Brandstifter flüchtete mit dem Rollator

Erstellt am 27. Jänner 2022 | 04:11
Lesezeit: 3 Min
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr
440_0008_8271554_gre31landesgericht_korneuburg_t31738556.jpg
Am Landesgericht Korneuburg wurde der betagte Mann zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, davon 16 Monate bedingt, verurteilt.
Foto: NÖN
Werbung
Ein 88-Jähriger wollte die Garage des Bruders in Maria Ellend anzünden.

Am 31. Oktober vergangenen Jahres fasste ein 88-Jähriger einen fatalen Entschluss. Aus Oberösterreich machte er sich mit seinem Auto zum Wohnort seines Bruders in Maria Ellend auf. Das Ziel seiner Fahrt war, die Garage des Bruders anzuzünden: „Ich wollte ihn nur erschrecken.“ Das sagte er vor dem Schöffensenat am Landesgericht Korneuburg. Bei seiner Einvernahme durch die Polizei klang das noch anders: „Wenn keiner dazwischen gegangen wär, hätt ich‘s getan.“

„Ich sage jetzt die Wahrheit“, bestand der alte Mann auf seiner Version, die er dem vorsitzenden Richter Franz Furtner so schilderte: Ja, er sei mit seinem Rollator, beladen mit einer Gasflasche, einem Plastikkanister Diesel und einem Sackerl mit Tüchern, zur Garage des Bruders hin, habe aber vor Ort dann beschlossen, den Diesel vor der Garage auszuschütten. Die Wahrheit war eine andere. Sie war auf einem Video zu sehen, das ein Neffe des Angeklagten gemacht hat. Darauf war zu sehen, wie der Angeklagte eine Fährte von der Garage weglegte.

Neffen mit Diesel überschüttet

Erst als der 88-Jährige in die Hosentasche griff, in der der Neffe ein Feuerzeug vermutete, das die Polizei später auch bei dem Mann fand, griff dieser ein und stieß den alten Mann gegen das Garagentor. Um den Weg für die Flucht frei zu machen, wurde der Neffe mit Diesel aus einer weiteren Glasflasche überschüttet. Die Flasche warf er auf der Flucht – mit seinem Rollator – in einen benachbarten Garten. Die Polizei konnte den Flüchtenden kurz nach 2 Uhr nachts festnehmen. Seitdem befindet er sich in Haft.

Woher er wusste, dass sein Onkel auf dem Weg zu ihrem Haus war, fragte der Richter den Neffen. Die Tochter des 88-Jährigen hatte die Familie in Maria Ellend kontaktiert, weil sie ihren Vater daheim nicht antreffen und auch nicht telefonisch erreichen konnte. Bereits zwei Wochen zuvor, am 17. Oktober, hatte sich der betagte Mann auf die Reise zu seinem Bruder gemacht, deshalb vermutete sie ihn auch an diesem Tag dort.

Streit um Geld als Auslöser

Tatsächlich konnte der Bruder des Angeklagten das Auto in der Nähe ihres Wohnhauses entdecken. Er rief die besorgte Tochter an und sagte, man werde sich um ihren Vater kümmern, sie müsse nicht nach Maria Ellend kommen. Zwei weitere Familienmitglieder beobachteten den Verwandten bei seinen Vorbereitungen zur versuchten Brandstiftung, die Mutter und ein weiterer Sohn. Die nicht ganz unberechtigte Frage der Verteidigerin, Iris Augendoppler, warum niemand aus der Familie die Polizei gerufen habe, blieb lange mehr oder weniger unbeantwortet.

Erst vom Vater der Familie erhielt sie eine Antwort. „Sie wollten das gar nicht verhindern“, die Antwort „Ja“. Der Hintergrund dieses Streits einer wirklich „schrecklich netten Familie“ war schlicht Geld. Schulden, die sein Bruder bei ihm habe, hätten ihn zu diesem Denkzettel veranlasst, so der 88-Jährige.

Nach kürzester Beratung fällte der Schöffensenat das Urteil: Zwei Jahre Freiheitsstrafe, davon 16 Monate bedingt. Die versuchte Brandstiftung stand für das Gericht genauso fest wie die „Dieseldusche“ für den Zeugen. „Die Geldangelegenheit klärt vielleicht irgendwann ein Zivilgericht“, so Furtner abschließend.