„Fundamentale Missstände“: Polit-Wirbel ums Unterwasserreich

Erstellt am 28. März 2023 | 15:50
Lesezeit: 5 Min
Unterwasserreich
Foto: Unterwasserreich
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Eine der zwei Geschäftsführerinnen im Gemeindebetrieb geht kurz vor Saisonstart mit schweren Vorwürfen. Opposition beruft zur Klärung des Sachverhaltes eine Sondersitzung des Gemeinderates ein.

Paukenschlag wenige Tage vor dem Saisonstart im Unterwasserreich Schrems: Die Stadtgemeinde als Eigentümerin schreibt die Geschäftsführung neu aus. Nach Auskunft von Bürgermeister Peter Müller (SPÖ) stehen „Auffassungsunterschiede zur strategischen Ausrichtung“ hinter dem Weggang einer Hälfte des Führungsduos. – Die ÖVP spricht hingegen von „offensichtlichen Falschinformationen“ Müllers, sie beruft wegen schwerer Vorwürfe der scheidenden Geschäftsführerin eine Sondersitzung des Gemeinderates ein.

Wechselvolle Geschichte

17 Jahre ist es her, dass am Tor zum Naturpark Hochmoor nach hartem Bieterrennen mit der Stadt Gmünd um ein „Ramsar-Zentrum Waldviertel“ des WWF das Unterwasserreich eröffnete wurde. Ende 2008 zog sich der WWF zurück. Die Stadt blieb am Betrieb sitzen, hohe Verluste resultierten auch aus Zoo- und Tierschutz-Auflagen wegen Fischottern. Unternehmer Heini Staudinger sprang gratis als Geschäftsführer ein. 2012 wurde Monika Hubik Geschäftsführerin, sie erfüllte als Biologin mit Zoologie-Studium auch die Auflagen. Beruhigt hat sich die Finanzsituation nicht.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte zwischenzeitlich (ergebnislos), weil 56.000 Euro in bar weg waren. 2017 erfolgte die Trennung von Hubik. Die Führung der „Unterwasserreich-Naturpark Hochmoor Betriebs GmbH“ teilten sich in der Folge Hubiks frühere Assistentin Christiane Mader und die Biologin Barbara Dolak.

Fragezeichen hinter kurzfristiger Trennung

In der Zeit der Doppelspitze habe sich das Top-Ausflugsziel, darin sind alle heute einig, als Besuchermagnet für Schrems etabliert. Seit der Vorwoche ist die Stadtgemeinde trotzdem wieder auf der Suche. Wer hat die Gesellschaft verlassen, wieso direkt vorm Saisonstart am 1. April?

Bürgermeister Peter Müller (SPÖ) nennt keinen Namen. Eine Geschäftsführerin wolle sich verändern, sei aus freien Stücken gegangen, sagt er. Ausgeschrieben ist per sofort die Geschäftsführung samt zoologischer Leitung. Offenbar war es also Barbara Dolak, die ihren Platz geräumt hat. Sehr kurzfristig: Wenige Tage davor hatte sie für einen Beitrag in einer Tageszeitung zur Bewerbung der Saison Auskunft gegeben.

„Fundamentale Missstände, politische Gründe…“

Die Fragezeichen hinterm Abschied werden durch das, was ÖVP-Fraktionsobmann Tobias Spazierer schildert, größer. Nach der Gemeinderats-Sitzung am 16. März, in der wie berichtet eine 95.000-Euro-Subvention zur Deckung der Abgänge in der GmbH beschlossen worden war, habe Bürgermeister Müller den Unterwasserreich-Beirat ohne Tagesordnung einberufen. Er habe über das Ausscheiden einer Geschäftsführerin „aus persönlichen Gründen (Krankheit, Überforderung, etc.) sowie aufgrund unterschiedlicher Ansichten über die künftige Ausrichtung des Unterwasserreichs“ informiert, die Stelle werde neu ausgeschrieben. Spazierer: „Für uns war das so nachvollziehbar, wir haben die Entwicklungen akzeptiert.“ Dann ging dem Beirat ein Schreiben zu, in dem die scheidende Geschäftsführerin laut Spazierer die Sache in ein anderes Licht rückte. Von „fundamentalen Missständen“ sei da die Rede, sie seien aus „politischen Gründen durch die Eigentümervertreter nicht bereinigt“ worden. Die einvernehmliche Vertragsauflösung sei „aus politischen Gründen“ von Müller nicht akzeptiert worden.

Spazierer: „Völlig vor Kopf gestoßen“

„Seitens der ÖVP wurden wir mit diesem Schreiben völlig vor den Kopf gestoßen“, sagt Tobias Spazierer: „Dem Anschein nach wurden wir vom Bürgermeister falsch und nicht vollständig informiert.“ Die ÖVP Schrems beantragte am 27. März eine Sondersitzung des Gemeinderates, um die „politische Dimension dieser Vorgehensweise des Bürgermeistes restlos aufzuklären“ und die anderen Fraktionen zum Inhalt des Schreibens zu informieren.

„Das Unterwasserreich soweit möglich schadlos halten“

Der ÖVP sei es wichtig, das Unterwasserreich „soweit möglich schadlos zu halten“. Die Stadtführung setze aber dessen Ruf und die Arbeit zahlreicher fleißiger Beschäftigter durch die „im Raum stehende politische Einflussnahme sowie eklatante Führungsfehler des Bürgermeisters, durch das Ignorieren der fundamentalen Missstände“ aufs Spiel. Der Betrieb sei vorm Saisonstart in eine schwere Situation gebracht worden: „Es liegt nun an uns allen, die Vorwürfe der Untätigkeit aus politischer Motivation rasch und umfassend zu klären. Die Stadtführung nehmen wir in die Verantwortung, die aufgezeigten Missstände umgehend und vollständig zu beseitigen.“ Die Lücke in der Führungsebene müsse, so Spazierer , rasch geschlossen werden.

Noch kein Kommentar zur Causa von Dolak

Die Frage bleibt vorerst, was sich hinter den angeblichen Missständen und politischen Gründen verbirgt. Barbara Dolak wollte sich dazu gegenüber der NÖN noch nicht äußern.

Sondersitzung vermutlich nächste Woche

Und Bürgermeister Müller am Montag: Auch er könne zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr sagen. Zum Sondergemeinderat will er im Lauf der nächsten Woche einladen, das Thema aber ohne Öffentlichkeit abhandeln – „wegen persönlicher Angelegenheiten, und zum Schutz des Unterwasserreiches“. Nach der Behandlung im Gemeinderat will er jedenfalls eine öffentliche Erklärung zur Causa abgeben.

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