Terrorverdächtiger (17) soll in Untersuchungshaft

Erstellt am 23. Jänner 2017 | 15:01
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Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, gab eine Pressekonferenz
Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, gab eine Pressekonferenz
Foto: APA
Die Staatsanwaltschaft hat für den am Freitag in Wien festgenommenen 17-jährigen Terrorverdächtigen Antrag auf Untersuchungshaft gestellt.
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Nach Ansicht der Behörde besteht Verdunkelungs- und Fluchtgefahr. Im Zuge der Ermittlungen gegen den 17-Jährigen wurde unterdessen laut dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, auch eine unmündige Kontaktperson einvernommen.

Über den in Deutschland festgenommenen möglichen Komplizen des 17-Jährigen wurde unterdessen Untersuchungshaft verhängt. Das sagte Frank Scheulen, Sprecher des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen, am Montag. Der in Neuss festgenommen 21-Jährige wurde bereits einvernommen. Zur Verantwortung des Beschuldigten äußerte sich Scheulen unter Hinweis auf laufende Ermittlungen nicht.

Dem Sprecher zufolge waren in der Nacht auf Freitag Hinweise aus Österreich gekommen, bei denen es um Kontakte des in Wien festgenommenen 17-Jährigen zu "Personen in Nordrhein-Westfalen" ging. "Konkret zu Personen in Neuss", präzisierte Scheulen. Diese Hinweise hätten sich bis Samstag verdichtet, und zwar in Richtung des 21-Jährigen.

Es wurde letztlich wegen Paragraf 89a des deutschen Strafgesetzbuches - "Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat" - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Auch erwirkten die Ermittler einen Durchsuchungsbeschluss unter Aufhebung der Nachtzeit. "Wir sind letztlich um 23.20 Uhr mit Spezialeinheiten in die Wohnung in Neuss eingedrungen", schilderte Scheulen die Aktion, die in der Nacht auf Sonntag durchgeführt wurde.

In der Wohnung befanden sich der 21-Jährige und seine Ehefrau. Die Polizisten nahmen beide vorläufig fest. Die Frau wurde nach einer Einvernahme wieder auf freien Fuß gesetzt, während die Staatsanwaltschaft Düsseldorf für ihren Mann einen Haftbefehl beantragte, aufgrund dessen der Verdächtige in Untersuchungshaft genommen wurde. "Für uns war das Wichtigste, dass wir die im Raum stehende Gefahrenlage beseitigt haben", betonte Scheulen.

Die Ermittler fanden in der Wohnung keinen Sprengstoff oder Waffen. Es wurden zahlreiche Datenträger und Speicher beschlagnahmt, "die nun gesichtet und ausgewertet werden müssen", sagte Scheulen. Ob Propaganda auf Papier oder Stoff - einschlägige Flaggen etwa - gefunden wurde, ließ der Polizeisprecher offen. Er machte unter Hinweis auf den Daten- und Persönlichkeitsschutz auch keine genaueren Angaben zur Person des 21-Jährigen.

Laut dem deutschen Innenministerium gab es zunächst keine Hinweise auf mögliche Verbindungen des in Neuss verhafteten Terrorverdächtigen zum Fall des Berliner Attentäters Anis Amri. Ein Sprecher von Innenminister Thomas de Maiziere sagte vor Medienvertretern in Berlin, zwar liege ihm kein minütlich aktualisierter Erkenntnisstand vor, zudem gehe es um zwei laufende Ermittlungsverfahren. Basierend auf den damit verbundenen Einschränkungen könne er aber von möglichen Zusammenhängen nicht berichten.

Laut Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) ist der am Freitag in Wien festgenommene Terrorverdächtige nicht harmlos. Er habe in den Vernehmungen zu Protokoll gegeben, dass er sich mit dem Terrornetzwerk "Islamischer Staat" (IS) beschäftigt und den IS "unterstützt hat", bestätigte Sobotka am Montag im Ö1-"Morgenjournal".

Es gebe keine "Verdächtigungen auf einen konkreten Anschlag", so Sobotka, der aber "zu konkreten Plänen heute noch nichts sagen" dürfe. Der 17-jährige mit "salafistischem Hintergrund" sei jedenfalls "nicht nur ein harmloser Tatverdächtiger", sondern verfüge über ein "richtiges Kommunikationsnetz", das überprüft werde. Das zeige auch, dass der Terrorverdächtige "dementsprechend ein Gewicht hat".

Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) sieht nach der Festnahme eines Terrorverdächtigen in Wien Handlungsbedarf in der Prävention. Man müsse ideologisch gegen die Basis des IS-Terrors ankämpfen, nämlich "gegen den politischen Islamismus", sagte Kurz am Rande eines Besuchs beim Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) am Montag auf Journalistenfragen.

Es gebe rund 300 Menschen, die sich aus Österreich auf den Weg gemacht hätten, um den IS-Terror zu unterstützen. "Sie sind ein massives Sicherheitsrisiko, wenn sie zu uns zurückkehren", betonte Kurz. Hinzu kämen noch mehr Menschen, die damit sympathisieren. Man müsse nicht nur militärisch gegen den IS-Terror ankämpfen und Polizei-Maßnahmen gegen Terroristen und Radikale in Österreich setzen, "sondern wir müssen auch noch viel mehr tun in der Prävention", erklärte der Minister.

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner hatte zuletzt auf ein umfangreiches Sicherheitspaket mit den bekannten ÖVP-Forderungen zu Asyl, Integration und Sicherheit als Teil des aktualisierten Regierungsprogrammes gepocht. Dazu zählt auch das seit Monaten verhandelte Integrationsgesetz mit einem Verbot von Vollverschleierung und der Koranverteilung durch Salafisten. Auf die Frage, ob es denn sinnvoll sei, ein Vollverschleierungsverbot als Sicherheitspaket zu verkaufen, betonte Kurz, ein solches Verbot wäre nicht nur eine Sicherheitsmaßnahme, sondern auch "ein klares Symbol, was in unserem Land Platz hat und was nicht".

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) reagierte auf die Forderung von Mitterlehner nach einem umfangreichen Sicherheitspaket ein wenig irritiert. Er erwarte sich, dass man Vorschläge intern diskutiert und "nicht über die Medien ausrichtet", kritisierte Doskozil am Montag bei einer Pressekonferenz anlässlich des Besuchs der Frundsbergkaserne in Vomp in Tirol. Vorschläge seien zu diskutieren, aber es gehe auch darum zu erörtern, was mit entsprechenden Maßnahmen passiere bzw. welche "kriminalpolizeilichen Effekte" diese haben, so der Doskozil.

Der von der ÖVP geforderten Halbierung der Asylobergrenze erteilte der Minister weiter eine Absage. Er sei klar für eine Reduzierung der Asylanträge zu haben, denn die Zahl sei "zu hoch", sagte der Verteidigungsminister zur APA. Es brauche aber "effektive Maßnahmen", die die Zahl wirklich reduzieren. Er sei nicht für eine Festlegung auf eine Zahl zu haben, die man dann nicht umsetzen könne. "Und ich will kein Containerdorf in Österreich haben", befürchtete der Minister mögliche negative Auswirkungen einer Halbierung der Obergrenze.

Die albanisch-islamische Kultusgemeinde (ALKIG) verurteilt unterdessen den angeblich geplanten Terroranschlag des 17-jährigen Tatverdächtigen. "Eine solche abscheuliche und unmenschliche Tat findet weder Rechtfertigung im Islam noch in anderen Religionen", hieß es am Montag in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

Der 17-Jährige soll sich laut Behördenangaben in einem radikalen albanisch-islamistischen Milieu bewegt haben. Basierend auf den Medienberichten über den Terrorverdächtigen ist man sich in der albanischen Kultusgemeinde aber sicher, "dass er nicht Teil unserer Moscheegemeinden war, was die Angelegenheit selbst nicht weniger schlimm macht". Man müsse sich aber eingestehen, "dass wir nicht alle albanisch-stämmigen Muslime Österreichs erreichen können". Man könne daher auch nicht für alle auftreten, hieß es weiter.

Zugleich dankte man den Sicherheitsbehörden für die Vereitelung eines möglichen Anschlags und bot die Zusammenarbeit an. "Wir sind bereit, kooperativ mit den Behörden zusammenzuarbeiten, falls Bedarf besteht und wir damit für ein friedliches Zusammenleben in Zukunft beitragen können."

Der Islam fordere von seinen Anhängern "Liebe, Weisheit, Menschlichkeit und gegenseitige Hilfe zu verbreiten und nicht Menschen zu töten, zu gefährden oder in Unsicherheit und Angst zu versetzen", betonte die albanische Kultusgemeinde. Zugleich stellte man klar, dass in albanischen Moscheen keine Radikalisierung stattfinde: "Die albanischen Moscheen haben eine unbefleckte Vergangenheit dank unserer Imame, die immer einen gemäßigten und in der hiesigen Gesellschaft eingebetteten Islam predigen."

Im Vordergrund stehe dabei Zusammenleben in Vielfalt. Dazu wolle man auch in Zukunft beitragen und die Gesetze sowie die Verfassung der Republik Österreich achten und für einen gemäßigten Islam eintreten. "Daher fordern wir als albanisch-islamische Institution in Österreich alle Mitbürger der österreichischen Gesellschaft, zu der ebenso ethnische Albaner und Mitbürger anderer ethnischer Zugehörigkeit sowie Muslime wie Nichtmuslime gehören, zum gemeinsamen Auftreten gegen Terror auf."