Andrea Lechners Handarbeit: „Es ist wie Meditation ...“

Erstellt am 04. April 2021 | 05:34
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Seit dem Kleinkindalter ist Häkeln, Nähen und Stricken ein fixer Bestandteil in Andrea Lechners Leben. An einem Quilt mit 15.000 Teilchen näht sie schon seit vier Jahren.

Die Wahl-Aschbacherin Andrea Lechner (53) arbeitet als psychiatrisch und neurologisch diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Ambulanz im Landesklinikum Mauer. Einen Ausgleich zu dieser anspruchsvollen Tätigkeit findet sie im Handarbeiten.

Seit Schulunterricht fixer Alltags-Bestandteil

„Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich schon mit drei Jahren die ersten Kreuzstiche gemacht habe. Erinnern kann ich mich aber nicht mehr daran“, sagt Lechner und schmunzelt.

Seit dem Schulunterricht ist das Häkeln, Nähen, Stricken und Sticken jedenfalls fixer Bestandteil ihres Alltags. Ihr Hauptaugenmerk liegt dabei inzwischen auf dem Erlernen alter Handwerkstechniken. „Ich bin der Meinung, dass das unbedingt erhalten und an die Jugend weitergegeben werden sollte“, sagt sie.

Mit dem Anfertigen von Zwirnknöpfen hat Lechner 2012 begonnen. „Für den ersten Knopf habe ich eineinhalb Stunden gebraucht und dabei Blut und Wasser geschwitzt“, gesteht die Aschbacherin. Mittlerweile braucht sie nur noch fünf Minuten pro Knopf.

Die fertigen Zwirnknöpfe, die natürlich alle Unikate sind, verwendet sie für Bettwäsche und Trachten. Aber sie verziert auch Taschen, T-Shirts und Hüte mit den Knöpfen damit. Broschen und Halsketten gehören ebenfalls zu ihrem Sortiment. „Ich denke, in unsere gleichgeschaltete Welt gehört mehr Individualität und Mut zum Anderssein. Mit Zwirnknöpfen kann man vieles bunter und fröhlicher gestalten“, sagt die Krankenpflegerin.

Beim Nähen eines Quilts, also einer Patchworkdecke, werden Stoffe zu neuen Stücken verarbeitet. „Durch YouTube bin ich auf ein Video einer Grande Dame des Quiltens gestoßen. Ich verspürte den Drang, es auszuprobieren, und es gelang mir“, berichtet die Aschbacherin, die ursprünglich aus Kindberg im Mürztal (Steiermark) stammt.

Verschiedene Techniken mit Videos gelernt

Sie hat dann viele verschiedene Verarbeitungstechniken nach Anleitung der Videos versucht. „Je nach Größe, Technik und Verarbeitung sitze ich mehrere Stunden bis hin zu mehreren Tagen oder Wochen an der Nähmaschine. Seit fast vier Jahren arbeite ich an einem ausschließlich mit der Hand genähten und aus über 15.000 Daumennagelgroßen Stückchen bestehenden Quilt“, berichtet sie.

Aufgrund der enormen Arbeitszeit sind die Stücke für sie unverkäuflich. An besondere Menschen verschenkt sie zu bestimmten Anlässen aber schon mal eine ihrer Handarbeiten.

Einige noch nicht fertiggestellte Werke liegen in der Schublade und warten auf ihre Vollendung. Lechners Idee ist es, die beiden Techniken zu kombinieren und einen Quilt mit selbst gemachten Zwirnknöpfen zu verschönern.

Lechner hat sich aber noch viele andere handwerkliche Fähigkeiten angeeignet. Mit einer Handspindel Wolle zu spinnen hat ihr zum Beispiel eine Freundin in der Steiermark beigebracht und über das Klöppeln ist sie bei einem Weihnachtsmarkt in St. Peter mit einer Dame ins Gespräch gekommen.

„Ich durfte eine Grundtechnik ausprobieren und saß schon zwei Monate später in ihrem Kurs“, erzählt die Krankenpflegerin. Bei einem Handwerksmarkt kam sie zudem mit der italienischen Schiffchentechnik zum Anfertigen von Spitzen, Occhi, in Kontakt. Auch da hat sie rasch einen Kurs absolviert und das Endprodukt war wunderschöner Christbaumschmuck.

„Um den Kopf von meiner anspruchsvollen beruflichen Tätigkeit freizubekommen, brauche ich eben eine komplett andere geistige Herausforderung. Für mich ist das feinmotorische Arbeiten wie Meditation. Von Stoffen kann ich gar nicht genug bekommen. Dementsprechend groß ist auch mein Fundus“, sagt Lechner.

Die Pandemie hat ihren handwerklichen Tatendrang im letzten Jahr aber dramatisch eingeschränkt. „Seit März 2020 arbeite ich beruflich fast durchgehend am Limit. Home-Office kenne ich nur vom Hörensagen. Nichtsdestotrotz versuche ich, mir abends doch ein paar Stunden für mein Hobby einzuräumen“, berichtet die Krankenpflegerin.