katzengruber und Kiermaier: „Was bleibt da zum Leben?“

Erstellt am 03. Februar 2023 | 06:31
Lesezeit: 6 Min
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Foto: APA/BARBARA GINDL
Hohe Energiepreise: SPÖ-Bürgermeister außer Dienst Herbert Katzengruber und SPÖ-Nationalrat außer Dienst Günter Kiermaier üben harte Kritik an Energieunternehmen und Politik.
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„Ein Familienmitglied hat mir heute seine Gas-Vorschreibungen für 2023 und Abrechnungen der Jahre 2021 und 2022 der EVN gezeigt. Es ist ein wahres Drama, was den Preis und die Kosten anbelangt“, sagt Amstettens Bürgermeister außer Dienst Katzengruber. Vor allem Pensionisten seien ob des Preisanstiegs besorgt und wütend.

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Altbürgermeister Herbert Katzengruber übt Kritik an den explodierenden Energiepreisen.
Foto: NÖN

Katzengruber legt auch ein konkretes Beispiel vor. Die Abrechnung eines Familienmitglieds für das Jahr 2021 beläuft sich auf 41.486,6 kWh bzw. 3.866,540 m³, die Abrechnung für das Jahr 2022 auf 33.023,1 kWh bzw. 3.053,215 m³ (Einsparung von 8.463,5 kWh bzw. 813,325 m³). „Am 21.7.2022 erhielt besagte Person ein Schreiben der EVN, worin ihr mitgeteilt wurde, dass der bisherige monatliche Preis von 189 Euro ab September 2022 auf 582 Euro erhöht wird, damit ,sie vor unangenehmen Nachzahlungen geschützt wird“, berichtet der Ex-Bürgermeister. Am 17.1.2023 habe die Frau dann die Jahresrechnung erhalten – „mit der neuen Vorschreibung für 2023 von sage und schreibe monatlich 836.00 Euro! Zwar hat sie keine schlechte Pension, dennoch zahlt sie etwa die Hälfte davon nun allein für die Energiekosten. Ich stelle mir dann eine Witwe mit einer Pension von 1.300 Euro monatlich vor, die mindestens 1.000 Euro für Strom und Gas aufwenden muss. Was bleibt der noch zum Leben übrig?“

Katzengruber kritisiert auch, dass die Aufstellung der Kosten (Energiekosten Grundpreis/Verbrauchspreis) für Laien undurchschaubar sei. In seinem näheren Verwandten- und Bekanntenkreis hätten drei Personen drei verschiedene Preise. „Wem soll da nicht „der Kragen platzen? Es hilft ja nichts, wenn Förderungen diskutiert werden, jedoch laufend viele Menschen immer weniger Geld zur Verfügung haben. Hier müsste das Übel an der Wurzel gepackt werden“, sagt der ehemalige SPÖ-Politiker.

Merit-Order-Prinzip gehört abgeschafft

Ein System wie die „Merit-Order“, wo sich der Energiepreis am teuersten Produkt am Markt orientiere, gehöre sofort abgeschafft. Die Gaspreise seien zuletzt ja stark gesunken. „Aber die Menschen merken nichts davon, weil sie auf Reduzierungen ewig lang warten müssen, während Erhöhungen immer gleich schlagend werden“, beklagt Katzengruber. Und er kritisiert, dass die Regierung nicht bereit sei, die von der SPÖ verlangte Gaspreisbremse umzusetzen. „Fakt ist, dass die Energieunternehmen derzeit horrende Gewinne erzielen und die Haushalte enorm belasten.“

Ins selbe Horn wie Katzengruber stößt Nationalrat außer Dienst Günter Kiermaier. „Obwohl die internationalen Marktpreise für Strom und Gas gehörig gefallen sind, ist meine monatliche a-conto-Zahlung beim Erdgas um ungeheure 222 Prozent gestiegen. Dafür gibt es keine Rechtfertigung“, ärgert er sich. Einmalzahlungen und Bonuszahlungen seien keine Lösung, denn diese fielen versetzt ja wieder nur auf die Steuerzahler zurück. „Der einzig richtige Weg wäre ein Eingriff in die Marktwirtschaft mit einem Preiswahrheitsgesetz. Es kann nicht sein, dass die ganze Energie-Lobby den Hals nicht voll bekommt und wir alle zahlen deren ungeheure Gewinne“, schimpft Kiermaier. Die EVN gehöre zu 51 Prozent dem Land und dennoch würden die Verbraucher von der Energielobby ungestraft ausgeplündert. „Wo ist denn da das in letzter Zeit so oft plakatierte Miteinander. Es ist höchste Zeit, dass da die Politik im Sinne der Bürger neue Maßstäbe setzt.“

Hanger: Schon viele Unterstützungsmaßnahmen

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ÖVP Nationalrat Andreas Hanger verweist auf die Unterstützungsmaßnahmen von Bund und Land.
Foto: Knapp

ÖVP-Nationalrat Andreas Hanger betont, dass es ja schon umfangreiche Entlastungsmaßnahmen – Abschaffung der kalten Progression, Valorisierung der Sozialleistungen, Senkung der Lohnnebenkosten, Klimabonus und vieles andere mehr – gäbe, die vor allem unteren Einkommensbereichen zugutekämen. Im Energie-bereich verweist er zusätzlich auf die Strompreisbremse, die seit 1.12.2022 antraglos direkt auf die Stromrechnung wirksam werde. „Jede Person mit Stromlieferungsvertrag profitiert. Pro Zählpunkt werden maximal 2.900 kWh (= 80% eines durchschnittlichen 3-Personen-Haushalts) vom Bund gefördert. Alles darüber wird zu Marktpreis verrechnet. Diese 2.900 kWh werden zu einem Preis von 12 Cent /kWh brutto an den Konsumenten weitergegeben, was dem Vorkrisen-niveau entspricht“, streicht er hervor. Hanger weist auch auf den zusätzlichen Strompreis-rabatt des Landes NÖ hin.

Zudem werde noch diese Woche in der nächsten Parlamentssitzung ein Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz beschlossen, das den Ländern einen einmaligen Zweckzuschuss von 450 Mio. € zur Verfügung stelle, um Privathaushalte bei der Bewältigung von Wohn- und Heizkosten zu unterstützen. „Die Länder können damit bestehende Initiativen, die gleiche Zwecke verfolgen, verstärken oder neue Unterstützungen starten. Die Mittel können für Zuschüsse ab 1. Jänner 2023 herangezogen werden. Als Bedingung für den Zweckzuschuss dürfen diese Leistungen nicht auf die Sozialhilfe angerechnet werden“, erklärt der ÖVP-Politiker.

Und er kritisiert seinerseites die SPÖ. Denn diese fordere die Senkung der Mehrwertsteuer, kritisiere aber gleichzeitig das „Gießkannenprinzip“ bei den Förderungen. „Widersprüchlicher kann man nicht argumentieren. Bei Eingriffen in den Markt wäre ich sehr vorsichtig, dies kann nämlich dazu führen, dass die Versorgungssicherheit gefährdet ist. Und wenn die SPÖ unternehmerisch tätig wird, dann hat das bis jetzt immer zu keinen Erfolgen geführt.“

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