Windkraft: Wem soll man noch glauben?

Wem soll man beim Thema Windkraft noch glauben? Das war die zentrale Frage, die bei einem Vortrag samt Diskussion zum Thema Windkraft diskutiert wurde. Dabei wurde es zwar einigermaßen hitzig, die Diskussion verlief aber weitgehend fair. Das Horner Vereinshaus war mit rund 100 Gästen halbwegs gefüllt.
Eingeladen hatte die IG Waldviertel zu dieser Informationsveranstaltung, in der sie die Frage „Kommt das Waldviertler Wohlviertel jetzt unter die Windräder?“ in den Mittelpunkt rückte. Zunächst hielten Alfred Schmudermayer, Jimmy Moser und Manfred Maier kurze Vorträge, in denen sie gegen den ihrer Meinung nach nicht notwendigen und sinnvollen Ausbau der Windkraft im Waldviertel argumentierten. Der Bezirk Horn sei mit zehn Windkraftzonen der im Waldviertel am stärksten vom Ausbau der Windkraft betroffene.
Kritik an Gutachten, Politik und Medien
Die dabei vorgebrachten Argumente waren dann nicht neu. Wichtige Brutgebiete streng geschützter Vogelarten, Beeinträchtigung von Wildtierkorridoren, ökologische Bedenken gegenüber Standorten für Windkraftanlagen im Wald, Beeinträchtigung von Wandermöglichkeiten, Schattenwurf, Lärm und Einflüsse auf Immobilienpreise wurden angeführt.
Aus Sicht der IG sei der Ausbau der Windkraft auch aus einem anderen Grund nicht notwendig: Bereits seit 2015 erzeuge Niederösterreich seinen Stromverbrauch zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie. Durch die Windkraft gebe es schon jetzt eine zeitweilige Überproduktion von bis zu 190 Prozent. Daher sei der weitere Ausbau weder notwendig noch nachvollziehbar.
Ihr Fett abbekommen haben auch Windkraft Gutachter, die keine „strengen Prüfungen, sondern Scheingutachten“ erstellten, wie Maier anmerkte. Die Gutachter würden eine Beeinträchtigung durch knapp 250 Meter hohe Anlagen im Wald als nicht erheblich beurteilen. Um diese „wirklichkeitsfremden und rechtswidrigen Aussagen“ zu rechtfertigen, werden laut Maier jetzt die Gesetze geändert. Die Landespolitik wolle das Waldviertel opfern, um Gebiete wie Kamptal, Wachau, das Mostviertel oder die Wiener Alpen aus touristischen und politischen Gründen zu bevorzugen. Und die Menschen im Waldviertel seien laut Moser „zu schwach“, um dagegen etwas zu unternehmen. Mit Schuld daran – eh klar – die „bösen (lokalen) Medien“, die ohnehin nur schreiben, was ihnen von der Politik vorgegeben werde. Glauben könne man auch den lokalen Politikern nicht, die hinter dem von den Betreibern gezahlten Geld her seien.
Frage nach Fonds für Abbau der Anlagen
In der Diskussion gab es dann durchaus vernünftige Ansätze. So brachte ein Gast einen Fonds ins Spiel, in den Betreiber nach der Amortisation der Windanlagen einzahlen sollen, um den Abbau der Anlagen nach Ablauf deren Lebenszeit zu finanzieren, auch wenn die Betreiber bis dahin in Insolvenz geschlittert sein sollten. Denn dann würden laut IG Waldviertel die Grundeigentümer auf diesen Kosten sitzen bleiben, die die Einnahmen aus der Pacht bei weitem übersteigen würden. Auch die künftig vermutlich bessere Möglichkeit der Speicherung von durch Windkraft erzeugten Strom wurde ebenso wie Haftungsfragen bei etwaigen durch die Windräder verursachten Schäden angesprochen.
„Klimaschutz völlig unter den Tisch gekehrt“
Hitzig wurde es hingegen, als ein Besucher aus Japons ein im Vortrag verwendetes Bild, das einen im Windpark Japons von einer Windkraftanlage getöteten Mäusebussard zeigen soll, als „Lüge“ bezeichnete und verlangte, das Foto aus dem Vortrag zu entfernen. Der Vorwurf wurde von den IG-Vertretern vehement bestritten.
Dieter Schewig von den Grünen Horn griff dann das Thema „Glaubwürdigkeit“, das von der IG Betreibern, Medien und Politik abgesprochen wurde, auf. „Ihr fordert faire Kommunikation, stellt das Vorgehen der Betreiber infrage und teilt gegen sie aus, ladet sie zu dieser Veranstaltung aber nicht ein, damit sie Stellung nehmen können. Warum soll ich euch glauben?“, fragte er. Moser entgegnete, man habe im Bezirk 12.000 Haushalte – also auch sämtliche Bürgermeister der 20 Gemeinden – angeschrieben. Und, so Moser: „Wir haben die Betreiber nicht dezidiert eingeladen, weil der Informationsfluss von den Bürgermeistern zu ihnen eh funktioniert.“ Zudem habe es auch Veranstaltungen der Betreiber gegeben, bei denen die IG-Vertreter nicht zu Wort kommen durften.
Harte Kritik am Vortrag äußerte Otmar Schlager von der eKUT GmbH. Jeder einzelne gesprochene Satz sei zu hinterfragen. Der Umweltmanager monierte, dass das Thema Klimaschutz im Vortrag „völlig unter den Tisch gekehrt“ worden sei. So würde der Klimawandel ein Vielfaches zur Landschaftszerstörung und zum Rückgang der Artenvielfalt und gerade bei den angesprochenen Vögel-Populationen bewirken als Windkraftanlagen. „Nur so viel zur von ihnen geforderten seriösen und fairen Diskussion“, sagte Schlager.
Zudem verliere alleine der Bezirk Horn jährlich 100 Mio. Euro, weil Energie zugekauft werden müsse, die man hier selber produzieren könnte. Es gebe zu Energie- und Geldflüssen deutlich repräsentativere Grafiken als die im Vortrag verwendeten. Man müsse die Produktivität der Windkraft über ein gesamtes Jahr als Grundlage betrachten, und dürfe nicht beliebige Wochenstatistiken, die zu seiner Argumentation passen, hervorholen.
Schlager bot dann an, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und die Thematik „ohne Stimmungsmache“ zu besprechen. Eine Einladung, die seitens der IG Waldviertel-Vertreter in Erwägung gezogen wird.