Neue Offensive: Windkraft spaltet das Waldviertel

Erstellt am 13. Februar 2019 | 06:01
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Foto: NOEN
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Irnfritz lässt Pläne für Windpark auflegen. Bürgerinitiativen aus dem Waldviertel verstärken ihren Widerstand.

Heftig flammt derzeit wieder die Diskussion rund um die Windkraft im Waldviertel auf. Die IG Waldviertel startete eine neue Offensive. Für sie sind heimische Wälder als Standorte für die Errichtung von Windkraftanlagen ungeeignet. In der IG Waldviertel haben sich acht Bürgerinitiativen aus dem gesamten Waldviertel zusammen geschlossen.

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Michael „Jimmy“ Moser, von der IG Waldviertel.
Foto: MK, Klaus Rockenbauer

Unverständlich sei dass sich die im Waldviertel geplanten Windparks fast ausschließlich in Waldstandorten befinden, die seltene Tierarten beherbergen und „zu deren Schutz sich Österreich in internationalen Abkommen verpflichtet“ habe, sagt Sprecher Jimmy Moser. Ziehe man den Natur- und Artenschutz heran, dürfte im Waldviertel kein einziges Windparkprojekt umgesetzt werden. Dass die Genehmigungsverfahren dennoch vorangetrieben werden, sei ein „umweltpolitischer Skandal“, sagt Moser.

Neben der Gefährdung der Biodiversität führt die IG Waldviertel weitere ökologische Gründe (Wälder als Kohlenstoff-Speicher, Störung des Wasserhaushalts und Verminderung der Hochwasserschutzwirkung durch die Schaffung von Beton-Fundamenten, ...), aber auch ökonomische Gründe an, die gegen Windprojekte im Waldviertel sprechen. Denn: „Die geplanten Standorte befinden sich in windschwachen Regionen. Wenn man diese Standorte fördert, kommt das einer Verschwendung öffentlicher Gelder gleich“, sagt Moser. Als sinnvolle Alternative zu den Standorten im windarmen Waldviertel solle man auf das „Repowering“ – das Ersetzen veralteter Windkraftanlagen – in windstarken Gebieten etwa im Osten Niederösterreichs oder im Burgenland setzen. Dort könne ein Vielfaches der Strommenge mit weitaus geringerem finanziellem Aufwand erzeugt werden.

 Irnfritz: Nach „Aus“ 2014 neue Planung

 Bestätigt in ihrem Bemühen fühlt sich die IG Waldviertel durch eine Umfrage, die von der deutschen Wildtierstiftung beauftragt wurde. Die Studie zeige, dass eine Mehrheit von 80 Prozent der Bevölkerung gegen Windkraftanlagen in Waldstandorten sei. Eine Boku-Studie zu „Energie im Tourismus“ zeige zudem, dass Windkraft die am wenigsten geschätzte Quelle erneuerbarer Energie sei und als schädlich für den Tourismus eingeschätzt werde.

Die IG Windkraft führt indes andere Umfragen ins Treffen, die genau das Gegenteil behaupten. „Umfragen von anerkannten österreichischen Meinungsforschungsinstituten zeigen eines sehr deutlich: Die Zustimmung zur Windkraft hat in den letzten Jahren tendenziell zugenommen, auch im Waldviertel“, sagt IG Windkraft-Geschäftsführer Stefan Moidl. Seit 2011 lasse die IG Windkraft in regelmäßigen Abständen repräsentative Umfragen zur Akzeptanz der Windkraft in Österreich durchführen. Bei der aktuellen Umfrage befürworteten 87 Prozent der niederösterreichischen Bevölkerung den weiteren Ausbau der Windkraft, auch im Waldviertel.

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EVN-Pressesprecher Stefan Zach. Foto: Archiv/Martin Kalchhauser
Foto: Archiv/Martin Kalchhauser

Auch EVN-Pressesprecher Stefan Zach versteht die Aufregung seitens der IG Waldviertel nicht. „Windkraft und Wald schließen einander nicht zwangsläufig aus. Das zeigen viele Beispiele“, sagt Zach. Außerdem würden die Projekte seitens der Behörde in strengen Verfahren genauestens überprüft.

Die NÖN hat sich angeschaut, wie es um die im Bezirk Horn geplanten Windparks steht:

Windpark Irnfritz: Nachdem 2014 das „Aus“ für den geplanten Windpark am „Schauberg“ verkündet worden war, wurde es um die Windkraft in Irnfritz ruhig. Nun hat die Gemeinde aber im Dezember neue Gestattungsverträge für den Windpark am Schauberg und den Windpark bei Trabenreith mit der EVN abgeschlossen, wie Bürgermeister Hermann Gruber gegenüber der NÖN bestätigt. Es gelte nun, Verhandlungen mit den privaten Grundstückseigentümern zu führen und genaue Pläne auszuarbeiten. „Die Gemeinde ist der Windkraft gegenüber weiterhin positiv eingestellt“, so Gruber.

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Der Irnfritzer Bürgermeister Hermann Gruber.
Foto: NOEN

Windpark Sigmundsherberg: Hier plant die Windkraft Simonsfeld die Errichtung von sechs Windrädern mit insgesamt 20,4 MW. Laut Pressesprecher Winfried Dimmel will die Behörde aufgrund der veränderten Borkenkäfer-Situation eine weitere Prüfung durchführen, die UVP soll dann in der zweiten Jahreshälfte 2019 abgeschlossen sein.

Dementiert werden indes die Gerüchte, dass sich auch die Gemeinde Geras wieder intensiv um Windräder bemüht von Bürgermeister Johann Glück: „Ursprünglich gab es Überlegungen, aber derzeit ist da absolut nichts geplant“, so Glück zur NÖN. Wenn das Projekt in Sigmundsherberg umgesetzt werde und der Park in Betrieb gehe, dann könne man auch in Geras über Windräder nachdenken. „Bis es soweit ist, halten wir den Ball bezüglich Windkraft aber flach“, so Glück.

Windpark Japons: Im bestehenden Windpark Japons werden die sieben bestehenden Windräder durch vier neue, leistungsfähigere Windräder ersetzt. Laut EVN-Pressesprecher Stefan Zach kann mit diesen Windrädern die bisherige Leistungskraft beinahe verdoppelt werden. Statt bisher 6.000 können dann 10.000 Haushalte mit Ökostrom versorgt werden. Dieses „Repowering“-Projekt ist auch bereits genehmigt, es befindet sich dennoch derzeit in Warteschleife, weil noch das neue Ökostromgesetz abgewartet werden soll. Zach rechnet daher mit einer Umsetzung frühestens 2020/21.

Windpark Wild: Hier plant die EVN gemeinsam mit der in Pfaffenschlag ansässigen Firma W.E.B in den Gemeinden Brunn an der Wild (7 Windräder), Ludweis-Aigen (2) und Göpfritz (1) insgesamt zehn Windkraftanlagen mit einer Leistung von 35,7 Megawatt zu errichten. Hier soll laut Zach Ökostrom für 30.000 Haushalte produziert werden. Im Dezember 2018 wurden hier die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingereicht, derzeit läuft die Behördenprüfung.

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Bürgermeister Nikolaus Reisel will mit neu geschaffenen Bauplätzen neue Bürger nach Meiseldorf ziehen.
Foto: Thomas Weikertschläger

Windpark Meiseldorf: Hier sollen von EVN und W.E.B insgesamt sieben Windräder mit einer Kapazität von 23,1 MW errichtet werden. Hier gab es eine ornithologische Untersuchung wegen der Sichtung von Schwarzstörchen im Gebiet des geplanten Windparks. Bürgermeister Niko Reisel rechnet aber erst für Frühjahr oder Sommer mit einer Entscheidung, wie es im Projekt weitergehen soll. Derzeit beschäftige man sich am geplanten Standort in Kattau aus einem anderen Grund mit dem Thema „Kahlschlag“. „Wir kämpfen da intensiv mit der Borkenkäferproblematik“, so der Gemeindechef.