Es gibt auch Platz zwischen „Klimaklebern“ und „Fossilklebern“

Erstellt am 08. Juni 2023 | 20:32
Lesezeit: 6 Min
bioem 2023
Großer Auflauf zum Start der 36. BIOEM in Großschönau. Bürgermeister Martin Bruckner sprach als Obmann des Veranstaltervereins TDW klare Worte.
Foto: Markus Lohninger
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Start zur 36. Bio-Energie-Messe in Großschönau mit flammendem Appell von Veranstalter Martin Bruckner für einen verantwortungsvolleren Umgang mit dem Thema Energie & Nachhaltigkeit: „Wir sind in einem Rennen gegen die Zeit. Streichen wir die Frage nach dem ‚Was habe ich davon?‘ aus unserem Repertoire, in der Frage ‚Was kann ich beitragen?‘ kommen wir besser weiter.“ Er forderte höhere Aufmerksamkeit für die „breite Mehrheit“ in der Mitte zwischen den Extremen.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner würdigte Martin Bruckner (Bürgermeister und Obmann im BIOEM-Veranstalterverein TDW) und seinen Bruder Josef als BIOEM-Gründer bei der Eröffnung am 8. Juni als „Visionäre, Vor- und Nachdenker“ in Sachen Umwelt & Energie. Sie hätten es in den 1980er Jahren im Waldviertel gewagt, ein Thema, das überhaupt nicht als Thema für eine breite Masse gegolten hatte, zum Inhalt der ersten Umweltmesse Österreichs zu machen. Heute sei die BIOEM mit etwa 200 Ausstellenden, 7.500 m² Hallenfläche, 6.000 m² Freifläche und gut 20.000 Gästen eine Messe mit einer „Strahlkraft weit über die Grenzen Niederösterreichs hinaus, für eine lebenswerte und sichere Zukunft für uns und vor allem für die kommenden Generationen“.

Diese Strahlkraft nutzte Martin Bruckner für einen eindringlichen Ordnungsruf in Richtung der Extreme um „Klimakleber“ und „Fossilkleber“. Vor allem die „Fossilkleber“ seien mit der Verbreitung „dummer Vorurteile“ eine „absolute Bedrohung für Generationen“, die von ihnen als „absurde Abzocke“ abgetane CO2-Steuer komme durch finanzielle Anreize mehr als zurück, betonte Bruckner. Abgesehen davon habe Österreich die erneuerbaren Energieträger des Jahres 2023 schon im Mai restlos aufgebraucht. „Soll Dreck machen wirklich billiger sein als Saubermachen?“, fragte er. Die gesetzten Schritte seien sogar noch zu zaghaft: „Weil ich an das Fortkommen meiner Enkelkinder denke, nicht bloß an das ‚Was habe ich jetzt davon?‘“

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Martin Bruckner
Foto: Markus Lohninger

„Haben wir den Glauben an die Intelligenz unserer Gattung verloren?“

Und, so TDW-Chef und ÖVP-Bürgermeister Bruckner zu wiederholten Aussagen „einer Salzburger Landesparteichefin“, wonach wir uns nie komplett mit Erneuerbaren versorgen könnten: „Ja haben wir den Glauben an die Intelligenz unserer Gattung verloren? Oder was passiert da gerade an den Rändern? Diese Ränder setzen nicht weniger als den erhofften Wohlstand unserer Kinder aufs Spiel. Mir kommt das so vor, als würden wir in jener Zeit leben, wo die meisten unserer Vorfahren noch nicht aufrecht gehen konnten – und das Aufrechtgehen daher möglichst mies geredet werden sollte.“

Medien – Regionalmedien wie die NÖN als Partnerin der BIOEM und „zumindest teilweise“ den ORF nahm Martin Bruckner explizit aus – würden diese Extreme noch durch deren Schwerpunktsetzung befeuern. „Immer dort, wo es um Extrempositionen geht, wo gesudert, geschimpft und gespalten, geklebt und behindert wird, da wird rauf und runter berichtet. Da wo in der Mitte hart an einem breiten Miteinander gearbeitet wird, wo hart an der Systemtransformation von fossiler zu erneuerbarer Energie gearbeitet wird, da findet sich vielleicht auch einmal ein mediales Sommerloch. Dabei sind wir in Österreich in einigen erneuerbaren Bereichen Weltmarktführer.“

Der Blick in Großschönau habe immer der Zukunft gegolten. Die Sehnsucht nach einer guten Zukunft werde hier durch Zusammenarbeit und Bewusstseinsbildung befeuert – nicht durch Spaltung. „Die Menschheit hat sich immer dann weiter entwickelt, wenn Zusammenarbeit im Vordergrund stand, und wenn Innovation vorangetrieben wurde“, so Bruckner.

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Johanna Mikl-Leitner
Foto: Markus Lohninger

Mikl-Leitner erwartet Rekordjahr der erneuerbaren Energie

Die BIOEM und die Gemeinde Großschönau seien wichtige Partner auch für das Land Niederösterreich am Weg zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz, betonte Landeshauptfrau Mikl-Leitner indes. Bereits vor 26 Jahren seien alle öffentlichen Gebäude an Biomasse-Nahwärme angeschlossen und somit ölfrei gemacht worden, vor 20 Jahren sei mit dem Sonnenplatz ein Forschungslabor für viele Projekte entstanden, und zuletzt seien die Dächer mit Photovoltaik eingedeckt worden.

Das Land NÖ sei in vielen Bereichen Vorreiter, so Mikl-Leitner, es produziere etwa 40 Prozent der gesamten Wind- und Sonnenenergie, habe als Erster den Klimaschutz in die Verfassung gehoben und sei auch jene Region mit den meisten Klimabündnis-Gemeinden in ganz Europa. Aber: „Wir müssen noch mehr machen.“ So solle 2023 im Land ein „Rekordjahr der erneuerbaren Energie werden“ – mit bis zu 200 geplanten bzw. umgesetzten Windrädern, 15.000 Photovoltaik- und 20 Biomasse-Anlagen.

Eine klare Ansage kam von der Landeshauptfrau auch in Richtung der Energieanbieter. Sie habe „überhaupt kein Verständnis, wenn sich Energieanbieter ein Körberlgeld machen und die sinkenden Großhandelspreise nicht weitergeben“, sagte sie. Daher sei es „wichtig und richtig, dass jetzt von allen Energieanbietern, auch von der EVN, eine Reduktion des Strompreises bis zu 20 Prozent angekündigt wurde. Es war längst an der Zeit.“

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Lukas Brandweiner hatte einen Rucksack für die Landeshauptfrau dabei
Foto: Markus Lohninger

Regionalverband-Obmann „stolz auf unser Woidviatl“

Als Obmann im Regionalverband Waldviertel zeichnete Nationalrats-Abgeordneter Lukas Brandweiner nach einem hinkenden Gang zum Rednerpult – er hatte sich beim Fußball Bänderverletzungen zugezogen – den Weg der Region vom „Niemandsland“ zur „Zukunftsregion“ nach. Damit sei das 1979 bei der Gründung des Verbandes, dem Vertreter verschiedenster Institutionen, Vereine und aller politischen Fraktionen angehören, ausgegebene Ziel realisiert worden. Mit dem im Vorjahr eingeführten neuen Auftritt und Leitspruch „Waldviertel – aus besonderem Holz geschnitzt“ sei die Marke nun in ein neues Zeitalter getragen worden.

Das Ziel auch für die Zukunft: „Schauen, dass es so bleibt, und noch ein bissl besser wird.“

Vizebürgermeister Martin Hackl danke in seinen Begrüßungsworten allen Vereinen und Freiwilligen in der 1.200-Seelen-Gemeinde Großschönau, darunter besonders dem Messe-Initiator Josef Bruckner, seinem Nachfolger Herbert Schagginger und dessen Nachfolger Martin Bruckner, den Vorstandsmitgliedern und Mitarbeitern im Büro. Man sei hier zu einer großen Familie zusammengewachsen, wo das „Miteinander im Vordergrund steht und zusammengearbeitet wird, wo sich die rund 30 Vereine und 300 Freiwilligen gegenseitig ergänzen und unterstützen“. Man wolle zusammenhelfen, damit die BIOEM auch weiterhin das Markenzeichen von Großschönau bleiben könne.

Tolles Rahmenprogramm am Feiertag. Unter anderem eine Trachtenmodenschau von Elfi Maisetschläger, Radio 4/4, ein Auftritt der NÖN-Stargäste „Die Edelseer“ und ein Frühschoppen mit der Jugendtrachtenkapelle Großschönau rundeten das Programm am ersten Tag ab. Die Kapelle hatte auch in gewohnter Manier die Eröffnungsfeier musikalisch umrahmt – und dafür vor dem Erklingen der Landeshymne einen Sonderapplaus der Landeshauptfrau erhalten.

So geht es weiter bei der BIOEM

Drei Tage noch wird sich in Großschönau alles um die 36. BIOEM drehen (täglich von 10-17 Uhr). Der Freitag wird dabei wie immer ganz im Zeichen der Freiwilligkeit stehen: Ab 16.30 Uhr wird wieder die Ehrung der „Besten Waldviertler Freiwilligen“ vorgenommen.

Alle Infos zur BIOEM im NÖN-Extra (ePaper)

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