„Dä Shlyda Gäng“: Punkrock meets Austropop

Bei Rainhard Fendrich dominieren der Herzschmerz, das Pathos und Patriotismus, wenn er von einem "Herz wie ein Bergwerk" singt. Bei der "Shlyda Gäng", einem Trio aus Hollabrunnern und einem Gänserndorfer, klingt der Austropop-Song mehr wie "Bergwerk". Ein Herz, das sich durchkämpfen muss, ein Herz, das seinem Pulsschlag folgt, so lässt sich vielleicht die Cover-Version der Punk-Rock-Band am ehesten beschreiben.
Hart in der Sache, aber g'fühlig im Umgang mit dem Ausgangsmaterial - keine blöde Idee, dachten sich Jürgen Bauer, Martin Forster und Paul Pozarek während der Pandemie und warfen den musikalischen Schleudergang an, der zu ihrem Bandnamen führte: "Dä Shlyda Gäng". Nach dem Schleudern klingt auch Ludwig Hirschs "Omama" nach wie vor so, als hätte - gefühlt - jeder so eine Oma gehabt; aber die Band fügt dem Lied durch ihre Interpretation etwas hinzu, nämlich, dass Omis nicht sakrosankt sind.
Das konnte man natürlich auch beim Original durchhören, wenngleich ungemein sarkastischer. Was die drei Männer der "Shlyda Gäng" auszeichnet, ist ihr ehrlicher Umgang mit dem "Ausgangsmaterial". Die "Gäng" möchte aber nicht nur als Coverband wahrgenommen werden. Deswegen hat sich das Trio seiner Heimat, dem Weinviertel, in einem eigenen Song gewidmet, der am letzten Freitag auf ihrem YouTube-Kanal veröffentlicht wurde.
Trio besingt Heimat in Punkrock-Song
In einem knackigen, knapp drei-minütigen Punkrock-Song erzählen sie, wie sie diese spezielle Region Österreichs in ihrem Heranwachsen wahrgenommen haben - und bleiben sich treu. Das hat die NÖN neugierig gemacht, und daraufhin den Bandleader Jürgen Bauer gefragt, wie der Spagat zwischen Punkrock und Austropop funktioniert, und wie viel Spaß die drei Männer haben, gerade diese zwei Genres miteinander zu vermischen. Die Antworten lassen an der Ernsthaftigkeit der "Shlyda Gäng" keinen Zweifel.
NÖN: Sie haben Ambros-, Fendrich- und Hirsch-Lieder gecovert. Was braucht ein Austropop-Song um punkrock-tauglich zu sein?
Jürgen Bauer: Das Wichtigste ist der Text. Der muss uns taugen und muss etwas Dunkles, Kritisches oder Humorvolles in sich tragen. Am besten alles. Musikalisch biegen wir uns dann die Songs schon zurecht, übernehmen manche Parts, lassen aber auch andere weg. Wie es für uns passt, dass daraus am Ende ein lässiger Punkrock-Song wird. Wichtig war für uns immer, dass trotz aller Änderungen erkennbar ist, dass wir die Songs mit dem nötigen Respekt behandelt haben.
Wie muss man sich ein Konzert ihrer Band vorstellen? Irritierte Punk-Rocker und geschockte Austropop-Fans?
Bauer: Gar nicht. Im besten Fall hat es was Verbindendes. Ist ja für beide etwas dabei und meistens kennen die Rockfans ja sowieso alle Austropop-Songs, die wir covern. Sie sind doch mehr oder weniger in der DNA jeder Österreicherin und jedes Österreichers. Der ein oder andere Austropop-Fan freut sich auch, die bekannten Songs mal neuinterpretiert zu hören. Obwohl wir auch schon die ein oder andere harsche Kritik auf Social-Media einstecken mussten. Aber wir haben das mit Humor genommen, den Klick auf unser YouTube-Video haben wir ja auch von den Kritikern bekommen.
Wie viel Spaß macht es, als Musiker, diese zwei Genres zu mischen?
Bauer: Sehr. Wie schon erwähnt, sind auch wir mit den Austropop-Klassikern aufgewachsen. Diese Songs jetzt mal um 180° zu drehen und in unsere Musik zu verwandeln, hat uns schon sehr getaugt.
Warum gerade das Weinviertel als Thema für ihre erste eigene Single als Band?
Bauer: Ganz einfach. Wir sind alle drei im Weinviertel aufgewachsen und wohnen zum Teil noch immer da. Wir wollten daher einen Song über die Region machen, die uns so sehr geprägt hat. Mit all ihren Licht- und Schattenseiten. Wir wollten keine Hymne, sondern unseren Blickwinkel und unsere Gefühle wiedergeben. Am Ende ist es ja dann doch positiv geworden, denn es bleibt ja "das Meer aus weißem Wein". Gibt’s was Schöneres?
"Gibt's was Schöneres?"
Bauer: Eine Sidestory, die mich zum Refrain inspiriert hat. Ich war vor ein paar Jahren mit einer Band in Deutschland auf Tour. Dort hat mir jemand erzählt, dass er vor ein paar Wochen im Weinviertel mit dem Rad unterwegs war. Er hat dann gemeint, dass er noch nie in einer Gegend war, wo es landschaftlich nichts gegeben hat. Das hat ihm voll getaugt. Daran habe ich mich erinnert und bin darauf gekommen, dass wir wirklich nicht mit einzigartigen Bergen, Seen oder anderen spektakulären Sehenswürdigkeiten gesegnet sind. Was wir aber daraus gemacht haben, kann sich dann, unserer Meinung nach, doch sehen lassen.
Wie zufrieden sind Sie mit dem Start der Single Anfang März?
Bauer: Sehr. Wir haben mal viele Leute erreichen können, obwohl wir damit natürlich noch nicht zufrieden sind, und hoffen, noch einige Hörer gewinnen zu können. Die Single ist dann auch noch nicht das Ende. Ein ganzes Album haben wir schon aufgenommen und wird in nächster Zeit veröffentlicht werden. Das wird ein extrem kraftvolles Lebenszeichen von uns sein, worauf wir uns sehr freuen.