Klosterneuburg Kollersteig: Ende einer Bau-Groteske?

Diese Geschichte gehört zu den kuriosesten Baukonflikten, die Klosterneuburg je erlebt hat – und derer gibt es in der Stadt viele. Als das „Schwebende Haus“ in die Annalen der Bauchronik der Stadt eingegangen, war es das Ansinnen eines Bauwerbers am Kollersteig 135, durch raffinierte Auslegung der Bauordnung aus einer Gartenhütte im Grünland ein komfortables Wohnhaus zu schaffen. Das stieß bei der Stadtgemeinde auf Widerstand und sie erließ einen Abbruchbescheid. Jetzt ist letztinstanzlich aber ein für alle überraschendes Urteil des Landesverwaltungsgerichts verkündet worden: Alles ist rechtens!
Am Kollersteig stand eine alte Holzhütte. Keine 50 Quadratmeter groß. Es ist im Flächenwidmungsplan als „Erhaltenswertes Gebäude im Grünland“, als sogenanntes „GEB“ gewidmet. Mit dieser Widmung konnten auch im Grünland gebaute Häuschen bestehen bleiben. Voraussetzung dafür war und ist, dass die wesentlichen Gebäudemerkmale des Altbestandes erhalten bleiben, und eine bauliche oberirdische Erweiterung 16 Quadratmeter nicht überschreitet. Zusätzlich darf zur Instandsetzung jene Bausubstanz ausgetauscht werden, deren Erhaltung technisch nicht möglich oder unwirtschaftlich wäre. Der Austausch der Bausubstanz darf jedoch nicht die Dimension eines Neubaus erreichen.
Mich konnte die Begründung des Landesverwaltungsgerichtes für die Aufhebung des Bescheides nicht überzeugen.“ Josef Pitschko, Voritzender Rechtsausschuss, FPÖ
Am Kollersteig passierte dann im Laufe der Bautätigkeit Sonderliches: Wie die NÖN ausführlich berichtete, wurde an nämlicher Adresse das Gebäude halbiert, dann auf Stelzen gestellt, der Hang darunter abgetragen und ein Keller mit Panoramafenstern betoniert, der nahezu das Vierfache der Größe des ursprünglichen Gebäudes misst. Danach wurde die verbleibende Hälfte des Altbestandes auf die Decke gestellt, später Teile der Holzhütte in den Neubau, von außen nicht sichtbar, integriert. Das wäre auch noch gesetzeskonform, nach Rechtsmeinung der Stadtgemeinde sind dabei aber die „wesentlichen Gebäudemerkmale des Altbestandes“ nicht erhalten geblieben. Die Stadtgemeinde erließ einen Abbruchbescheid.
Jetzt ist dieser Bauakt geschlossen, denn das Landesverwaltungsgericht hat ein Urteil gefällt, und ist der Meinung, dass das Projekt sehrwohl im Rahmen der erteilten Baubewilligung ausgeführt wurde. Im Wesentlichen stützt sich dieses Urteil auf die Ansicht, dem Anspruch des Erhalts wesentlicher Bauteile des Altbestands sei genüge getan, und auf den Vorwurf fehlerhaften Vorgehens der Klosterneuburger Baubehörde.
„Mich konnte die Begründung des Landesverwaltungsgerichtes für die Aufhebung des Bescheides nicht überzeugen“, so der Vorsitzende des Rechtsausschusses der Stadtgemeinde, Josef Pitschko (FPÖ). Die Stadtgemeinde hätte in den letzten Jahren bei durchschnittlich ungefähr 85 Prozent der beim Landesverwaltungsgericht oder beim Verwaltungsgerichtshof bekämpften Stadtratsbescheide recht bekommen.
Stadtrat Stefan Hehberger (PUK), Aufdecker dieser Bau-Groteske, zeigt sich mit dem vorläufigen Schlussergebnis äußerst unzufrieden: „Der Lauf dieser Geschichte begann mit einer vermeintlich harmlosen Planungs-Ausschusssitzung im Jahr 2014. Mit einem Grundstück in steiler Hanglage, das vor vielen Jahren Bauland war, aber von der Stadtgemeinde vor Jahrzehnten in Grünland zurück gewidmet wurde.“
Hehberger ruft ein von der Stadtgemeinde in Auftrag gegebenes Gutachten in Erinnerung, das ausführlich auf mehr als 20 Seiten ausführte, dass ein so geplantes Bauvorhaben in dieser Randlage mit direktem Berührungspunkt zum Wienerwald höchst problematisch sei. Hehberger: „Damit sollten der Verwaltung eigentlich genügend Werkzeuge und Argumente an die Hand gelegt worden sein, um negativ zu entscheiden. An dieser Stelle des Bauvorhabens hätte jeder vernünftige Bürgermeister einen Schlussstrich ziehen müssen. Wenn eine halbe Holzhütte ohne Fundamentierung freischwebend, nur gestützt durch Deckenabstützungen und Eisenteile dasteht und alles Erdreich metertief unter der Hütte abgegraben wurde, dann erlischt nach meinem Verständnis jede Nutzungs- und Widmungsart des Gebäudes. Kraftschlüssig und dauerhaft mit dem Boden verbunden ist da nichts mehr.“
Der Wille des Gesetzes ist hier sicher nicht erfüllt. Danach soll das Grünland geschützt werden und ich sehe hier eine Umgehung dieses Willens. Peter Hofbauer, Gemeinderat, Liste Peter Hofbauer
Was nach den schwer nachvollziehbaren Entscheidungen zur Umwidmung auf ein GEB im Jahr 2014, dem eigenartigen Entscheidungsprozess für einen – ja eigentlich für drei positive Baubescheide der Stadtgemeinde, einem viel zu späten Kontrollverfahren samt mangelhafter Beweissicherung, keiner Novellierung der NÖ Bauordnung in Bezug auf Geländeveränderungen und dem Ausbau von Kellergeschossen bei Bestands-GEB’s, bleibe, ist für Hehberger nicht absehbar. Was für Klosterneuburg bleibt: „Auf jeden Fall ein Image-Schaden. Das Hin- und Hergezerre wäre am Anfang leicht zu vermeiden gewesen. Und selbst nach dem Bau hat die ÖVP/NEOS geführte Stadtpolitik alle Möglichkeiten versäumt, dass so ein Fall bei einem GEB mit Bestandskeller nicht nochmals realisiert wird.“
Der Kämpfer Peter Hofbauer (Liste Peter Hofbauer) will und kann da nicht aufgeben: „Der Wille des Gesetzes ist hier sicher nicht erfüllt. Danach soll das Grünland geschützt werden und ich sehe hier eine Umgehung dieses Willens. Ich erwäge, in dieser Sache den Staatsanwalt einzuschalten.“ Es handle sich hierbei um einen Präzedenzfall, in dessen Folge im Grünland weiter so gebaut werden könne, wie es in diesem Fall kurioser Weise geschehen ist.
Für die Stadtgemeinde Klosterneuburg scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein. Sie dürfte in dieser Angelegenheit noch einige Pfeile im Köcher haben.
