Hausärzte fühlen sich bedroht

Erstellt am 20. Dezember 2016 | 06:38
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Sonja Koller (l.) und Antonia Jung (r.) verteilten im Auftrag der NÖ Ärztekammer am letzten Mittwoch vor dem Landesklinikum Amstetten Info-Folder für die Patienten.
Foto: Wolfgang Kapf
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Ärztekammer sieht Gesundheitsreform als „Kaputtsparen des Gesundheitssystems“: Volksbegehren initiiert.

Doktor Rudolf Heschl, Bezirksvertreter der praktischen Ärzte aus Oed-Öhlking, ist empört: „Ich wollte eine Information für die Patienten zum Volksbegehren der NÖ Ärztekammer in unsere Gemeindezeitung hineingeben, doch es hieß: Das dürfen wir nicht. Es gibt nämlich eine Anordnung des Gemeindevertreterverbandes, das Volksbegehren nicht zu unterstützen!“

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Rudolf Heschl, Bezirksvertreter der Allgemeinmediziner, hofft auf viele Unterstützungserklärungen für das Volksbegehren „SOS Medizin“.
Foto: Wolfgang Kapf

Am 30. November hat ein Reformpaket zum Gesundheitswesen den Gesundheitsausschuss des Nationalrates passiert und damit den Weg zur Beschlussfassung am 15.12.2016 geebnet.

Die Ärztekammer läuft dagegen Sturm, denn sie sieht darin „ein Kaputtsparen unseres Gesundheitssystems“. Besonders kritisch bewerten die Standesvertreter die Begrenzung der Gesundheitsausgaben, weil „die moderne Medizin sich laufend weiter entwickelt und mit einer Kostensteigerung verbunden ist!“ Innerhalb kürzester Zeit hat die NÖ Ärztekammer das Volksbegehren „SOS Medizin“ initiiert, das vier konkrete Forderungen (siehe unten) enthält.

„In NÖ brauchen wir 8.000 Unterstützungserklärungen, damit wir das Volksbegehren einleiten können,“ erklärt dazu Heschl. „Die Unterstützungserklärungen liegen mit entsprechenden Informationsfoldern in den Ordinationen auf und wurden am 14.12. auch vor dem Landesklinikum in Amstetten verteilt. Sie können ab sofort ausgefüllt und am Gemeindeamt unterschrieben und dann an die NÖ Ärztekammer geschickt werden.“

Als Vertreter der Allgemeinmediziner ist Heschl natürlich speziell die „Untergrabung des gut funktionierenden Hausarztsystems“ ein Dorn im Auge: „Die Politik will ein Parallelsystem mit primären Versorgungszentrum einrichten, in dem die Patienten – wie in einer Ambulanz – von ständig wechselnden Ärzten betreut werden. 200 Millionen Euro sind dafür in den nächsten fünf Jahren veranschlagt. Und das Geld dafür soll bei den Ausgaben im Bereich der niedergelassenen Ärzte durch die Krankenkassen eingespart werden!“

„Wir fordern eine direkte Medikamentenabgabe für alle Ärzte“

Auch der drastischen Reduzierung der Hausapotheken durch politische Vorgaben müsse endlich entgegengewirkt werden: „In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl österreichweit um über 200 reduziert. Vor allem betroffen ist natürlich der ländliche Raum. Wir fordern daher eine direkte Medikamentenabgabe für alle Ärzte – im speziellen für dringend notwendige Medikamente!“

Für Heschl ist die neue Gesundheitsreform nur die Fortsetzung der seit Jahren durch die Politik vorgenommen Verschlechterungen im Gesundheitssystem. Und er führt dazu einige Beispiele an: „Die Politik hat die Gemeindeärzte und die Bezahlung des Bereitschaftsdienstes während der Woche abgeschafft. Das hat dazu geführt, dass die Ärzte außerhalb der Ordinationszeiten nicht mehr erreichbar sind. Die Versorgung der Patienten hat sich dadurch drastisch verschlechtert. Und den Ärzten im niedergelassenen Bereich wirft man laufend administrative Prügel vor die Füße. Und seit 10 Jahren gibt es keine finanzielle Weiterentwicklung im Honorarsystem.“

Für den Obmann des VP-Gemeindevertreterverbandes im Bezirk, Ardaggers Bürgermeister Johannes Pressl, geht das geplante Reformpaket nicht gegen den Hausarzt. „Es braucht den Hausarzt, aber halt auch so, dass das System bei geänderten Kundenbedürfnissen zu Tagesrandzeiten oder an Wochenenden funktioniert. Lösen werden wir das nur im miteinander Reden von Ärzten, Krankenkassen und Politik und nicht im Kampf auf dem Rücken der Patienten.“

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