„Wilde“ Klosterneuburger Gemeinderätin: (Aus)Schuss ins Knie?

In den Gemeinderatssitzungen werden Beschlüsse gefasst. Vorbereitet werden sie aber in den verschiedenen Ausschüssen, deren Mitgliederanzahl nach dem Ergebnis der Gemeinderatswahl von den Parteien bestimmt werden. Zusätzlich kann jede Fraktion einen Zuhörer entsenden. So steht es in der Gemeindeordnung. Sie erlaubt auch, dass nach Gemeinderatsbeschluss Sachverständige und Auskunftspersonen zugezogen werden.
Aber was geschieht mit einem Mandatar, der keiner Partei angehört? Sie sind im Prinzip nicht berechtigt, an den Ausschusssitzungen teilzunehmen. Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager hat aber genau diesen Paragrafen der Gemeindeordnung bedient, um die fraktionslosen Gemeinderäte auch an den Ausschüssen teilhaben zu lassen. Diese Ausnahme ist aber rechtlich sehr umstritten, weil es sich bei den „wilden“ Gemeinderäten ja nicht um Sachverständige handelt und sie auch keine Auskunftspersonen sind. Trotzdem ist diese Ausnahmeregelung in Klosterneuburg Usus geworden, obwohl es nun schon zum zweiten Mal erhebliche Probleme damit gibt.
„Ich vermute ein Racheakt der Grünen, weil ich aus der Fraktion gegangen bin.“ Regina Doppelhofer Fraktionslose Gemeinderätin
Obwohl das, was in den Ausschüssen passiert, dem Amtsgeheimnis unterliegt, und nichts davon an die Öffentlichkeit geraten darf, fühlt sich die „wilde“ Gemeinderäten Regina Doppelhofer, die früher der Grünen Fraktion angehörte, dermaßen schlecht behandelt, dass sie sich über die NÖN an die Öffentlichkeit wendet: „Gehe in keine Ausschüsse mehr.“

Sie habe am 14. Februar den Wirtschaftausschuss, den Verwaltungsausschuss und den Rechtsausschuss besucht. „Gleich beim ersten Ausschuss von Stadtrat Christoph Kaufmann konfrontierte mich der Grüne Wimmer mit den Worten: Nur damit Du weißt, ich werde heute den Antrag stellen, dass Du vor die Türe des Ausschusses gehen musst“, beschwert sich Doppelhofer.
Nach der Gemeindeordnung wäre dies zwar eine korrekte Vorgangsweise. Aber: „Jetzt nach 1,5 Jahren diese Vorgangsweise einzufordern, wirkt schon sehr befremdlich“, so Doppelhofer weiter. Im Rechtsausschuss sei ihr „dasselbe Spiel von Wimmer“ widerfahren.
Doppelhofer: „Ich bin seit drei Jahren im Gemeinderat und bin vor 1,5 Jahren aus der Grünen Fraktion aufgrund persönlicher Missstimmungen ausgetreten.“ Im Dezember 2021 hätte sie Bürgermeister Schmuckenschlager noch dazu ermuntert, weiterhin an den Ausschüssen teilzunehmen. Warum jetzt auf einmal, aufgrund des Verlangens von Wimmer solche Parameter aufgestellt werden? Zufall oder Absicht? Die „wilde“ Gemeinderätin wähnt dahinter Schikane und Absicht: „Ich vermute ein Racheakt des Grünen, weil ich aus der Fraktion gegangen bin. Ich sehe mich leider nicht mehr im Stande, unter diesen Bedingungen meine Arbeit in den Ausschüssen fortzusetzen.“
„Ich bin völlig überrascht und kann das auch überhaupt nicht nachvollziehen“, so die Antwort von Sepp Wimmer. Er habe der Kollegin Doppelhofer im Ausschuss mehrmals seine Wertschätzung ausgesprochen und sich positiv über ihre Teilnahme geäußert. Des Weiteren sei ihr zugesichert worden, dass sich die Mehrheit der Ausschussmitglieder bei der Abstimmung für ihre Teilnahme am Ausschuss aussprechen werde. „Das war dann auch so. Als nach der Abstimmung Stadtamtsdirektor Duscher sie in den Ausschuss bitten wollte, war sie leider schon nach Hause gegangen“, so Wimmer.
Schon dass sich Doppelhofer mit ihrem Anliegen an die Öffentlichkeit wendet, ist für Wimmer in zweifacher Hinsicht problematisch. Einmal, weil sie damit die Verschwiegenheitspflicht gebrochen habe, was wahrscheinlich Sanktionen mit sich führen werde. Zweitens, weil sie den anderen fraktionslosen Gemeinderäten und dem Bürgermeister damit Probleme bereite.

Wimmer: „Rechtlich war das sehr umstritten und wird in Zukunft so sicher nicht mehr möglich sein.“ Den Vorwurf des Racheaktes schließt Wimmer kategorisch aus: „Es ist völlig unbestritten, dass Personen während einer Abstimmung über ihre Person den Raum verlassen müssen.“
Er könne da auch bei ehemaligen Grünen keine Ausnahme machen. Das sei er seinem in über 25 Jahren erarbeiteten untadeligen Ruf geschuldet. Abschließend bedauert Wimmer, dass Kollegin Doppelhofer so große Probleme mit der Rechtsordnung im Gemeinderat hätte. Es sei in Österreich gängige Rechtsnorm, dass Personen über die abgestimmt wird, oder in irgendeiner Weise mit dem zum Beschluss anstehenden Tagesordnungspunkt involviert sind, bei der Diskussion darüber und der Abstimmungen den Raum verlassen müssten. Für Wimmer ist die Fortsetzung der Teilnahme fraktionsloser Gemeinderäte an den Ausschusssitzungen nicht mehr vorstellbar: „Die bisherige Regelung kann man nicht mehr weiterführen.“
Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager will aber an der praktizierten Regelung festhalten. Im konkreten Fall hätte er aber seine Zweifel: „Die Idee der Beteiligungen von ‚wilden‘ Gemeinderäten dient zur Einbindung dieser und ihrer Ideen. Dafür dürfte es aber im aktuellen Fall am gegenseitigen Vertrauen mangeln.“ Im Streit zwischen der ehemaligen Gemeinderätin der Grünen und dem Fraktionsführer der Partei sei es wichtig, zwei Ebenen zu trennen. Persönliche Zerwürfnisse könnten in der Politik immer vorkommen. Hier sei man als Außenstehender gut beraten, nicht involviert zu werden.
Die Teilnahme an Ausschusssitzungen sei eine rechtliche Angelegenheit. Selbst wenn dies manchmal schwer zu trennen sei: „So kann eine externe Person – wilde Gemeinderäte zählen als solche – nur an diesen Sitzungen teilnehmen, wenn darüber Einvernehmen mit dem Vorsitzenden und der Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses herrscht.“