Bezirk Baden: ÖVP pragmatisch, Opposition kritisch

SPÖ-Nationalratsabgeordneter und Bezirksparteiobmann Andreas Kollross übt harsche Kritik an der neuen Landesregierung: „Die ÖVP hat Ausschau nach einem billigen Jakob gehalten und in der FPÖ einen gefunden. Anstatt konkrete Verbesserungen für viele Niederösterreicher anzupacken, was beim 5-Punkte-Programm der SPÖ der Fall gewesen wäre, ging es um Machterhalt für die ÖVP und um Machtgewinn für die ÖVP. Sie hätten mit ihrer Koalition bewiesen, dass das, was sie vor der Wahl gesagt haben, nichts damit zu tun habe, was nach der Wahl gemacht wurde. „Es ist eine Koalition der Münchhausens“, sagt Trumaus Bürgermeister Kollross.
„ÖVP hat sich keinen Millimeter bewegt“
SPÖ-Landtagsabgeordnete Karin Scheele und Spitzenkandidatin der SPÖ im Bezirk für die Landtagswahl ist mit Kollross d’accord: „Die ÖVP hat sich in den Arbeitsgesprächen mit der SPÖ keinen Millimeter bewegt und augenscheinlich den Plan verfolgt, die Gespräche über eine mögliche Übereinkunft platzen zu lassen.“
Dass es im Hintergrund bereits lange Verhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ gegeben habe, hätten nicht zuletzt kursierende Medienberichte bezeugt. „Für Niederösterreich bedeutet dieser Kickl-Mikl-Pakt nichts anderes, als eine Politik der sozialen Kälte, die unehrlich, unglaubwürdig und unsozial ist!“, ist Scheele überzeugt. Berndorfs Bürgermeister Franz Rumpler (ÖVP) hingegen gibt sich neutraler: „Da kommt es auf die Vernunft der handelnden Personen an, die die Interessen des Landes vertreten sollen. Persönliche Befindlichkeiten müssen hintanstellen. Bei uns in Berndorf klappt die Zusammenarbeit mit der FPÖ als einer der Koalitionspartner sehr gut“, berichtet er.
Landtagsabgeordneter Christoph Kainz, ÖVP, verweist darauf, was für Fortschritte das Bundesland NÖ in der Vergangenheit gemacht hat. Aus dem „Agrarland am Eisernen Vorhang“ sei heute ein modernes „Sportland, Familienland und Tourismusland sowie ein attraktiver Wirtschaftsstandort geworden“. Die ÖVP habe bewusst Verhandlungen mit dem Drittplatzierten, der SPÖ begonnen. Doch bei dem 5-Punkte-Programm habe die ÖVP nicht überall mitgehen können. „Die Aussage, da hacke ich mir lieber die Hand ab, hat die Gespräche aber beendet“, deutet Kainz in Richtung Hergovich.
Arbeitsübereinkommen sei keine Liebesbeziehung
Politik sei eben kein Wunschkonzert. Die Frage danach, ob er die Zusammenarbeit mit der ÖVP sympathisch finde, stelle sich für ihn nicht. „Ein Arbeitsübereinkommen ist keine Liebesbeziehung. Für mich ist etwas sympathisch, wenn man den Bürgern hilft und das Land in den Mittelpunkt stellt.“
Laut der Grünen Landessprecherin und Vizebürgermeisterin Badens, Helga Krismer, sei die Freude in Niederösterreich über den Verlust der ÖVP-Alleinregierung außerhalb der ÖVP anfangs groß gewesen: „Es war die Hoffnung, dass Niederösterreich wieder in die Vorwärtsbewegung kommt und Zukunft gestaltet. Ein Pakt zwischen ÖVP und FPÖ katapultiert das Land in die Vergangenheit.“
Neos-Landtagsabgeordneter und Badener Gemeinderat Helmut Hofer-Gruber schließt sich dieser Kritik an: „Ibiza lässt grüßen, jetzt halt in Niederösterreich. Dass ÖVP und FPÖ bei den Themen Bildung, Transparenz und Klimawandel in dieser Legislaturperiode wirklich etwas weiterbringen werden, ist nicht zu erwarten. Umso wichtiger wird unsere Rolle als Opposition sein, bei diesen Themen nicht locker zu lassen.“
Der Bad Vöslauer FPÖ-Gemeinderat Peter Gerstner, der künftig als neuer Landtagsabgeordneter angelobt wird, gibt sich auf NÖN-Anfrage bedeckt. Er wolle sich zur Zusammenarbeit zwischen ÖVP und seiner Partei auf Landesebene noch nicht äußern und warte das Wahlergebnis im Landtag ab.