Komponist Richard Dünser hat in Baden Schuberts Unvollendete vollendet

„Das ist eine ganz tolle Sache“, schwärmt Sinfonietta-Gründer Thomas Rösner, der heute die Beethoven Philharmonie leitet. Kommende Woche, am Dienstag, wird Rösner die unvollendete Sinfonie in E-Dur von Franz Schubert (1797 bis 1828), die Richard Dünser vollendet hat, im Festsaal des Casinos dirigieren – als österreichische Erstaufführung.
Sie zählt zu seinen bedeutendsten musikalischen Einfällen und die Beethoven Philharmonie wird das Werk spielen. Sich an den großen Sinfonienschreiber heranzuwagen, bedarf natürlich selbst großen Könnens und Gespürs, bleibt aber trotzdem eine Herausforderung. Und die hat der erfahrene Komponist Richard Dünser (63) angenommen.
Ein Guss aus fertigen und nicht fertigen Sätzen
Vier Jahre lang hat er daran intensiv gearbeitet, hat aus einem fertigen ersten Satz und drei nicht fertigen Sätzen einen Guss geschaffen. Der profunde Schubert-Kenner befasst sich seit mehreren Jahrzehnten mit Schuberts Werk und hat aus vorhandenen Skizzen und Fragmenten das Werk vollendet. Er musste sich in die Zeit und Kompositionsart und -weise Schuberts versetzen. Musste seine Noten innerlich verstofflichen, um sie dann wieder zu Papier zu bringen. Dünser hat Erfahrung, hat er doch schon vor fast 30 Jahren einen Schubert zu Ende gebracht, die Fragmente der Oper „Der Graf von Gleichen“ hat er kompositorisch vervollständigt.
„Der Graf von Gleichen“ wurde bei „styriate“ uraufgeführt
Internationale Beachtung erlangte er damit im Rahmen des Festivals „styriarte“ in Graz, wo die Oper konzertant uraufgeführt wurde. 2003 war sie dann zu Ostern im Festspielhaus Bregenz in einer Neufassung zu hören. „Dünser ist ein ganz großer Schubert Kenner, er ist ein Berufener“, rühmt Rösner, der Dünser schon lange kennt.
Das Besondere an diesem Konzert ist, dass endlich etwas hörbar wird, was es eigentlich in seiner Grundstruktur schon seit Jahrhunderten gibt, aber eben nicht: „Es ist wie ein Bild, das man im Stil eines großen Meisters fertig gemalt halt“, so vergleicht Rösner den Vorgang, ein Musikwerk eines großen Meisters zu vollenden. „Schubert hat viele Stücke angefangen und wieder abgebrochen, dass das eine Sensation ist“, aber das Komponieren hat sich über die Jahrhunderte nicht so verändert, als dass man nicht in dem Stile der Zeit Musik fortschreiben könne. Ölfarbe ist auch Ölfarbe geblieben.
Sinfonie im Geiste Schuberts fortgeschrieben
Dünser hat Schuberts Sinfonie in vier Sätzen in seinem Geiste fortgeschrieben und in eine Konzertfassung gebracht. Diese wird nun das erste Mal in einem großen Konzertsaal in Österreich aufgeführt. Und wie fühlt es sich an, so ein vollendetes Werk zu dirigieren? Merkt man, welche Noten von Dünser sind und welche von Schubert? „Ja, merkt man“, sagt Rösner. Vor dem Konzert gibt es eine Werkeinführung mit Dünser, wo er über die Charakteristika dieser Sinfonie und seine Arbeit mit den Skizzen erzählt.
Weiteres am Programm: Schumann-Violinkonzert mit dem Solisten Benjamin Schmid und Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 von Ludwig van Beethoven.