Rudolf Decker: „Der Mensch wächst an seinen Herausforderungen!“

Erstellt am 28. Mai 2023 | 08:30
Lesezeit: 4 Min
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Foto: NOEN
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Neunzehn Jahre war Rudolf Decker Geschäftsführer des Hotel Exel. Seit 1. Jänner 2023 ist er in Pension und sprach mit den NÖN über seinen Ruhestand und sein Steckenpferd, das Lesen.

„Mein Ruhestand ist wirklich ruhig und ich genieße ihn“, berichtet Rudolf Decker. „Es gibt eben nun andere Prioritäten! Zum einen habe ich eine große Familie. Ich bin nämlich vierfacher Vater und fünffacher Großvater. Ein Sohn wohnt am Attersee, mein zweiter Sohn lebt in Istanbul und meine beiden Töchter sind in Kröllendorf und Kematen daheim. Also da tut sich schon einiges.“ Durch seine beruflichen Tätigkeiten – zunächst 25 Jahre als Banker in der Filiale der Volksbank Amstetten und ab 2004 als Geschäftsführer des Hotel Exel – hat Rudolf Decker zum anderen auch einen großen Bekannten- und Freundeskreis. „Ich habe sogar noch Schulfreunde, zu denen der Kontakt nie abgerissen ist. Für mich ist das alles ein Geschenk und ich bin unendlich dankbar dafür.“

Aufgewachsen ist der heute 68-Jährige im Gasthaus seiner Familie in Aschbach, dem eine Fleischhauerei und eine Landwirtschaft angeschlossen waren. „Von klein auf war ich daher unter vielen Leuten, und das prägt. Diese Begegnungen, die Gespräche haben dazu beigetragen, dass ich schon als kleiner Bub sehr kommunikativ war. Das ist so lehrreich fürs Leben und hat mir in meiner beruflichen Laufbahn sehr geholfen. Mein Vater hat einmal zu mir folgenden Spruch gesagt: 'Der Gast muss spüren, dass sich der Wirt freut, wenn er kommt.' Das stimmt hundertprozentig und ich habe das auch immer wieder während meiner Tätigkeit im Hotel Exel beobachtet. So wurden aus vielen Gästen im Laufe der Jahre auch gute Freunde. Dafür bin ich unendlich dankbar.“ Zunächst hatte Rudolf Decker nämlich Bedenken, von der Bank in das Gastgewerbe zu wechseln. „An dieser Stelle muss ich der Familie Ertl danken, dass sie sich auf das Wagnis mit mir eingelassen hat. Für mich hat es gestimmt: Der Mensch wächst an seinen Herausforderungen.“

„Fehler immer wieder zu machen, ist nicht intelligent“

Dankbarkeit empfindet Rudolf Decker, laut eigenen Angaben, überhaupt allen gegenüber, die ihn in seinem Leben begleitet haben. „Wenn man jung ist, misst man dem keine große Bedeutung zu. Je älter man aber wird, umso mehr entwickelt man eine gewisse Demut dafür. Ich will jetzt auch gar nicht pathetisch werden, aber als Mensch muss man reflektieren können. Der Umgang mit Menschen, die nicht nachdenken können, ist für mich persönlich schwer. Ich bin der Meinung, dass man aus Fehlern lernen kann, wenn man dazu bereit ist. Fehler immer wieder zu machen, ist alles andere als intelligent. Wissen Sie, ich bin Realist und konnte mir trotzdem die Liebe zu den Menschen lebendig halten. Mir ist es immer fern gelegen, zu belehren. Dazu fühle ich mich nicht befugt. Es tut mir aber leid und macht mich auch ein Stück zornig, wenn ich feststellen muss, dass Leute permanent die Schuld beim Anderen suchen und nicht bereit sind, ein wenig in sich zu gehen, um Veränderungen möglich zu machen.“

Der Krieg in der Ukraine ist für Rudolf Decker ein gutes Beispiel dafür. Seiner Meinung nach hätte man diese entsetzliche Auseinandersetzung mit gutem Willen verhindern können. „Das hat mich sehr deprimiert. Denn in einem Krieg gibt es keine Gewinner, nur Verlierer – das sollten wir allmählich gelernt haben.“

Bleibt abschließend die Frage, wie Rudolf Decker seinen Ruhestand weiter genießen wird. „Ich habe ein Haus mit Garten, da ist immer etwas zu tun. Darüber hinaus lese ich enorm viel. Politik und Geschichte sind meine Steckenpferde und meine Bibliothek ist dementsprechend groß. Manchmal denke ich mir, die Bücher leben mit mir und nicht umgekehrt. Bei mir gibt es kaum einen Platz, wo nicht auch ein Buch in der Nähe ist. Und darauf lege ich großen Wert: Ich lese die Bücher auch, sie sind nicht zur Dekoration gedacht!“ Und was wünscht sich der Neo-Pensionist? „Das einzige, was ich mir behalten möchte, ist Humor und der Glaube an die Menschheit.“