Häusliche Gewalt im Bezirk Horn: Mehr Fälle, mehr Bewusstsein

Ordentlich zu tun hatte der Verein „Neustart“ im Jahr 2022 im Bezirk Horn. Rund 100 Personen wurden vom Verein, der seit 1957 in den Bereichen Straffälligenhilfe (Bewährungshilfe, Haftentlassenenhilfe), Opferhilfe und Prävention arbeitet, im Bezirk im Auftrag der Justiz in der Bewährungshilfe, Tatausgleich, elektronisch überwachtem Hausarrest, Vermittlung gemeinnütziger Leistungen oder im Auftrag der Polizei in der Gewaltpräventionsberatung betreut.
Laut Alexander Grohs, Leiter des Vereins „Neustart Niederösterreich“ gab es dabei den größten Anstieg an Fällen bei Gewalt in der Privatsphäre: „Oftmals wird häusliche Gewalt vor allem mit dem städtischen Raum in Verbindung gebracht – dies ist ein Trugschluss. Leider zieht sich diese Problematik durch sämtliche Regionen, auch im Bezirk Horn.“ Im Bezirk mussten 2022 21 Personen nach einem gegen sie ausgesprochenen Betretungs- und Annäherungsverbot eine sechsstündige verpflichtende Gewaltpräventionsberatung bei den Sozialarbeitern des Vereines absolvieren.
Nach einer Verhängung muss sich eine vom Betretungs- und Annäherungsverbot betroffene Person binnen fünf Tagen mit dem Verein in Verbindung setzen und binnen 14 Tagen zumindest einen ersten Termin absolvieren. Laut Grohs melden sich rund 70 Prozent der Betroffenen innerhalb der Frist, 90 Prozent der Zugewiesenen sind Männer. Wenn sich Personen nach der Verhängung Betretungs- und Annäherungsverbots nicht beim Verein melden, gibt es Konsequenzen. Die Sozialarbeiter verständigen die Sicherheitsbehörde, die dann eine Ladung veranlasst und über eine mögliche Verwaltungsstrafe entscheidet.
Grohs: „Sensibilität in der Bevölkerung gestiegen“
Wichtig sei, dass man sobald als möglich mit der Beratung beginnt, um das Zeitfenster nach einem Vorfall nutzen zu können, sagt Grohs. Ziele in den Gesprächen sind ein Gewaltstopp, die Verdeutlichung von Normen, Verantwortungsübernahme und die Motivation zur Verhaltensänderung. In Hochrisikofällen wird eine sicherheitspolizeiliche Fallkonferenz angeregt, bei der Polizei, Opferschutz, der Verein „Neustart“ und andere beteiligte Organisationen und Behörden im Sinne des Opferschutzes den Fall analysieren und weitere Handlungsschritte planen.
Laut Grohs zeigen die gestiegenen Zahlen aber nicht ausschließlich steigende Gewalt, sondern auch gestiegene Sensibilität in der Bevölkerung und bei Opfern, Schritte gegen diese Gewalt zu unternehmen, Grenzen zu setzen und Hilfe zu suchen. Wichtig sei hier auch das Vertrauen in die Polizei. „Wir nehmen hier im Rahmen der ausgezeichneten Zusammenarbeit ein großes Bestreben wahr, bei Vorfällen und Meldungen schnell und professionell durch geschulte Beamte im Sinne des Opferschutzes zu handeln“, sagt Grohs.

Wie wichtig die Zusammenarbeit im Hinblick auf die opferschutzorientierte Täterarbeit ist, unterstreicht die Polizei. Die Zusammenarbeit im Bereich Gewalt in der Privatsphäre sei von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung getragen, sagt Bezirkspolizeikommandantin Birgit Geitzenauer. Jede Organisation und deren Mitarbeiter seien sich ihrer Aufgabe und Funktion bewusst. „Unsere Kooperation ist vergleichbar mit dem Team eines Staffellaufes: Jedes Mitglied des Teams trägt zum gemeinschaftlichen Erfolg auf seine Art bei“, sagt Geiteznauer. Unter dem Strich zähle die Gesamtleistung, nämlich der Schutz von gefährdeten Personen.