Angeklagter besuchte zur Läuterung das KZ Mauthausen

Erstellt am 19. Mai 2023 | 06:00
Lesezeit: 3 Min
Gedenkstätte Mauthausen
Nachdem er nazi-verharmlosende Bilder versandte, wurde ein 22-Jähriger wegen des Verbotsgesetzes angeklagt. Daraufhin besuchte der junge Mann die Gedenkstätte Mauthausen, um seine Wissenslücken aufzufüllen.
Foto: Architekt Neumayer
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Selbst der Richter war über die Initiative des Mannes vor dem Prozess überrascht.

Zwischen dem 29. Juli 2021 und dem 29. Mai letzten Jahres versandte ein bis dahin unbescholtener 22-Jähriger aus Gerasdorf insgesamt vier Fotos und eine Nachricht, die gegen das Verbotsgesetz verstießen und den Nationalsozialismus verharmlosen würden. Das warf ihm Staatsanwalt Christoph Zechner bei seinem Eröffnungsplädoyer vor dem Schwurgericht am Landesgericht Korneuburg vor. Und der 22-Jährige erklärte sich voll umfänglich geständig.

„Die Unwissenheit ist ein Nährboden“ für diese Art Taten, wandte Verteidiger Johannes Wolf ein. Sein Mandant sei „einfach strukturiert“ und hätte „viel zu wenig nachgedacht“, was die Taten natürlich keineswegs entschuldige. Die „Dummheit“ als Motiv bestätigte der junge Mann bei seiner Befragung durch den vorsitzenden Richter Rainer Klebermaß. In seiner Schule, einer Neuen Mittelschule, sei im Unterricht nicht viel Wert auf diese Zeit der Geschichte gelegt worden und somit habe er zum Tatzeitpunkt „ganz wenig gewusst“ von den Grausamkeiten der Nazis.

„Was man dort spürt, ist nur Kälte“

Er sei aber inzwischen nach Mauthausen gefahren, um sich zu informieren und selbst ein Bild zu machen. Wer ihm dazu geraten habe, wollte Klebermaß wissen - und jeder im Saal war sich insgeheim sicher, die Antwort auf die Frage zu kennen: „Mein Anwalt.“ Es war jedoch die Mutter, die ihren Sohn auf diese Bildungsreise schickte, als sie von der Anklage erfahren hatte. Offenbar hat der Besuch in der ehemaligen „Tötungsstation“ die Augen des Burschen geöffnet: „Was man dort spürt, ist nur Kälte.“

Mit dieser Eigeninitiative des 22-Jährigen beeindruckte er auch Staatsanwalt und den dreiköpfigen Richtersenat nachhaltig. Dass sich ein „Nazi-Poster“ schon vor Prozessbeginn mit seinen Taten auf diese Weise auseinandersetzt, sei ihm neu, so Zechner, aber natürlich sehr positiv. Auch für den vorsitzenden Richter war das eine Premiere: „Das ist das erste Mal, dass ein Angeklagter von sich aus nach Mauthausen fährt.“

Das Ergebnis war zwar ein klar zu fällender Schuldspruch der acht Geschworenen, aber da er die Taten noch vor Vollendung es 21. Lebensjahr begangen habe, und dadurch vor dem Gesetz als junger Erwachsener gilt, womit auch eine Herabsetzung des Strafmaßes einhergeht, kam er mit der Mindeststrafe von sechs Monaten bedingter Freiheitsstrafe rechtskräftig davon. Jedoch schwebt noch eine weitere Anklage wegen Drogendelikten als Damoklesschwert über dem 22-Jährigen.