Pater Peter Bösendorfer: „Ein Fingerzeig Gottes“

Erstellt am 25. Juni 2021 | 07:59
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Peter Bösendorfer
Pfarrer Peter Bösendorfer freut sich schon darauf, ab Juli wieder viele Menschen zu den Gottesdiensten begrüßen zu dürfen.
Foto: Doris Schleifer-Höderl
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Corona ist auch Herausforderung für gläubige Menschen. Für Pfarrer Peter Bösendorfer tut Änderung not.

15 Monate dauert die Corona-Krise nun schon. Mehrere Lockdowns mit pandemiebedingten Einschränkungen haben das Leben geprägt. Bereits im Juni des vergangenen Jahres hat eine Studie der Uni Wien ergeben, dass religiöse Menschen besser mit dieser Herausforderung umgehen können und zufriedener sind. Kann Pfarrer Peter Bösendorfer von der Stadtpfarre St. Stephan dies bestätigen?

Meinungen in Pfarre unterschiedlich

„Die Tendenz stimmt. Dennoch hängt es sehr von der eigenen Persönlichkeit ab, wie die Krise aufgenommen wurde. Wenn ich an die aktiven Leute in der Pfarre und an die Kirchengänger denke, dann spiegelt sich hier auch die Gesellschaft gut wider. Die einen haben es locker genommen und gemeint, ihr Leben liegt ohnehin in Gottes Hand, wie es kommt, so kommt es, und haben sich mit dem Virus quasi arrangiert. Die anderen hingegen haben sich sehr eingeschränkt gefühlt und wollten, dass sich die Kirche mehr einsetzt und gegen Beschränkungen auftreten soll“, berichtet der Pfarrer, dem es von Anbeginn der Pandemie wichtig war, mit seinen Gemeindemitgliedern in Kontakt zu bleiben.

„Ich habe im ersten Lockdown täglich an die fünf bis sechs Anrufe gemacht, wo jeder einzelne immer mehr als eine halbe Stunde dauerte“ Peter Bösendorfer

Da habe er eindeutig gemerkt, wie wichtig es den Menschen gewesen sei, mit jemanden reden zu können und sich mitzuteilen. Bei vielen Gesprächen sei es um existenzielle Fragen gegangen und wie die Menschen den neuen Alltag meistern sollen."

Bösendorfer: Menschen wissen, dass Gott nicht an Pandemie schuld ist

Die Frage, wie Gott so etwas zulassen kann, wurde ihm allerdings kaum gestellt, sagt Bösendorfer. „Den meisten Leuten war bewusst, dass die Pandemie „menschengemacht“ ist. Schauen wir doch nur, wie wir mit unserer Umwelt umgehen. Da braucht es nicht Gott dazu. Hingegen glaube ich schon, dass die Krise ein Fingerzeig von ihm ist.

Seit Ende des Zweiten Weltkrieges ging es gesellschaftlich und wirtschaftlich steil nach oben. Die Versuchung war groß, das Wesentliche wie Respekt, Wertschätzung, Toleranz und ein Miteinander nicht mehr genau zu nehmen. Ich denke, die Pandemie hat uns da wieder auf den Boden der Realität geführt. Vor allem auch im Hinblick darauf, dass uns klar wird, dass wir endlich sind. Damit wollen manche nicht konfrontiert werden.“

Der Pfarrer geht davon aus, dass viele Leute nach der Krise genauso weiterleben werden wie davor. „Man bemerkt schon jetzt wieder leichte Tendenzen dahin. Aber es gibt auch Mitmenschen, die erkannt haben, dass es nicht viel bringen wird, dort wieder anzusetzen, wo wir vor Corona gestanden sind. Im Mittelpunkt müssen die Gemeinschaft und das Wohl aller stehen. Missgunst, Neid, Gier und Spaß um jeden Preis, auch wenn es dem Gegenüber schadet, abzulegen, wird eine enorme Herausforderung werden. Im Grunde ist da jeder und jede von uns gefordert.“

Weniger Bürokratismus wäre wünschenswert

Nach Gottesdienstübertragungen auf YouTube und einer eingeschränkten Zahl an Gottesdienstteilnehmern wird es ab Juli auch in der Pfarre St. Stephan wieder „Normalbetrieb“ geben. Für die „neue Normalität“ wünscht sich Peter Bösendorfer jedoch weniger Bürokratismus und mehr Zeit für die Seelsorge.

„Mein Team und ich gehen in der Administration unter! Ich hoffe, dass man da von der Amtskirche her aus den Erfahrungen mit der Pandemie gelernt hat. Wenn wir mehr Zeit dafür haben, mit den Menschen reden zu können, dann dienen wir der Sache Gottes mehr als hinterm Schreibtisch.“
Und auf was freut sich der Pfarrer nach den weiteren Lockerungen im Sommer am meisten? „Wieder ein volles Gotteshaus zu haben und mit allen feiern zu können!“

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