Johannes Kranner in Pension: „Endlich mehr Zeit für meine Aktivitäten“

Erstellt am 17. März 2023 | 09:00
Lesezeit: 5 Min
hol11-kranner
Willkommen in der Pension: Bürgermeister Stefan Lang freut sich, dass sein Freund Johannes Kranner nun mehr Zeit für die Stadt und seine Projekte hat. Die Retzer Windmühle und das Heimatmuseum liegen dem 65-Jährigen besonders am Herzen.
Foto: Franz Enzmann
Nach etwas mehr als 15 Jahren ging der Retzer Johannes Kranner mit 1. März als Horner Bezirkshauptmann in Pension. Mit der NÖN blickte er auf diese Zeit zurück, sprach über Höhen und Tiefen, und darüber, worauf er sich jetzt freut.
Werbung

Der frühere Retzer Kulturstadtrat Johannes Kranner möchte sich in der Pension vermehrt um seine Familie und um Kulturprojekte in seiner Geburts- und Heimatstadt kümmern, das „Tempo reduzieren“. „Meine dreijährige Enkelin nimmt mich jetzt schon gerne intensiv in Anspruch. Endlich habe ich mehr Zeit für meine sportlichen Aktivitäten, wie Radfahren und Tennis. Im Winter steht Skilanglauf auf dem Programm“, erzählt Kranner.

Im Abschiedsinterview mit dem Horner NÖN-Redakteur Thomas Weikertschläger sprach Kranner von gemischten Gefühlen, mit denen er den Ruhestand antritt: „Ich habe viele Menschen im Bezirk kennen und schätzen gelernt, die mich bei der Erfüllung meiner Aufgaben unterstützt und inspiriert haben.“ Viele fleißige und motivierte BH-Mitarbeiter seien mit ihm durch Höhen und Tiefen gegangen. Auch von den Gemeinden habe er stets großen Rückhalt gespürt.

Die nicht nur gesagte, sondern gelebte gute Zusammenarbeit mit den Einsatzorganisationen sei eine große Stütze und in ernsten Situationen „für mich auch sehr bewegend“ gewesen, so Kranner: „All das wird mir fehlen.“

„Corona war nicht die schwierigste Aufgabe“

Die Verantwortungslast fällt nun allerdings von ihm ab. Zur Corona-Pandemie meint der Retzer: „Sie war für mich persönlich nicht die schwierigste Herausforderung in meiner Berufslaufbahn, ist aber sicherlich bei den fordernsten Aufgaben einzureihen.“ Hauptprobleme seien die zeitlich äußerst späten gesetzlichen Vorgaben gewesen, die umzusetzen waren: „Da gehören etwa die Grenzschließungen mit Kontrollen dazu. Auch die abnehmende Akzeptanz der Maßnahmen durch die Bevölkerung, je länger die Pandemie andauerte, die Demonstrationen und vor allem der Frust von betroffenen Bürgern, der an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BH ausgelassen wurde, waren belastend.“

Gerne blickt Kranner auf die Landesausstellung gemeinsam mit dem Bezirk Waidhofen und Telč in Tschechien zurück. Einprägsam in den letzten 15 Jahren waren außerdem auch der Umbau und die Modernisierung der BH Horn, die Sanierung und Verwaltung zweier Landesstiftungen, die Bewältigung von Hochwasserereignissen 2009 und 2012 und sehr medienwirksame Verwaltungsfälle.

Versuchter Anschlag mit Bombe hat erschüttert

„Besonders erschüttert hat uns 2010 der Vorfall mit einer selbstgebastelten Bombe in der Sozialabteilung, der nur durch Zufall (Anm.: Erlöschen der Zündschnur) vereitelt worden ist“, erinnert sich Kranner. Die Borkenkäferplage und die Eisbruchsituation mit tagelangem Stromausfall werde er auch nicht vergessen. „Persönlich waren die Veranstaltungen im Kindergartenbereich sowie der Ausbau der Kindergärten für mich eine große Freude, ebenso wie viele Schulveranstaltungen.“

Kranner hob im Gespräch auch die zahlreichen engagierten Frauen und Männer in Vereinen, Initiativen und Projektgruppen hervor, die zu einer positiven Entwicklung im Bezirk beigetragen haben und beitragen. Und, so der Retzer: „Die Menschen in den Waldviertler Bezirken müssen vielfach viel mehr Strapazen und Anstrengungen auf sich nehmen, die anderen Menschen in den Ballungszentren erspart bleiben bzw. leichter zugänglich sind, etwa Arbeitsplätze.“ Diese Tatsache präge die Menschen in der Region, es gebe mehr Zusammenhalt und ein Heimatbewusstsein. „Die Menschen hier haben vor allem Handschlagqualität.“

Trend des Vernaderns hat sich verstärkt

Gar nicht erfreulich sei hingegen der Trend des anonymen Vernaderns. Dieser habe sich in der Pandemie noch verstärkt. Hier könne nur klargemacht werden, dass nicht alles machbar ist, was man sich wünscht. „Es gibt Gesetze und Richtlinien, die eine Behörde zu vollziehen hat und die nicht abänderbar sind.“

hol11-kranner2
Neo-Pensionist Johannes Kranner freut sich darauf, das Tempo reduzieren und mehr Zeit mit seiner Familie verbringen zu können.
Foto: Franz Enzmann

Als Privatperson werde man ihn noch bei dem einen oder anderen Anlass im Bezirk Horn antreffen, versichert Kranner, der noch bis Ende Juni 2023 Bezirksstellenleiter des Roten Kreuzes in Horn ist. Mit Ende Juni 2023 wird er Präsident des Rotary-Clubs Geras-Waldviertel, der insbesondere im Jugendaustausch beispielgebend ist.

Kranners Nachfolger als BH-Chef in Horn ist übrigens im Bezirk Hollabrunn kein Unbekannter: Stefan Grusch, 2017 von Hollabrunn nach Gmünd gemeldet, ist nun BH-Chef in seinem Heimatbezirk.

  • Zur Person Johannes Kranner:
  • Geboren am 13. Jänner 1958 in Retz, wohnhaft in Retz
  • Familie: verheiratet mit Gattin Maria-Luise (seit 1983); vier Kinder: Andreas, Stephan, Barbara und Magdalena
  • Hobbys, Interessen: Kultur in jeder Form; Mitgliedschaft und Mitarbeit im Rotary-Club Geras-Waldviertel
  • Ausbildung: Volksschule Retz, Unterstufe im Gymnasium Hollabrunn; Matura 1976 am heutigen BORG Krems (damals musisch-pädagogisches Realgymnasium - MuPäd); Studium der Rechtswissenschaften sowie Geschichte und Religion (Lehramt) an der Universität Wien; Abschluss: 1986; Gerichtsjahr in Retz und Korneuburg
  • Berufliche Stationen, Tätigkeiten:
  • 1987: Jurist in der Gewerbe-Sektion der Wirtschaftskammer (damals Handelskammer) Wien
  • 1989 Wechsel zum Land; Start bei der BH Wien-Umgebung
  • 1990 Wechsel in die Landesregierung, in der Wasserrechtsabteilung zuständig für die Bezirke Gänserndorf und Hollabrunn
  • 1994: Wechsel an die BH Hollabrunn
  • 1. März 1999 bis 16. Dezember 2001: Bezirkshauptmann-Stellvertreter in Horn
  • 17. Dezember 2001 bis 30. September 2005: BH-Stellvertreter in Hollabrunn
  • 1. Oktober 2005 bis 1. Februar 2006: interimistisch Leiter der BH Hollabrunn
  • 1. Dezember 2007: Amtsantritt als Bezirkshauptmann in Horn
Werbung