Schwarz-Blau: Wurde zweites Nordwestbahn-Gleis vergessen?

Die Roten im Bezirk haben das Arbeitsübereinkommen der neuen schwarz-blauen Regierung im Land NÖ unter die Lupe genommen. „Haben ÖVP und FPÖ auf den zweigleisigen Ausbau der Nordwestbahnstrecke völlig vergessen?“, wurde Bezirkschef Stefan Hinterberger nach der Lektüre stutzig.
Im Kapitel „Verkehr“ sei der selektive zweigleisige Ausbau der Franz-Josefs-Bahn verankert. Sie soll durch eine Taktverdichtung attraktiver gemacht werden. Außerdem werde das Augenmerk auf den Einsatz qualitativ hochwertiger Garnituren und auf eine Modernisierung von Haltestellen gelegt. Hinterberger ist froh, dass dieses Vorhaben so konkret festgeschrieben worden ist. Selbiges hätte er sich aber auch für die Nordwestbahnstrecke zwischen Stockerau und Retz gewünscht. Denn dafür hatte er sich als SPÖ-Spitzenkandidat im Bezirk mit seiner Truppe starkgemacht.
Ein zweigleisiger Vollausbau ist machbar und sinnvoll, sei, wie berichtet, beim Austausch mit Fachleuten erörtert worden. Und bringe natürlich Vorteile für Pendler und die Region. Der Bezirk Hollabrunn würde als Standort aufgewertet werden.
Die Bezirks-SPÖ hat offenbar auf unser 2,3-Milliarden-Bahnpaket vergessen. Richard Hogl, Landtagsabgeordneter der ÖVP
„Dass offensichtlich weder vom ÖVP-Mandatar Richard Hogl noch vom neuen FPÖ-Abgeordneten Michael Sommer der Hinweis gekommen ist, dass der zweigleisige Ausbau der Nordwestbahnstrecke im Arbeitsübereinkommen festgeschrieben werden sollte, ist auf ganzer Linie enttäuschend“, findet Hinterberger. Er räumt aber ein, dass es natürlich möglich sei, dass die beiden das Thema zwar eingebracht, in ihren Reihen aber kein Gehör gefunden haben.
Richard Hogl schüttelt den Kopf über diese Vorwürfe: „Die Bezirks-SPÖ hat offenbar auf unser 2,3-Milliarden-Bahnpaket vergessen, das wir schon in der nun alten Periode auf den Weg gebracht haben.“ Darin sei sehr wohl der selektive zweigleisige Ausbau auf der Nordwestbahnstrecke vorgesehen. „Jedoch wird dieser erst nach dem Ausbau der Stammstrecke im Jahr 2027 starten, weil es vorher keinen Sinn macht“, erklärt der ÖVP-Bezirkschef.
FPÖ steht für Ausbau der Nordwestbahnstrecke
Bis dahin werde es entlang der Bestandsstrecke zahlreiche Modernisierungs- und Umbauarbeiten geben, versichert er im NÖN-Gespräch. „Bereits jetzt haben wir massive Probleme mit den Baustellen auf der Strecke, speziell im Sommer“, kennt Hogl die Beschwerden von Touristen und „Ausflüglern“, weil sie etwa nicht mit der Bahn und dem Fahrrad nach Retz kommen.
Michael Sommer, der in der Vorwoche als einer der jüngsten Abgeordneten im Landtag angelobt worden ist, betont: „Wir stehen als FPÖ im Bezirk Hollabrunn für den Ausbau der Nordwestbahnstrecke.“ Die Freiheitlichen hätten massive Verbesserungen geplant, „die auch über das Arbeitsübereinkommen hinausgehen“. Das habe sich bereits am Beispiel der ORF-Landesabgabe gezeigt, die nicht im Arbeitsübereinkommen zu finden sei und trotzdem „durch unsere Regierungsbeteiligung abgeschafft“ wurde.
FPÖ-Sommer verspricht: „Arbeiten an allen Fronten für Ausbau der Nordwestbahn“
Sommer verspricht: Als Hollabrunner Abgeordneter werde er sich jedenfalls für den Ausbau der Nordwestbahn einsetzen. Was sagt er zu Hinterbergers Vorwürfen? „Der Ausbau der Nordwestbahn war natürlich Thema im kompletten Segment Verkehr und ist in die Verhandlung eingebracht worden. Wir arbeiten an allen Fronten dafür.“ Jedoch seien nicht alle geplanten Verbesserungen im Arbeitspapier niedergeschrieben worden.
Udo Landbauer, Spitzenkandidat der Freiheitlichen, ist als Landeshauptfrau-Stellvertreter und für Verkehr zuständig. „Er wird sich für die Verbesserung der Verkehrsanbindungen in ganz Niederösterreich einsetzen, damit natürlich auch für die Nordwestbahn“, versichert Sommer.
Georg Ecker, Abgeordneter der Grünen, ist mit dem Kapitel Verkehr indes unglücklich: „Verkehrspolitisch ist dieses Regierungsprogramm leider eine Reise in die Vergangenheit – mit Fokus auf den Bau von Transitrouten und keinen Fortschritten beim Ausbau der Öffis“, teilte er sein Fazit auf NÖN-Nachfrage mit.
Unsere Bahnlinien sind das Rückgrad des Bezirks! Georg Ecker, Landtagsabgeordneter der Grünen
Er befürchte, dass es mit dieser Landesregierung nicht einfacher werde, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, „der gerade in unserem Bezirk so dringend notwendig ist“, voranzutreiben. Doch das wäre enorm wichtig, denn: „Unsere Bahnlinien sind das Rückgrat des Bezirks. Gerade auf der Nordwestbahn sind die Kapazitäten am Anschlag, Verspätungen nach wie vor an der Tagesordnung“, weiß Ecker. Daher wäre seiner Meinung nach ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Nordwestbahn auch im Koalitionsabkommen notwendig gewesen.
Vonseiten der schwarz-grünen Bundesregierung sei der Ausbauplan für die Nordwestbahn mit geplanter Finalisierung im Jahr 2032 weiterhin auf Schiene. Im Land gebe es ebenfalls einen aufrechten Beschluss, wo man sich zu den Investitionen bekennt. „Es ist jedoch bezeichnend, dass dieses Vorhaben nicht im Koalitionsabkommen verankert ist“, meint Ecker und verspricht: „Wir werden ganz genau darauf schauen, dass dieses Projekt nicht – wie in der Vergangenheit – von der neuen schwarz-blauen Landesregierung bekämpft wird.“