Schauppenlehner im NÖN-Gespräch: „Vom Stoff zum Kind“

Nach 17 Jahren Dienstzeit verließ Schulqualitätsmanager Leopold Schauppenlehner am 31. Oktober sein Amt Richtung Pension. Mit der NÖN blickte er an seinem letzten Arbeitstag zurück.
NÖN: Haben Sie schon alle Abschiedsbesuche hinter sich?
Schauppenlehner: Da ich dem persönlichen Kontakt in meiner Amtszeit immer hohen Stellenwert eingeräumt habe, wollte ich mich auch von allen, die mir wichtig waren, verabschieden. Dadurch, dass ich in den vergangenen zwei Monaten noch meinen Urlaub konsumiert habe, hatte ich auch genug Zeit dafür und konnte mit allen Direktoren abschließende Gespräche führen. Ich habe auch eine Art Abschiedsbrief an die Schulen geschickt und mich bedankt.
Gibt es bereits eine Nachfolge?
Schauppenlehner: Meine Schulen werden zunächst zwischen meinen Kollegen von der Bildungsregion Waidhofen aufgeteilt. Die endgültige Nachfolge ist aber noch offen, weil es im Schulqualitätsmanagement demnächst einige Umstrukturierungen geben soll.
Sie waren seit 2002 Pflichtschulinspektor im Bezirk Scheibbs. Was waren für Sie die wichtigsten Entwicklungen in dieser Zeit?
Schauppenlehner: Was mir immer ein besonderes Anliegen war: Schule sollte vom Belehrungsort zum Lernort werden. Eine ganz wesentliche Entwicklung war daher die Einführung der Neuen Mittelschulen, denn diese richten sich genau nach diesem pädagogischen Konzept. Ich hoffe, dass es mit der Wiedereinführung der Leistungsniveaus nicht zu einem Rückschritt kommt, aber ich vertraue darauf, dass das Konzept in den Schulen bereits so tief verankert ist, dass das nicht passiert.
Zu Beginn gab es einiges Misstrauen gegenüber der NMS. Wie konnte das ausgeräumt werden?
Schauppenlehner: Misstrauen gibt es bei jeder Veränderung, das ist in Ordnung. Die Akzeptanz war aber schnell da, weil die Schulen die Vorteile gesehen haben, die die NMS bringt, wie etwa das Team-Teaching. Viel wurde auch über Lehrer-Fortbildung erreicht, und durch eine gute Betreuung der Schulen, wenn diese gebraucht wurde.
Das Wort „Inspektor“ klingt nach Kontrolle. Wie haben Sie diese Rolle wahrgenommen?
Schauppenlehner: Für mich war die Kontrolle nie im Vordergrund, sondern die Kommunikation mit den Schulen, die auf einem gewissen Vertrauen beruht. Ich habe es als meine Aufgabe angesehen, Schulentwicklung anzuregen. Wer führen will, muss aber auch stören können. Das heißt, im richtigen Moment eingreifen, wenn etwas in die falsche Richtung geht. Wenn die Beziehung gut ist, dann funktioniert das auch. Es ist ja auch beim Lehrer so: Wenn er zu seinen Schülern ein gutes Verhältnis hat, kann er sich ruhig einmal Kritik erlauben, ohne dass dies schlecht aufgefasst wird.
Apropos Lehrer: Wie war Ihre eigene pädagogische Karriere?
Schauppenlehner: Ich habe 1979 an der Hauptschule Waidhofen als Lehrer für Turnen und Deutsch begonnen, dann noch Geschichte dazugemacht. Ab 1995 war ich Direktor, absolvierte eine Ausbildung zum Trainer für eigenverantwortliches Lernen. Immer in Bewegung bleiben, nie aufhören mit persönlicher und fachlicher Fortbildung, war mein Credo.
Wie wird man ein guter Lehrer?
Schauppenlehner: Die Lehrer sind das wichtigste Gut, das wir haben. Sie sind der entscheidenste Faktor für das Lernen eines Kindes. Leider sind viele Lehrer sich dieser Tatsache nicht bewusst. Wenn man sich das aber klar macht und beginnt, Kinder als Personen wahrzunehmen, baut man eine Beziehung auf, in der unendlich viel möglich wird. Dazu gehören auch Grenzen. Aber am wichtigsten ist die Erkenntnis, dass jedes Kind Stärken hat.
Stärkenorientierung ist ja auch wichtig bei der Integration. Wie sieht es damit im Bezirk aus?
Schauppenlehner: Der Gedanke, Kinder mit Lernschwierigkeiten zu integrieren, ist in den vergangenen zehn Jahren immer wichtiger geworden. Gleichzeitig ist der Anteil der Integrationskinder stark gestiegen. Wir haben die Bedenken der Eltern, dass ihre Kinder weniger lernen, wenn auch Kinder mit Behinderung in der Klasse sind, zerstreuen können. Die Kinder in den Integrationsklassen bringen im Schnitt sogar bessere Leistungen.
Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir – was sagen Sie zu diesem beliebten Spruch?
Schauppenlehner: Schule soll den nächsten Generationen helfen, in der Welt, in der sie leben, erwachsen zu werden – das ist ein Zitat, das ich in meiner ersten offiziellen Rede bei der VS-Eröffnung in Wang 2002 verwendet habe. Das sagt eigentlich alles aus: Den Selbstwert und das Selbstbewusstsein des Kindes zu entwickeln ist genauso wichtig, wie Bildung zu vermitteln.
Welche Entwicklungen auf dem Schulsektor würden Sie gern aus der Ferne beobachten?
Schauppenlehner: Dass die Schulen die Autonomie, die sie heute haben, dazu benützen, die Lernmodelle anzubieten, die ihre Schüler brauchen. Und dass mein Leitspruch, „Vom Stoff zum Kind“ für die Schule der Zukunft in Erfüllung geht.