Fossilien erzählen über Klimakatastrophe
Fossilien erzählen über Klimakatastrophe. Mehr als 6.000 Fossilien, die bei der Polzberg-Fundstelle (Gemeinde Gaming) entdeckt wurden,zeugen von einem weltweiten Massensterben in den Meeren vor 233 Millionen Jahren.
Einblick in eine globale Klimakatastrophe in der Triaszeit gibt eine Fossilien-Fundstelle in Niederösterreich, wo seit über 140 Jahren gut und vollständig erhaltene Versteinerungen von Meereslebewesen gefunden werden. Wiener Wissenschafter haben nun im Fachjournal "Scientific Reports" die erste wissenschaftliche Bearbeitung von mehr als 6.000 Fossilien veröffentlicht, die Zeugen eines weltweiten Massensterbens in den Meeren vor 233 Millionen Jahren sind.
Bei der Polzberg-Fundstelle in einem kleinen Graben zwischen Gaming und Lunz am See (Niederösterreich) handelt es sich um eine der wichtigsten Fossil-Fundstellen Österreichs, teilte das Naturhistorische Museum (NHM) Wien am Mittwoch mit. Sie zeichnet sich durch die besonders gute Erhaltung der eingeschlossenen Fossilien und deren Vollständigkeit aus.
Der Paläontologe Alexander Lukeneder vom NHM und die Paläontologin Petra Lukeneder von der Universität Wien haben 6.397 fossilen Funde von dort analysiert. Diese lagerten teilweise seit über 100 Jahren in den großen Sammlungen des NHM, der Uni Wien und der Geologischen Bundesanstalt. Zudem wurde in den vergangenen Jahren neues Material durch Citizen Scientists geborgen.
Zusammenbruch ganzer Ökosysteme
Bei den Fossilien handelt es sich um Überreste einer der größten Umweltkatastrophen der Erdgeschichte, der "Karnischen Krise". Diese zwei Millionen Jahre andauernde Phase zeichnet sich durch einen Klimawandel aus, der zu einem gigantischen weltweiten Massensterben und dem Zusammenbruch ganzer Ökosysteme führte. Nach derzeitigem Erkenntnisstand führte starke Vulkantätigkeit in Nordamerika nicht nur zur Ablagerung einer mehr als 1.000 Meter dicken Schicht aus Basalt, sondern auch zu einem enormen Anstieg von CO2 in der Atmosphäre. Das wiederum führte in der späten Triaszeit zu einer starken Klimaerwärmung mit wesentlich feuchterem Klima. Weltweit spülten monsunartigen Regenfälle Sediment in die Meere und die Riffe erstickten im Schlamm.
Dokumentiert ist dies in einer großen Diversität der am Polzberg entdeckten fossilen Tierwelt. In Verbindung mit dem fantastischen Erhaltungszustand der Fossilien ermöglicht dies den Wissenschaftern, die Umwelt der späten Triaszeit zu erforschen und neue Erkenntnisse über Umweltbedingungen, Nahrungsketten und die Räuber-Beute-Verhältnisse dieser Zeit zu gewinnen. So wurden an der Fundstelle bisher zahlreiche Arten nachgewiesen, nahezu jährlich würden neue Spezies entdeckt.
Weltweit einzigartiges Fossil
Zu Tausenden kommt der Leitammonit Austrotrachyceras minor vor, aber auch andere Ammoniten, Tintenfische, Muscheln, Schnecken, Krebse, Meeresasseln und Borstenwürmern sowie Fische wurden häufig entdeckt. Zu den besonderen Funden zählen Knorpelfische wie der haiähnliche Acrodus oder der sehr seltene Quastenflosser Coelocanthus. Aus den Küstensümpfen wurde selbst ein Lungenfisch eingeschwemmt - ein laut NHM "weltweit einzigartiges Fossil". Die Nähe zu Süßwasser bestätigen auch die zahlreichen Blattfußkrebse Eustheria und selbst Überreste von Pflanzen wie die Konifere Voltzia sind vertreten.
Die Nahrungskette reicht von winzigen Krebsen über kleinere Fische bis hin zu räuberischen Tintenfischen und Ammoniten, die wiederum von größeren Raubfischen gejagt wurden. Gesucht wird noch nach Überresten von Ichthyosauriern, die vermutlich die größten Räuber dieses Ökosystems waren.