Bösendorfer: „Wichtig ist, wie der Nikolaus zu sein“

NÖN: Was macht den Nikolaus für so viele Menschen zu so einer wichtigen Person?
Pfarrer Peter Bösendorfer: Er ist jemand, der mit seinem Leben auf das Leben Jesu hinweist. Jemand, der versucht hat, im Sinne Jesu zu leben. Für mich ist sehr spannend, warum eine Heiligenfigur, ein Bischof, der so weit weg von uns gelebt hat, so große Aufmerksamkeit bekommt. Schon im Mittelalter sind seine Gebeine nach Italien gebracht worden, viele Adelshäuser hatten den Nikolaus als Patron. Er war auch Patron der Schiffer. Und in der Adventzeit hat er eine große Bedeutung bekommen.
Wie haben sich der Nikolaus und das Feiern des Heiligen bis heute gewandelt?
Bösendorfer: Ich kann mich noch gut an meine Kindheit erinnern. Da hat man vielleicht einen Schuh vor die Tür gestellt, und am nächsten Tag waren ein paar Kleinigkeiten drinnen. Aber öffentliche Auftritte oder Nikolausbesuche gab es nicht. Mir fällt auch auf, dass die Geschenke an Masse und an Wert massiv mehr geworden sind. Heute kriegen manche Kinder zum Nikolaus ja schon viel mehr, als man früher zu Weihnachten bekommen hat.
Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Bösendorfer: Die Gefahr besteht schon, dass das, was den Nikolaus ursprünglich ausgemacht hat, dadurch in den Hintergrund rückt. Er war immer jemand, der geteilt hat. Etwa durch das Kornwunder oder als er den verarmten Mädchen geholfen hat. Letztlich war es für ihn wichtiger, zu geben.
Heuer steht das Jahr ganz unter dem Eindruck der Coronavirus-Pandemie. Und damit natürlich auch die Nikolaustradition, die oft anders als gewohnt aussieht. Wie sehen Sie die Rolle des Nikolaus gerade in der jetzigen Krisenzeit?
Bösendorfer: Der große Wert des Teilens ist heuer vielleicht noch wichtiger. Da geht es vor allem weniger um materielle Dinge, sondern vor allem um Zeit. Zeit für die Mitmenschen und Zeit für die Kinder, das erscheint mir gerade in der aktuellen Zeit besonders wichtig.
Wie sieht die Nikolaus-Tradition heuer in Ihrer Pfarre, der Pfarre St. Stephan in Amstetten, aus?
Bösendorfer: Wir werden heuer keine Hausbesuche machen. Erstens wäre das jetzt zu kurzfristig zu organisieren und zweitens wollen wir nicht, dass der Nikolaus das Virus weiterträgt. Am Samstag, 5. Dezember, und am Sonntag, 6. Dezember, wird der Nikolaus aber von 15.30 Uhr bis 17.30 Uhr in der Kirche sein. Dann können ihn Kinder sehen und auch kleine Geschenke bekommen.
Sie waren oft auch selber als Nikolaus unterwegs, zum Beispiel im Kindergarten. Welche Reaktion erhält man da?
Bösendorfer: Als Nikolaus vor den Kindern zu stehen, ist immer eine schöne Sache. Mir geht es dabei auch darum, nicht nur Geschenke zu verteilen, sondern auch die Botschaft zu verbreiten: Wichtig ist, dass wir auch sind wie der Nikolaus. Die Reaktionen sind immer sehr schön. Staunende Augen, aber auch viele lustige Aussagen. Ein Bub hat einmal zur Kindergärtnerin fix überzeugt und mit den Armen in der Hüfte gesagt: ‚Das ist nicht der Nikolaus. Das ist der Herr Pfarrer. Nur, damit du es weißt‘. Da musste ich durch den Bart hellauf lachen.
Wie haben Sie dann reagiert?
Bösendorfer: Das macht überhaupt nichts, wenn man erkannt wird. Man schlüpft ja in eine Rolle und kann das den Kindern auch erklären. Manche Kindergärtnerinnen wollen mittlerweile, dass man sich vor den Kindern das Nikolaus-Kostüm anzieht. Das ist dann für die Kinder völlig klar, wer dahintersteckt. Die Faszination vom Nikolaus ist nach dieser „Verwandlung“ deutlich spürbar. Übrigens: Bei uns in der Pfarre kann man sich auch Kostüme ausleihen, wenn jemand als Vater selbst als Nikolaus zuhause auftreten möchte.
Immer wieder gibt es auch Diskussionen über den Krampus und seine Rolle, auch als Schreck für die Kinder. Für die einen fixer Begleiter, für die anderen bräuchte es ihn nicht: Wie sehen Sie seine Rolle?
Bösendorfer: Es ist spannend, wie sich das entwickelt hat und oft zu einer Tradition geworden ist. Entscheidend ist, wie man die Rolle umsetzt. Bei Kindern braucht es ihn nicht und wenn wir von der Pfarre gehen, ist auch keiner dabei. Man muss die Kinder nicht zusätzlich aufregen. Schon gar nicht soll er als Drohmittel als Erziehungshilfe eingesetzt werden.