Die Näherin hinter den Kulissen des Theatersommers

Erstellt am 29. August 2021 | 06:39
Lesezeit: 4 Min
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Luise Wurzer ist für Kostüme vieler Theaterproduktionen verantwortlich, zuletzt beim Theatersommer Wolfpassing.
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Wenn die Schauspieler beim Theatersommer im Schloss Wolfpassing die Bühne betreten, hat sie ihren Job bereits getan. Luise Wurzer ist die Frau im Hintergrund: die Schneiderin, die gemeinsam mit Luise Theuretsbacher für die perfekte Passform der Bühnenoutfits der Schauspieler sorgt und beim Ankleiden hilft.

Die heute 73-Jährige hat seit ihrer Jugend beinahe jeden Tag an der Nähmaschine verbracht. „250 Jahre lang hat unsere Familie von der Schneiderei gelebt, da war es für mich als junges Mädchen klar, dass ich auch diesen Beruf erlernen werde“, erzählt Wurzer, die nach der Schließung ihres Betriebes in Steinakirchen auf den Verleih von Kostümen umgesattelt hat.

„Nähen ist einfach meine persönliche Gesundheitsvorsorge.“ Luise Wurzer

Im Jahr 2007 wurde sie erstmalig als Kostümnäherin für die Haager Sommerspiel-Produktion „In 80 Tagen um die Welt“ engagiert. Seither sind die Aufträge immer mehr geworden. „Für Theater, Oper und Operette konnte ich mich schon immer begeistern, deshalb ist mir das natürlich entgegengekommen“, sagt sie. Neben Haag sind nun auch noch die Theaterproduktionen in Enns, Steyr, Reinsberg, die Blindenmarkter Herbsttage und zuletzt auch der Theatersommer im Schloss Wolfpassing dazugekommen.

„Das Team ist super und die Zusammenarbeit macht einfach nur Spaß“, meint Wurzer, die gesundheitsbedingt in Frühpension gehen musste und seit einem Herzstillstand 2019 ihre Leidenschaft nur mehr als Hobby betreiben kann. „Die Ärzte haben mir zwar geraten, ich soll mich einfach nur zurücklehnen, aber ich habe mich mühsam zurückgekämpft. Ein Leben ohne Nähmaschine kann ich mir halt nicht vorstellen.“

Und so sitzt sie nach wie vor Tag für Tag, und auch oftmals bis in die späte Nacht hinein, an der Maschine. „Nähen ist einfach meine persönliche Gesundheitsvorsorge. Damit erspare ich der Krankenkasse hohe Kosten“, scherzt sie und näht ein Stück Stoff zusammen.

„Der Stoff geht bei mir nie aus, denn ich habe noch viele alte Muster auf Lager.“  Luise Wurzer

Und Stoffe und Kostüme gibt es im Haus Wurzer wahrlich genug. „Der Stoff geht bei mir nie aus, denn ich habe noch viele alte Muster auf Lager.“ Dass sie diese alle selbst verarbeiten wird, daran glaubt die Schneiderin schon lange nicht mehr. Beim Blick in ihr Lager wird das auch deutlich. Denn hier stapeln sich sorgfältig beschriftete Kartons bis obenhin zur Decke. Insgesamt 400 Kinderkostüme und 3.500 Kostüme für Erwachsene warten neben unzählig vielen Schuhpaaren, Hüten, Kappen und Taschen auf ihren Einsatz. Der Fundus an Stoffen und Kleidung scheint schier unendlich. „Ich habe früher viel bei Flohmärkten oder Abverkäufen zusammengetragen. Jetzt kaufe ich selbst nichts mehr, sondern passe die Kostüme nur mehr an. Aber ich kann sagen, dass ich für jede Art von Theaterproduktion etwas Passendes parat habe.“

„Einmal ist einem Schauspieler während der Vorstellung die Hosennaht geplatzt. Da wurde dann auf der Bühne rasch mit einem Hut improvisiert“ Kuise Wurzer

Wie viel Kraft die Pensionistin aus der Näherei ziehen kann, wird in ihren strahlenden Augen deutlich, wenn sie einige Anekdoten preisgibt. „Einmal ist einem Schauspieler während der Vorstellung die Hosennaht geplatzt. Da wurde dann auf der Bühne rasch mit einem Hut improvisiert“, erzählt Wurzer, die von sich selbst behauptet, ein schlechtes Namensgedächtnis zu haben. „Aber ich erkenne die Schauspieler im Zug oder auf der Straße noch nach Jahren aufgrund ihrer Rollen und den Kostümen, die ich für sie genäht habe. Das hat schon oftmals zu lustigen Begegnungen geführt.“

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