„Da schau her, es gibt Jobs im Waldviertel!“

Als Personal-Entwickler und -Chef der Firma Pollmann begleitete Ernst Wurz in mehr als 20 Jahren die Eintritte von etwa 200 Beschäftigten und mehr als hundert Lehrlingen, die Belegschaft wuchs von 440 auf etwa 550 Köpfe. Im 2022 angetretenen Ruhestand widmet er sich einer neuen Aufgabe mit ähnlichem Hintergrund: Der einstige Initiator des Qualifizierungsverbundes Waldviertel will Beschäftigte nicht nur zu Pollmann, sondern ins gesamte Waldviertel holen. Er hat eine Plattform geschaffen, die Arbeiten, Wohnen und Leben in der Region potenziellen Heimkehrern und Zuzüglern schmackhaft machen will.
Insgesamt 2.689 Stellen waren mit Ende Mai aus den Bezirken Gmünd, Horn, Krems, Waidhofen und Zwettl über das AMS per sofort ausgeschrieben, rechnet Wurz vor, „dabei werden dem AMS gar nicht alle Jobs gemeldet“. Arbeit sei hier in allen Dimensionen und Ausprägungen zu finden. Erzähle man das, so blicke man immer noch in überraschte Gesichter – und höre, was er in den Pollmann-Jahren auf Messeständen gehört habe: „Da schau her, es gibt Jobs im Waldviertel!“
Für Pollmann habe er Jobmessen in Wien, St. Pölten, Linz, Krems, Wels, Steyr und Hollabrunn besucht, „überall triffst du auf Waldviertler, die es zum Beispiel wegen ihrer Ausbildung weggezogen hat und die gar nicht mit der Chance auf einen guten Job zuhause rechnen. Ein bissl was ist dabei immer hängen geblieben“.
Dieses „Bissl was“ soll nun auch durch das Projekt „Arbeitskräfte (Rück-)Hol-Aktion“ hängen bleiben, das Wurz – einst selbst mit 40 ins Waldviertel gezogen – als Projektleiter für Qualifikation & Arbeit im Wirtschaftsforum Waldviertel gemeinsam mit dem Verein Interkomm, NÖ.Regional und den fünf AMS- und Wirtschaftskammer-Stellen ins Leben gerufen hat. Vorgestellt wird es am 8. Juni an einem Stand bei der BIOEM in Großschönau, bis dahin sollen auch die Seite www.jobwaldviertel.at und ein erster Podcast der neuen Serie „Dein Ticket ins Waldviertel“ online abrufbar sein. Über die Homepage werden Informationen über freie Stellen und Wohnungen weitergegeben – und Beratung bzw. Unterstützung bei Fragen zum Thema angeboten.
Warum (zurück-)gekommen?
Der Podcast ist für Wurz ein Herzstück der Initiative: „Wir lassen alle 14 Tage Zurückgekehrte und Zugezogene ihre Geschichte und ihre Beweggründe für Beruf, Wohnen und Leben im Waldviertel erzählen.“ 30 Podcasts über je etwa 20 Minuten sollen eine große Bandbreite an Hintergründen und Berufen abdecken. Den Auftakt macht Bernadette Kitzler, die nach dem Studium als Projektleiterin medizinischer Kongresse weltweit im Einsatz war. Danach hat sie sich für eine Rückkehr ins Waldviertel entschieden, lebt nun mit ihrer Familie in Wei-ßenalbern und leitet seit 2019 das Kurhotel Bad Großpertholz.
Das Ende des Pendelns, das familiäre Netz etwa in Sachen Kinderbetreuung, die im Zuge der Pandemie aufgekommene Sehnsucht nach einem Leben außerhalb der hektischen und engen Ballungsräume – das seien starke Argumente für einen Rück- oder Zuzug, sagt Wurz.

Zuzug machte 2022 Wegzug & Geburtenbilanz wett
Statistisch geht es bereits aufwärts: In allen Waldviertler Bezirken gab es 2022 deutlich mehr Zuzug als Abwanderung, berichtet das Interkomm-Projekt „Wohnen im Waldviertel“ mit 60 Mitgliedsgemeinden aus dem jüngsten Material der Statistik Austria.
Diese Bilanz bliebe selbst unter Abzug der kriegsbedingten Zuwanderung aus der Ukraine positiv. Den besten Wanderungs-Saldo hatte der Bezirk Horn mit 552 mehr Zuzügen als Wegzügen vor Krems-Stadt und Krems-Land. Überall außer in Gmünd (-146) konnte der Zuzug die in allen unseren Bezirken negative Geburtenbilanz (mehr Todesfälle als Neugeborene) wettmachen. Insgesamt legte das Viertel 2022 um 804 bzw. 3,7 % Hauptwohnsitzer zu. Zuzug bleibe im Kampf gegen ein Schrumpfen der Bevölkerung wichtig, betont Interkomm-Obmann Martin Bruckner. Rückgänge hätten „verheerende Folgen“ für die Infrastruktur, „die wir nicht mehr erhalten könnten“, und für das „gesamte soziale Leben im Waldviertel“.