Rudolf Egger: 107 Jahre voller Lebensfreude

Geprägt von 107 Jahren Lebenserfahrung hat Rudolf Egger nie seine Lebensfreude und wissbegierige Art verloren. Der älteste Bürger im Bezirk könnte mit seinen Erlebnissen vermutlich ganze Bücher füllen. Gegenüber der NÖN schwelgt er in Erinnerungen und teilt weise Worte.
NÖN: Wie kann man sich Ihren Alltag vorstellen?
Rudolf Egger : Es ist nicht mehr so wie früher. Alles muss ein bisschen langsamer gehen, aber ich habe ja genug Zeit. Nachdem meine Augen gelasert wurden, kann ich sogar wieder bis zum Ötscher-Gipfelkreuz ohne Brille alles scharf sehen. Dadurch kann ich weiterhin die NÖN und andere Nachrichten lesen.

Mit Ihren 107 Jahren haben Sie bestimmt viele außergewöhnliche Dinge erlebt. Welches Ereignis ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Ich musste 1939 zum Militär in den Polenfeldzug einrücken. 1942 war die Russlandfront, wo ich in Estland in russische Gefangenschaft geriet und erst vier Jahre später nach Hause kam.
Wie sah Ihre Kindheit und Jugend aus?
1932 war ich Viehhirte im Steingraben. Ich war das vierte von elf Geschwistern. Meine Eltern kauften zusammen das Haus „Bockhörner“ in Lackenhof, wo unsere Wiege stand und die „Egger Buam“ ihren Ausgang hatten. In meiner musikalischen Ausbildung war ich in der Musikkapelle an der großen Trommel im Einsatz.
Was hat dazu beigetragen, dass Sie dieses hohe Alter erreichen? Haben Sie Tipps, wie man sich fit halten kann?
Wir waren immer genügsam und so bescheiden, wie es möglich war. Vielleicht war es auch das Glück mit meiner über zehn Jahre jüngeren Frau, die immer sehr um meine Gesundheit besorgt war. Als ich mit 100 einen Herzschrittmacher bekommen sollte, musste ich mich auf die Beine stellen, weil es bisher niemanden gab, der in solch hohem Alter noch einen Anspruch darauf stellte. Die Ärztin sagte damals, dass ein Herzschrittmacher auf ca. 14 Jahre Lebenszeit ausgelegt sei. Naja, die Hälfte davon hat er schon abgedient ...
Wir waren immer genügsam und so bescheiden, wie es möglich war.
Was ist Ihnen in Ihrem Leben besonders wichtig?
Gesundheit, Zufriedenheit und Harmonie gehören zu den wichtigsten Dingen. Alles andere ist darauf begründet.
Gibt es noch etwas, das Sie erleben möchten oder haben Sie sich alle Wünsche erfüllt?
Ich wüsste nicht, was ich mir noch wünschen soll. Jeder Tag ist ein neues Geschenk und der Blick zurück zeigt, dass es heute viel besser ist, ein hohes Alter zu erreichen. Überhaupt, wenn es einem wie mir dabei ganz gut geht.
Gesundheit, Zufriedenheit und Harmonie gehören zu den wichtigsten Dingen. Alles andere ist darauf begründet.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Positiv denken und die geistige Frische weitestgehend erhalten. Dafür muss man immer etwas tun.
Welche geschichtlichen Ereignisse haben Sie geprägt?
Als der Erste Weltkrieg zu Ende ging und NÖ entstand. Davon haben wir in Lackenhof kaum etwas mitbekommen, weil es kein Radio und kaum Nachrichten von auswärts gab. Das Leben ging dahin und man versuchte, es irgendwie zu bewältigen. Den Zweiten Weltkrieg erlebte ich an verschiedenen Fronten und in Gefangenschaft. Erst danach kam meine Frau ins Leben und wir kauften unser Haus. Meine nebenberufliche Tätigkeit als Wüstenrot-Berater beendete ich erst mit 98 Jahren.
Haben Sie Hobbies, die Sie auch heute noch ausüben?
Es gibt – natürlich jüngere – Freunde, die noch gerne zu mir Karten spielen kommen. Das ist immer mit ein paar Gläschen Wein und Geselligkeit verbunden, was mich auch geistig fit hält, denn schließlich will man ja auch gewinnen.