Zugreise in Corona-Quarantäne: 29-Jähriger verurteilt

Erstellt am 11. November 2020 | 14:48
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Foto: Onjira Leibe, Shutterstock.com
Ein 29-Jähriger ist am Mittwoch bei einem Prozess in Salzburg wegen vorsätzlicher Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon ein Monat unbedingt, nicht rechtskräftig verurteilt worden.
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Der Afghane reiste am 13. Oktober trotz eines positiven Covid-19-Testes und eines Absonderungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha per Zug über Salzburg nach Deutschland.

Der Beschuldigte wurde am Grenzübergang Freilassing von den deutschen Behörden nach Österreich zurückgeschoben und in der Nacht auf 14. Oktober in Salzburg auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Salzburg festgenommen

Die Untersuchungshaft über den Mann wurde am 15. Oktober wegen Tatbegehungsgefahr verhängt, wir hatten berichtet:

Der Mann gab damals an, dass er von seiner Unterkunft für Flüchtlinge in Niederösterreich zu seinem Bruder nach Berlin habe reisen wollen und gewusst habe, dass er positiv auf das Coronavirus getestet worden ist.

Der bisher unbescholtene 29-Jährige wurde bei dem Prozess heute per Video aus der U-Haft zugeschaltet. Er schilderte erneut, dass er am 13. Oktober von seiner Unterkunft zunächst mit der Straßenbahn nach Wien und von dort mit einem Zug in Richtung München gefahren sei, um seinen Bruder zu besuchen.

Er habe zwar gewusst, dass er positiv auf das Coronavirus getestet worden war, sei aber überzeugt gewesen, dass er nicht Corona habe, weil er sportlich sei. Deshalb habe er auch niemanden anstecken können, übersetzte ein Dolmetscher die Angaben des Angeklagten. Am 28. Oktober sei er negativ getestet worden.

Die Richterin hielt dem Afghanen vor, dass er laut dem Absonderungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha aufgrund des positiven Coronatests von 6. Oktober bis 16. Oktober unter Quarantäne gestellt war. Der Angeklagte entgegnete, er habe nicht gewusst, wie lange er in dem Raum für positiv getestete Bewohner in der Unterkunft habe bleiben müssen. Niemand habe ihm den Bescheid der BH übersetzt.

Zudem sei er am 13. Oktober vor der Abreise erneut getestet worden. Der Arzt habe ihm mitgeteilt, dass der Test negativ ausgefallen sei. Die Staatsanwältin bezeichnete diese Aussage als Schutzbehauptung. Der Angeklagte konnte weder den Namen des Arztes nennen noch einen Bescheid vorlegen. Dem Gericht lag auch kein negatives Testergebnis vom 13. Oktober vor.

Der Verteidiger gab zu bedenken, dass aufgrund des positiven Testergebnisses vom 6. Oktober der CT-Wert an der Grenze zur Infektiösität gelegen sei. Ab einem CT-Wert von 30 werde angenommen, dass man niemanden mehr anstecken könne. In diesem Fall liege nur eine Verwaltungsübertretung wegen Verstoßes gegen den Bescheid der BH vor. Eine Infektion sei zudem auch etwas anderes als eine Erkrankung, die bei dem Mann nicht vorgelegen sei.

Allerdings wurde der Beschuldigte am 14. Oktober in Salzburg erneut positiv auf das Coronavirus getestet. Die Richterin konfrontierte den Angeklagten auch mit den Angaben der diensthabenden Spitalsärztin, wonach aufgrund des festgestellten CT-Wertes vom 14. Oktober eine Ansteckungsgefahr bestanden habe. Doch der 29-Jährige meinte, der Test könne nicht richtig gewesen sein. Vielleicht stimme etwas mit seinem Blut nicht, aufgrund seiner Zeit in Afghanistan. Während des Prozesses wirkte er verzweifelt und aufgeregt. "Wenn sie mich nicht freilassen, dann lassen sie mich in Ruhe", sagte er zur Richterin. Schließlich bat er um "Gnade" und um einen Freispruch.

Der Vater von vier minderjährigen Kindern, die seinen Angaben zufolge in Afghanistan leben, wurde im Sinne des Strafantrages verurteilt. Die Richterin sprach von einem milden Urteil, denn die Strafdrohung reiche bei Paragraf 178 StGB bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Sie hob aber die Uneinsichtigkeit des Mannes hervor. Dieser habe eindeutig Handlungen gesetzt, die eine Gefahr einer Verbreitung von übertragbaren Krankheiten herbeiführten.

Nach dem Urteilsspruch erklärte der Beschuldigte erneut, dass er keinen positiven Asylbescheid und keine Arbeit habe und er endlich zu seinem Bruder nach Deutschland wolle. Er hat das Urteil angenommen, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Falls das Urteil rechtskräftig wird, darf der 29-Jährige am kommenden Freitag die Justizanstalt Salzburg verlassen, weil er den unbedingt verhängten Strafanteil von einem Monat bereits in der U-Haft abgesessen hat. Die sechs Monate, die er auf Bewährung erhalten hat, wurden unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren verhängt.

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