Schätze im Stift Seitenstetten entdeckt
Schätze im Stift Seitenstetten entdeckt. Das Stift Seitenstetten hütet wertvolle naturhistorische Sammlungen, die nun aufgearbeitet werden sollen.
Wurde das Naturhistorische Museum in Wien im Jahr 1889 eröffnet, so kann das Stift Seitenstetten auf ein nun wiederentdecktes Verzeichnis aus dem Jahr 1772 verweisen, das eine genaue Auflistung des Bestandes des Naturalienkabinettes zeigt, das unter Abt Dominik Gußmann angelegt und systematisiert worden ist. Er selbst hat die schon vorhandene Sammlung durch gezielte Zukäufe bereichert, es gab aber immer wieder auch Schenkungen, zum Beispiel von Altseitenstettnern.
Dienten die Sammlungen von Naturalien in der Barockzeit neben wissenschaftlichen Zwecken durchaus auch der Repräsentation von Kuriositäten in Wunderkammern, so war später auch mancher am Gymnasium unterrichtende Mönch wie die Patres Udiskalk Sigl oder Pius Strasser selbst als Sammler oder zumindest Präparator tätig, um Exponate aus der Zoologie oder Botanik im Unterricht verwenden zu können.
Seien es die im paläontologischen Kabinett aufgefundene Insektensammlung (200 Kästen mit je 50 – 100 Insekten) oder die Pflanzenfossilien, sei es die Kolibrisammlung oder die aus dem Nachlass von dem Kremsmünsterer Stifts- und Konviktsarzt Ignaz Sigismund Pötsch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts angekaufte Flechtensammlung, die als besonders wertvoll und umfangreich gilt, ob Muscheln, Korallen oder Schnecken – vieles gibt es noch aufzuarbeiten.
Der Stiftsarchivar Pater Benedikt Resch und der Seitenstettner Biologieprofessor Mathias Weis sind derzeit mit Wissenschaftern zwischen Wien und Salzburg sowie auch mit dem Landesmuseum Linz und dem Botanischen Institut Wien in engem Kontakt, um eine Bestandserfassung durchzuführen. „Wir wollen die Sammlungen ausfindig machen, diese katalogisieren, digitalisieren und auch konservieren und sichern.
Als längerfristiges Ziel schwebt uns freilich auch deren Präsentation vor“, weiß der Stiftsarchivar zu berichten und ergänzt: „Die Bestände sollen einschlägigen wissenschaftlichen Kreisen auch in Form einer Online-Datenbank zugängig gemacht werden.“
Bedeutendste Flechtensammlung
Gerade die Flechtensammlung, von der es im Stift wohl insgesamt zwischen 20.000 und 30.000 Herbarbelege gibt, sind von besonderer Bedeutung: Neben Fotos von diesen Belegen sollen die GPS-Daten, aber auch der Finder und das jeweilige Jahr ermittelt und festgehalten werden, was vor allem für die Klima- und Biodiversitätsforscher wichtig ist: „Wir erfahren, welche Pflanzen in der Zwischenzeit ausgestorben sind, wenngleich Flechten ja bis zu 100 Jahre alt werden können. Man kann zudem feststellen, welche Schadstoffbelastung vor 150 Jahren gegeben war, was in der Wissenschaft durchaus von Relevanz ist. Flechten sind hiermit die besten Bio-Indikatoren“, betont der Biologe Mathias Weis deren Bedeutung.
Gearbeitet wird wie schon von seinen Vorgängern – als letzter ist Pater Pius Zöttl zu nennen – im Laboratorium oder Herbarium. Bedeutsame Publikationen über die „Flora von Seitenstetten und Umgebung“ (Sigl) oder „Zur Flechtenflora Niederösterreichs“ (Strasser) sind schon in früherer Zeit erschienen. Das mineralogische Taschenbuch (1807) behauptet: „Die Benediktiner-Abtei Seitenstetten ist unter allen Stiften Niederösterreichs dasjenige, das für die Naturgeschichte das meiste getan hat. Die Wiederentdeckung dieses umfangreichen Museums lässt auf interessante Ergebnisse hoffen.“