Amstettner Stadt-Ärzte: Kein Dienst am Wochenende

Die stets zunehmende Überbelastung der Ärzteschaft hat das Fass zum Überlaufen gebracht: In einer Sitzung Ende Juni haben sich die sechs Ärzte der Stadt Amstetten einstimmig dafür ausgesprochen, ab Anfang Juli keine Wochenend-Bereitschaftsdienste mehr zu besetzen. Ein Spruch des Verwaltungsgerichtshof aus dem März macht diese Maßnahme möglich. Die Höchstrichter stellten fest, dass Wochenenddienste für die Allgemeinmediziner nicht als verpflichtend, sondern als freiwillig gelten.
Gerhard Walter: „Das Fass ist übergelaufen“
„Der Hauptgrund dafür, dass sich die sechs Allgemeinmediziner in Amstetten für diesen Schritt ausgesprochen haben, ist die Überbelastung unter der Woche. Die kommt dadurch zustande, dass auch Nachbarsprengel lange Zeit teilweise nicht besetzt sind oder waren. Dazu wächst der Mehraufwand, der anfällt. Etwa durch Elga (elektronische Gesundheitsakte) oder e-Medikation und die Zunahme an Verwaltungstätigkeiten. Das Fass ist übergelaufen“, erklärt Allgemeinmediziner Gerhard Walter. Oft müsse man täglich alleine 150 Patienten betreuen. Weiters seien an Wochenenden, an denen die Stadt Amstetten besetzt war, vermehrt Patienten aus anderen Sprengeln in die Amstettner Praxis gekommen. Diese seien natürlich mitversorgt worden, was aber eine weitere Mehrarbeit und noch höhere Belastung bedeutet habe.
All diese Faktoren führten schließlich zum Ende der Wochenende-Bereitschaftsdienste der Stadt-Ärzte. Man will auf die äußerst schwierige Situation hinweisen und hofft auf Antworten der Politik. Die Allgemeinmedizin müsse attraktiviert werden, um so für mehr Ärzte-Nachwuchs zu sorgen. „Ich befürchte aber, dass sich das Problem noch verschlimmern wird. Jungmediziner werden auch in den nächsten Jahren nicht in diese Stellen drängen, sollte sich nichts Gravierendes ändern“, führt Walter aus.
Für die Patienten sei das natürlich nicht die ideale Variante, wenn man am Wochenende auf andere Sprengel oder in das Krankenhaus ausweichen muss. Wobei bereits in der Vergangenheit Patienten oftmals die Spitalsambulanz aufgesucht haben, obwohl Dienste besetzt waren. Es werde im September wieder ein Treffen der Stadt-Ärzte geben. Da wird auch diskutiert, ob man die Bereitschaftsdienste im nächsten Quartal wieder besetzt. „Das ist prinzipiell denkbar. Wir hoffen auf eine Reaktion der Politik“, führt Walter aus.
Zwischenlösung mit Ärzten aus der Region
Bis dahin konnte in der Vorwoche allerdings eine Zwischenlösung geschaffen werden. Allgemeinmedizinerin Martina Heschl aus Oed-Oehling hat sich mit ihren Kollegen um eine Vertretungslösung bemüht. Erfolgreich, denn seit dem vergangenen Wochenende springen Ärzte aus der Umgebung ein. Zumindest zu jenen Zeiten, an denen sie für ihren Sprengel Wochenenddienst versehen, werden auch Patienten aus der Stadt Amstetten übernommen.
„Es haben sich erfreulicherweise viele bereit erklärt, die Patienten mitzuversorgen. Ich bin froh, dass die Kollegen hier einspringen. Und das, obwohl wir etwa in unserer Praxis auch schon viel Arbeit mit täglich mehr als 200 Patienten zu bewältigen haben. Wichtig ist zu betonen, dass das eine freiwillige Bereitschaft ist“, erklärt Martina Heschl. Sie äußerte zudem absolutes Verständnis für den Frust der Kollegen, der sich in den vergangenen Jahren durch erhöhten Verwaltungsaufwand und steigende Anforderungen aufgestaut habe.
Sie fordert, wie auch Gerhard Walter und Rudolf Heschl, rasch eine Reaktion der politischen Vertreter. „Wenn wir uns nicht für dieses Pilotprojekt engagiert hätten, müssten die Amstettner ins Spital gehen. Die hohe Qualität der Versorgung ist aber vor allem durch die Allgemeinmedizin gegeben.“
Rudolf Heschl bezeichnet die Landarztgarantie des Landes Niederösterreich als „Griff ins Leere. Die einzigen, die eine Garantie abgeben können, sind die Allgemeinmediziner. Die wurden in den vergangenen Jahren aber sträflich vernachlässigt. Leider ist in den letzten Jahren alles in die Ressource Bauen und nicht in die Ressource Mensch geflossen. Zur immer wieder versprochenen Stärkung der Allgemeinmedizin ist es nie gekommen.“