Haftstrafe für geständiges Schlepper-Paar

Erstellt am 31. März 2021 | 05:52
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Gerichtshammer Gericht
Symbolbild
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Türke und Rumänin brachten 43 Migranten in Kühllaster bis Bruck. Erinnerungen an Parndorf-Tragödie 2015 wurden wach.

Ein wenig dicke Luft herrschte gleich zu Beginn der Schöffenverhandlung am Landesgericht Korneuburg, da das rege Medieninteresse mit dem Hinweis von Richterin Monika Zbiral auf ein Fotografieverbot gedämpft wurde. Luft, beziehungsweise das Fehlen derselben, war aber auch zentraler Bestandteil des Falls von Schlepperei. Ein 52-jähriger Türke soll am 9. September 2020 in einem präparierten Kühltransporter 43 Migranten von Rumänien über Ungarn nach Österreich geschleppt haben.

Unterstützt wurde er dabei von seiner 42-jährigen Freundin, die dem Laster vorausfuhr, um ihn vor etwaigen Polizeikontrollen zu warnen. Sowohl der Lkw-Fahrer als auch die Rumänin zeigten sich von Beginn an geständig. Der Verteidiger des 52-Jährigen, Sinan Dikme, hob bei seinem Eröffnungsplädoyer bereits die große Kooperationsbereitschaft seines Mandanten hervor.

Nach kurzem anfänglichen Leugnen bei seiner Verhaftung, nannte er schon bald darauf Hintermänner, die er sogar identifizieren konnte. Das ermöglichte die weitere Verfolgung dieser kriminellen Vereinigung. Dass das Paar zu den „kleinen Fischen“ gehört, war auch für Staatsanwalt Matthias Neunteufel zweifelsfrei so. Das Gericht beschäftigten vielmehr die Umstände dieser Schlepperfahrt, und was sie für die „Passagiere“ bedeutete. Sehr anschaulich verglich Richterin Zbiral: „Dieser Gerichtssaal hat etwa 70 m 2 , ist viereinhalb Meter hoch und es befinden sich 20 Personen darin. Jetzt stellen Sie sich den Raum halb so klein vor und verdoppeln die Anzahl der Personen.“

Dass es sich bei dem Fahrzeug um einen Kühllaster handelte, verschärfte die Situation für die Syrer und Iraker, da solche Transporter darauf ausgelegt sind, zur optimalen Kühlung möglichst wenig Luftaustausch zuzulassen. Das ließ bei einigen Beteiligten Erinnerungen an die Tragödie in Parndorf 2015 aufkommen, als 71 Migranten in einem Kühllaster starben.

Im Unterschied zu damals verfügte der Lkw über eine 34x75 Zentimeter kleine Luke, durch die die Flüchtlinge auch ins Fahrzeug gekrabbelt sind. Die Zustände, die vier der Geschleppten in ihren Aussagen schilderten, führten auch den Angeklagten vor Augen, dass sie nur knapp einer größeren Tragödie entgangen sind. Einigen sei ob der Luftverhältnisse schlecht geworden, einer gar für einige Zeit bewusstlos. Man habe ihn zu der Luke geschleift, damit er mehr Luft bekäme. Bei ihrem Aufgriff am 9. September in der Nähe der Autobahnausfahrt Bruck-West, bei dem sich der Fahrer den Beamten stellte, mussten einige von der Rettung betreut werden.

Zwar argumentierte Martin Mahrer, als Verteidiger der Rumänin, in seinem Schlussplädoyer, dass seine Mandantin alles nur aus Liebe zu dem Lkw-Fahrer gemacht habe und bat um ein mildes Urteil. Dem folgte der Schöffensenat jedoch nicht. Der 52-jährige Türke wurde zu drei Jahren Freiheitsstrafe, davon zwei Jahre bedingt, die Frau zu zwei Jahren und acht Monaten verurteilt, wobei auch bei ihr zwei Jahre bedingt nachgesehen werden. Die bedingten Strafen unterliegen einer dreijährigen Probezeit.