Wildschweine profitieren vom Klimawandel

Erstellt am 18. September 2023 | 11:00
Lesezeit: 4 Min
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Foto: Shutterstock-Neil Burton, Shutterstock-Neil Burton
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Wärmere Winter, heiße Sommer: Die Rekordtemperaturen gehen auch am Wild nicht spurlos vorüber.

Die Rekordtemperaturen der vergangenen Wochen waren nicht für die Menschen, sondern auch für die Natur und die Tiere eine große Herausforderung. Bezirksjägermeister Andreas Arbesser erklärt im NÖN-Gespräch die Auswirkungen der lang anhaltenden Hitze auf das Verhalten der Wildtiere und welche Maßnahmen das Waidmannswesen unternimmt, um das Wild in dieser Zeit zu unterstützen.

Bei langanhaltenden Dürreperioden sei es notwendig, Wasserstellen nachzufüllen und Feuchtbiotope im Jagdrevier vor dem Austrocknen zu bewahren. Davon profitiert vor allem das Niederwild wie Fasan und Rebhuhn. Laut Arbesser ist es wiederum für den Feldhasen notwendig, nach dem Dreschen Futterrüben auszulegen.

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Die langen Hitzeperioden wirken sich auch auf das Wild aus, erklärt Bezirksjägermeister Andreas Arbesser.
Foto: privat

Die trockenen Temperaturen führen zu einer Veränderung der Aktivitätszeiten von Wildtieren, erläutert der Bezirksjägermeister. Die Hitze stört ihren natürlichen Rhythmus und sie werden erst später in der Nacht aktiv. Das führt dazu, dass Wildunfälle vermehrt zwischen zwei und drei Uhr morgens gemeldet werden. „Das liegt aber auch daran, dass sich Wildtiere eher auf wenig befahrene Straßen begeben. Der Verkehr ist um diese Uhrzeit zwar geringer, aber immer noch präsent“, fügt Arbesser hinzu.

Menschen im Wald: Tiere finden immer schwerer Ruhe

Die zunehmende Ausbreitung des Menschen übt zusätzlichen Druck auf die Wildtiere aus. Der sich ausbreitende Tourismus und die Freizeitgestaltung in der freien Natur erschweren es den Tieren, Ruhe und Erholung zu finden. Der Bezirksjägermeister erklärt: „Uns ist wichtig, dass der Mensch das Wild und dessen Bedarf auf einen eigenen Lebensraum akzeptiert und respektiert.“ Gerade in der Zeit der Corona-Pandemie hätten sich diese Grenzen verschoben, erinnert er: Immer mehr Leute hätten sich abseits der Wege, egal ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad, bewegt. Arbesser zieht einen Vergleich: „Angenommen man sitzt abends zuhause im Wohnzimmer - vor dem Fernseher beispielsweise. Da wäre es einem ebenso unangenehm, würde sich die ganze Zeit jemand durchs Zimmer bewegen, von dem man sich bedroht fühlt.“

Mittlerweile gibt es jedoch verschiedenste Maßnahmen, um neue Deckungsräume für das Wild zu schaffen. „Jedes Stück Land, an dem eine sogenannte Biotopverbesserung stattfindet, nützt dem Wild. Beispielsweise gibt es bestimmte, vom Landesjagdverband geförderte Pflanzaktionen. Größer angelegte Blühstreifen bieten wiederum eine gute Rückzugsmöglichkeit für Hasen und anderes Niederwild. In diesem Fall gehen Umweltschutz und Jagdwesen Hand in Hand, so Arbesser.

Wärmere Winter: Bachen bringen mehr Frischlinge durch

Das Wildschwein profitiert von den steigenden Temperaturen. Das Schwarzwild, wie man es in der Jägersprache nennt, hat keine natürlichen Feinde und die wärmeren Winter ermöglichen es den Bachen, mehr Frischlinge durchzubringen. „Und eine Bache kann sechs bis acht Frischlinge heranziehen! Sie sind irrsinnig anpassungsfähig, intelligent und wissen den massiven Maisanbau in der Region zu nutzen. Sie zählen zu den Gewinnern des Klimawandels, man spürt, dass sie mehr werden“, berichtet der Bezirksjägermeister. In Zeiten des Klimawandels müssten auch die Auswirkungen von Wetterextremen bei der Jagd berücksichtigt werden. So können größere Hagelkörner zur tödlichen Gefahr für Niederwild wie Hasen oder Fasane werden.

In Anbetracht der veränderten Umstände für das Jagdwesen fasst der Bezirksjägermeister zusammen: „Die Jagd steht natürlich im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Wichtig ist, dass der Jäger versucht, den Lebensraum mitzugestalten und letztendlich über die Tätigkeit der Jagd aufklärt. Wie in jedem Bereich gibt es auch hier schwarze Schafe, das muss man nicht beschönigen. Der wichtige Punkt ist, dass Projekte wie Blühstreifen nicht nur der Jagd, sondern auch der übrigen Natur - von verschiedensten Vogel- bis Insektenarten - zugutekommen.“