Wirtin Melitta Ott ist 60: „Is des Leben net schen?“

Erstellt am 20. September 2020 | 05:49
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melitta ott
Melitta Ott aus Seitenstetten begleitete als Leutbitterin im September 2012 die 1.000ste Hochzeit.
Foto: Gleiss
Die Mostviertlerwirtin Melitta Ott imponiert mit ihrer positiven Ausstrahlung, Bodenständigkeit und Gastfreundschaft.
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Die Kanserbauern-Tochter ist im elterlichen Gastronomiebetrieb Wieser wohlbehütet herangewachsen. Ein Jahr auf Saison in Zell/See, danach noch ein dreiviertel Jahr in einem deutschen Kurort, um die Ausbildung abzurunden – aber es zweifelte ohnehin niemand daran, dass Melitta zur Wirtin geboren war.

Und da war auch noch ein gewisser Hubert Ott, der ihr schon als 13-jähriger Galan die Schultasche trug. Später hat er ihr beim Fensterln Rosen zugesteckt – allesamt aus dem Hauptschulgarten, der am Weg zu seinem begehrten Dirndl lag. Im Juni 1981 haben sie dann ihren Bund endgültig besiegelt: Melitta wurde Huberts Angetraute und somit Wirtin beim Mostviertlerwirt.

Hochzeiten haben es ihr ja auch später immer angetan, hat sie doch als Leutbitterin bei über 1.000 Hochzeitspaaren am schönsten Tag ihres Lebens ab dem Jahr 1993 anstatt ihres an den Rollstuhl gebundenen Ehemanns Regie geführt. „Das Herz führt immer mit. Ich möchte dabei nie aufdringlich wirken. Es muss alles sehr persönlich, aber mit Feingefühl ablaufen, damit sich die Paare gerne zurückerinnern“, sagt die rührige Zeremonienmeisterin.

Oftmals galt es gar zwei oder drei Hochzeiten parallel abzuwickeln, aber der Bezirkssprecherin der Wirte – zuletzt erst von der Wirtschaftskammer mit der silbernen Ehrenmedaille ausgezeichnet – ist ohnehin immer wichtig, auch genügend Personal aufbieten zu können.

Die Idee eines Hochzeitsballs – er findet im Zweijahresrhythmus statt – entsprang natürlich auch der ‚Ideenwerkstatt‘ Melittas: „Es gilt für die Paare, Erinnerungen wachzuhalten, das stärkt sie auch für den Alltag!“, ist sich das Organisationstalent sicher, dem bei der Abwicklung dieses Festes Andrea Pichler zur Seite steht. „Ab Weihnachten trudeln die Anmeldungen ein, wir müssen Paare manchmal sogar auf spätere Jahre vertrösten“, erzählt die umtriebige Melitta.

Bis zu 1.000 Gäste im Meierhof versorgt

Ab 1996 stellte zudem der Meierhof des Stiftes eine große Herausforderung dar: „Für den 1. Maturaball in den dortigen Räumlichkeiten haben wir Mobiliar vom Gasthaus hinaufgeschleppt“, weiß die fleißige Wirtin zu erzählen, die dort bis zum Jahr 2011 mitunter 1.000 Gäste gastronomisch zu versorgen hatte. Ideenreichtum beweist sie immer von Neuem in der Küche, wo sie mit Schmankerln unter Verwendung regionaler Produkte wie Erdäpfel oder Most, aber auch gängiger Hausmannskost ihre Gäste verwöhnen möchte. Melitta ist der ‚Wirbelwind‘ im Betrieb, führt vor allem auch in der Küche Regie und beschäftigt stets sechs bis neun Lehrlinge. Ihr Gatte Hubert hingegen ist der aufmerksame Zuhörer, der niemanden übersieht und für jedermann ein freundliches Wort parat hat – insofern ergänzen sich die beiden Wirtsleut‘ optimal.

Melitta ist jeder Gast gleich viel wert, hat aber auch schon viel Prominenz bewirtet: Mit Rudolf Kirchschläger hat es 1981 begonnen: Alle Bundespräsidenten seither waren bei ihr zu Gast. Für ein besonders wichtiges Telefonat durfte Kurt Waldheim sogar die Privaträume des Wirteehepaares benutzen: „Er ist über eine Türschwelle gestolpert, weil er den Lichtschalter nicht finden konnte“, erinnert sich Melitta und könnte noch viele weitere ‚Anekdoten‘ erzählen.

Kraft schöpft sie aus der Familie und einer sehr bewussten Lebensführung. Wichtig erscheinen ihr auch das rechte Gemüt und vor allem ehrliches Gottvertrauen; eine Mariazellwallfahrt als Dank für die Geburt zweier gesunder Enkelkinder ist für sie und ihren Gatten selbstverständlich.

Gerne hört sie auch Musik, am liebsten Pavarotti oder Nana Mouskouri, ein Ritual ist auch der allmorgendliche Gesang des Liedes „Von der Nachtigall“. Melitta Ott – eine überaus erfolgreiche 60erin, die stets am Boden geblieben ist und deren überzeugendes Lebensmotto lautet: „Is des Leb’n net schen?“

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