Apotheken-Urteil: Ort kämpft um Fairness

Erstellt am 01. Juli 2020 | 05:12
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Stirnrunzeln beim Bürgermeister:Manfred Nigl kämpft mit dem Gemeinderat um die Haus-apotheke bei Hausärztin Sandra Sprung.Enzmann
Foto: Franz
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Gemeinderat in Retzbach strebt Verfahren beim Verfassungsgerichtshof an.

Die Gemeinderäte von Retzbach wollen das Ergebnis des Landesverwaltungsgerichtshofs, welches die Führung einer Hausapotheke in Unterretzbach untersagt, mit einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof bekämpfen.

„Aus Sicht der Gemeinde ist es skandalös, dass einerseits bei der Beantragung der Hausapotheke schon ein fertiger Baubestand zur Entfernungsmessung vorhanden sein muss, und andererseits bei der Retzer Apotheke eine alleinige Genehmigung der Standortverlegung durch die Apothekerkammer am Papier genügt“, empört sich Ortschef Manfred Nigl.

Es könne von keiner Gleichberechtigung im Verfahren ausgegangen werden, meint Nigl. „Es können für eine Apotheke keine anderen Voraussetzungen gelten als für die ärztliche Hausapotheke.“

Unabhängig davon hat der Gemeinderat eine einstimmige Resolution über die Forderung nach Änderung des Apothekengesetzes beschlossen. Die Abgeordneten zum Nationalrat aller Parlamentsparteien werden aufgefordert, dieses so schnell wie möglich zu novellieren, um die Medikamentenversorgung vor Ort zu gewährleisten. Die bestehenden Schutzzonen um öffentliche Apotheken seien längst nicht mehr zeitgemäß, dies habe bereits vor Jahren die Bundeswettbewerbsbehörde aufgezeigt.

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In der Höfleinerstraße in Retzwird an einer Container-Apotheke gearbeitet.
Foto: Franz Enzmann

Die Schutzzonen sollen zugunsten eins patientenorientierten Nebeneinanders von öffentlichen und ärztlichen Apotheken weichen. „Wir fordern daher konkret eine Gesetzänderung, wonach ärztliche Hausapotheken in allen Einarztgemeinden ohne Einschränkungen ermöglicht werden“, heißt es im Resolutionstext.

„Speziell die ältere Bevölkerung sowie junge Familien brauchen neben der medizinischen Versorgung auch eine Medikamentenversorgung in unmittelbarer Nähe. Die Coronakrise hat dies deutlich bestätigt“, betont Nigl. „Ärztliche Hausapotheken mindern unnötige Wege und weniger Kontakte tragen maßgeblich zur Senkung des Infektionsrisikos bei.“

Die Retzbacher Hausärztin Sandra Sprung hatte bereits im Februar 2019 bei der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn um die Bewilligung zur Führung einer Hausapotheke in ihrer neuen Arztpraxis in der Seebauerstraße 1 angesucht. Die Entfernung zur Retzer Stadtapotheke am Hauptplatz 20 wurde mit exakt 6.071 Meter vermessen. Auch eine von der Apothekerkammer beantragte neuerliche Vermessung durch das Land NÖ ergab eine Entfernung von mehr als sechs Kilometern.

Von der BH erfolgte daraufhin die Bewilligung. Diesen Bescheid beeinspruchte jedoch die Retzer Apothekerin wegen ihrer Standortverlegung vom Hauptplatz in die Höfleinerstraße – und bekam recht.

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