Ausbau der Betreuung: Mit Zwei in den Kindergarten

Erstellt am 04. Oktober 2022 | 20:00
Lesezeit: 4 Min
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Die „Stadtmäuse“ in Bruck betreuen jetzt schon Kinder ab einem Jahr. Ob sie künftig auch in die Förderschiene fallen, wissen sie noch nicht.
Foto: Susanne Müller
Schon Zweijährige sollen künftig fix einen Platz im Bezirk Bruck bekommen. Details über die konkrete Umsetzung sind noch nicht bekannt.
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Die Senkung des Kindergarten-Alters auf zwei Jahre, flächendeckende Nachmittagsbetreuung und ein kostenloses Vormittagsbetreuungsangebot schon für Null- bis Zweijährige: Das sind die wesentlichen Punkte der Kinderbetreuungsreform, die im November beschlossen und bis 2027 in Niederösterreich umgesetzt werden soll.

Auf die Gemeinden kommt dadurch eine Menge Arbeit zu: Bildungs-Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) rechnet damit, dass für die Erweiterung des Angebots niederösterreichweit 850 neue Gruppen in Kindergärten und Krippen benötigt werden.

Ab September 2024 dürfen Kinder ab zwei Jahren den Kindergarten besuchen. Schon ein Jahr früher wird es eine kostenlose Vormittagsbetreuung für alle unter Sechsjährigen geben. Ebenfalls ab 2023 werden die Schließzeiten im Sommer auf eine Woche verkürzt. Die Nachmittagsbetreuung wird kostenpflichtig bleiben, soll sich aber auf maximal 180 Euro einpendeln.

Laut NÖN-Anfrage soll die Landesförderung auch für private Einrichtungen gelten, sofern sie sich an die Vorgaben halten – sprich, den Vormittag kostenlos und den Nachmittag mit gedeckeltem Preis anzubieten. Ziel sei es, alle Arten von Einrichtungen auszubauen, also neben den Kindergärten auch Krippen und Horte.

Konkrete Informationen dazu hat man in den Gemeinden noch nicht. Jedenfalls würde es im Bezirk einen entscheidenden Unterschied machen. Schließlich gibt es in den 30 Gemeinden des Bezirks bereits 22 Kleinkind-Betreuungseinrichtungen. Über eine solche verfügt etwa die Bezirkshauptstadt Bruck mit den „Stadtmäusen“.

Die Tarife setzt hier die Gemeinde fest, die pädagogische Betreuung übernimmt das Team der „Guglbären“ von Beatrix Prinz, die neben zwei privaten Einrichtungen in Höflein und Eckartsau auch die „Stadtmäuse“ in Bruck und die „Dorfdinos“ in Stixneusiedl führt, wo jeweils die Gemeinde der Träger ist.

Auch sie sagt, dass derzeit noch konkrete Informationen fehlen, um die Auswirkungen vorhersehen zu können. „Die Frage ist auch, wie viele Kindergärten schaffen es überhaupt, die zusätzlichen Kinder aufzunehmen?“, so Prinz.

Sie sieht vor allem die häufigen Wechsel für die Kinder skeptisch: „Das ist für die Kinder ein Wahnsinn. Zuerst kommen sie zu uns, dann in die Kleinkindergruppe im Kindergarten und dann in die normale Kindergartengruppe“, so Prinz. Wenn die Förderung auch für Krippen wie die „Stadtmäuse“ gelte, sei das aus ihrer Sicht die bessere Lösung. „Allerdings wird es bei uns dann auch eng“, so Prinz.

Dass man noch nicht viel Konkretes weiß, das bestätigt auch Brucks Bürgermeister Gerhard Weil (SPÖ) im NÖN-Gespräch. "Wir wissen bisher alles nur aus den Medien." Und was er bisher gehört hat, gefällt ihm nicht besonders. "Ich halte es nicht für nötig, dass die Kinderzahl in den Gruppen reduziert wird, ich hätte mir eher mehr Förderung für mehr Personal gewünscht", spricht Weil etwa das Problem an, dass immer weniger Stunden für Sonder-Kindergartenpädagoginnen gefördert werden. "Dabei wären die so wichtig für die Integrationskinder", so Weil. Zwischen dem Burgenland und Wien plädiert Weil außerdem nach wie vor dafür, dass auch in Niederösterreich der Kindergarten an den Nachmittagen gratis sein sollte. "Ich würde das Einstiegsalter bei zweieinhalb Jahren lassen, dafür aber mehr Personal beschäftigen und den Nachmittag kostenlos anbieten", meint Weil. Der jetzige Vorstoß sei hingegen nur ein "Wahlgag auf dem Rücken der Eltern und Kinder", kritisiert Weil. 

Kritik an kurzer Vorlaufzeit

Viele Bürgermeister sehen die Pläne zwar grundsätzlich positiv, orten aber noch viele Baustellen. So meint etwa Bürgermeister Peter Wolf (SPÖ) aus Maria Lanzendorf: „Eine Verkleinerung von Kindergartengruppen und auch der Kindergarten für Zweijährige sind natürlich pädagogische Fortschritte, keine Frage. Was ich als Bürgermeister aber schlicht nicht machen oder umsetzen kann ist, innerhalb von zwei Jahren den bestehenden Kindergarten um mehrere Gruppen aufzustocken. Das ist nicht machbar.“

Wenn es dafür eine Vorlaufzeit von drei bis fünf Jahren und die entsprechenden Förderungen vom Land gibt, dann könne vielleicht etwas unternommen werden. „Das Land macht ein nettes Gesetz und die Gemeinden sollen es fressen und umsetzen“, ärgert sich Wolf. „Ich habe keine Ahnung, wie bei den Infrastrukturen in den Gemeinden praktisch aus dem Nichts Kindergartengruppen zugebaut werden sollen. Das braucht Platz, das braucht Geld und das braucht mehr Vorlaufzeit“, so der Ortschef.

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