Zu wenig Ware für die vielen Kunden

Erstellt am 23. Februar 2023 | 03:59
Lesezeit: 4 Min
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Marktleiterin Yurdagül Sahin (l.) und Claudia Grurl-Sauer (ehrenamtliche Mitarbeiterin) hoffen auf mehr Sachspenden. „Die Kundenfrequenz ist im letzten Jahr enorm gestiegen, daher brauchen wir auch mehr Ware.“
Foto: Schleifer-Höderl
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Immer mehr Menschen frequentieren inflationsbedingt den soogut-Sozialmarkt Amstetten. Waren es 2021 „nur“ 5.700 Personen, so versorgte man im Vorjahr bereits 6.860 Menschen.

Lokalaugenschein im soogut-Sozialmarkt: Mittwoch, kurz nach 10 Uhr. Nur wenige Minuten nach Öffnung gibt es kaum ein Durchkommen in den Gängen. Längst sind es nicht nur Alleinerziehende, Seniorinnen und Senioren, die regelmäßig in die Wagmeisterstraße 7 kommen, um einzukaufen.

„Schutzsuchende, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, aber auch Personen, die sich inflationsbedingt das tägliche Leben nicht mehr leisten können, obwohl sie einer geregelten Arbeit nachgehen, gehören nun auch zu unseren Kunden“, berichtet Marktleiterin Yurdagül Sahin. „Wir können gar nicht so schnell nachschlichten, wie die Produkte in die Einkaufswägen wandern.“ Ab und an passiert es, dass gar keine zusätzliche Ware mehr da ist.

Im vergangenen Jahr wurden im soogut-SMarkt Amstetten 27.375 Einkäufe getätigt – um rund 1.375 mehr als 2021. Die Zahl jener, die sich im Markt mit dem Lebensnotwendigsten versorgen, ist von 5.700 Personen auf 6.860 gestiegen.

Auch das Kaufverhalten hat sich verändert: Die Teuerungswelle hat dazu geführt, dass die Menschen weniger einkaufen und genau überlegen, was sie benötigen. „Früher haben Kundinnen und Kunden auch hie und da bei den Süßigkeiten zugegriffen, aber das gibt es jetzt fast gar nicht mehr“ sagt die Marktleiterin.

Auch für eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, die an diesem Mittwoch ihre Einkäufe tätigt und namentlich nicht genannt werden möchte, sind Süßigkeiten ein Luxus. „Bis Mitte des Monats geht es sich so einigermaßen aus, aber danach habe ich oft nur noch zehn Euro für den Rest des Monats über. Das ist hart!“, sagt sie.

Eine andere Kundin, Ende vierzig, erzählt, dass sie in eine Wohngemeinschaft gezogen sei, weil sie sich die Miete in ihrer Wohnung nicht mehr leisten konnte. Sie gehört auch seit einem halben Jahr zu den soogut-Kunden. „Ich bin froh, hier einkaufen zu können, denn ansonsten wüsste ich nicht, wo ich Geld fürs Essen hernehmen sollte.“ Eine Seniorin, die das gehört hat, nickt zustimmend. „Wissen Sie, wie entwürdigend es ist, wenn man sich überlegen muss, ob man sich Essen kauft oder die Gasrechnung zahlt?“, sagt sie dann.

Weniger Obst, Gemüse und Molkereiprodukte

Marktleiterin Yurdagül Sahin und ihr Freiwilligen-Team wissen, wie schwierig die Situation ihrer Klientel ist. „Wir sind bemüht, ausreichend Ware anzubieten, aber wir sind davon abhängig, was uns zur Verfügung gestellt wird. Besonders bei Obst, Gemüse und Molkereiprodukten spüren wir einen Rückgang. Wir würden uns freuen, wenn wir in diesen Bereichen mehr und regelmäßige Warenspenden erhalten könnten. Ähnlich ist es bei Nudeln, Reis, Öl sowie Hygiene- und Kosmetikprodukten.“

Um an mehr Waren zu kommen, versucht Yurdagül Sahin, nun, auch Schulen, Pfarren sowie Firmen zu motivieren, im Kollektiv Produkte zu spenden. „Wir stehen auch jeden ersten Freitag im Monat bei Billa plus in der Josef-Seidl- Straße 11 und jeden ersten Samstag im Monat bei Billa plus in der Otto-Schrott-Straße 2, um Warenspenden entgegenzunehmen. Das hilft uns.“

Sorgen bereitet der Marktleiterin, dass der Abholtransporter, der mit einer Kühlung ausgestattet ist, schon sehr viele Kilometer am Tacho hat. „Ich weiß nicht, wie lange er noch einsatzfähig ist. Wenn er den Geist aufgibt, können wir nicht einmal mehr die Waren abholen und was machen wir dann? Kann uns da jemand weiterhelfen?“, appelliert sie an die Hilfsbereitschaft von Firmen oder Institutionen.

Mittlerweile ist an diesem Mittwoch der erste Kundenansturm vorbei, aber die Regale auch nur noch zu einem Drittel gefüllt. Nachschub aus dem Lager rollt an, wird jedoch vermutlich nicht für alle reichen, die an diesem Mittwoch noch im soogut-Markt einkaufen wollen. Yurdagül Sahin hofft, dass am Donnerstag mehr Ware zur Verfügung steht…

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