"Eine schlechte Zeit für Bauern"

Etwas mehr als ein Jahr ist es her, seit die Milchquote gefallen ist. Wie sich die Lage im Bezirk entwickelt hat, wollte die NÖN nun wissen. „Die Milch wird mehr und der Preis sinkt“, so Bezirkslandwirtschaftskammer-Obmann Reinhold Mader. Es seien deshalb aber nicht mehr Betriebe, die aufhören oder auf andere Produkte umsatteln als vor dem Fall der Milchquote. Es gibt Absatzschwierigkeiten, das wirkt sich auf den Preis aus. „Das Russland-Embargo und der chinesische Markt machen den Bauern zu schaffen. Es ist eine schlechte Zeit für Bauern“, sagt Mader. Derzeit bekommen die Bauern 27 Cent pro Liter ohne Mehrwertsteuer. Schon mit acht Cent mehr wäre den Bauern geholfen, ist Mader überzeugt.
„Der Freigabe gebe ich ein halbes Jahr, dann ist der Preis tot.“
Kommen gesehen hat das Johannes Hollaus von der IG Milch. Im Vorjahr hatte er gesagt: „Der Freigabe gebe ich ein halbes Jahr, dann ist der Preis tot.“ „Wir können nichts machen. Der Preis geht monatlich runter“, so Hollaus. Es sei eine große wirtschaftliche Herausforderung für die Bauern. Auf das propagierte „Wachsen oder Weichen“ hat Hollaus nichts gegeben und den Betrieb weiter mit der Familie geführt. „Probleme haben jetzt besonders die Betriebe, die investiert und vergrößert haben. Bei uns im Bezirk sind es viele Familienbetriebe, die halten das länger durch“, weiß Hollaus. Verdienen könne man nichts mehr mit der Milch, es sei gerade so viel, um die Fixkosten zu decken.
„Die Bauern sollen einfach weitermelken, schließlich ist zu Tode gefürchtet auch gestorben“, so sah die Situation Leopold Gruber-Doberer, Geschäftsführer der Milchgenossenschaft NÖM, im Vorjahr. Auch heute steht er noch zu seiner Aussage und erklärt: „Schließlich habe ich nicht gesagt, dass die Bauern um zehn Prozent mehr melken sollen.“ Er ist aber, wie auch Hollaus davon überzeugt, dass Familienbetriebe die Situation besser überstehen werden. „Wer Personal bezahlen muss, hat bei diesen Milchpreisen ein Problem“, sagt Gruber-Doberer. Auswege aus der Situation gibt es seiner Meinung nach zwei: die Einführung einer europaweiten Mengenbeschränkung oder ein Umdenken in der Gesellschaft. „Die Beschränkung wäre ein Schritt zurück zu den Wurzeln und dafür braucht man in Europa Mehrheiten. Wir produzieren in Österreich zwei Prozent der Gesamtmilchmenge. Wir beeinflussen den Markt nicht“, erklärt Gruber-Doberer. In Österreich habe man sich immer gegen die Abschaffung der Quote ausgesprochen.
„Das geht mir schon nahe, dass ein Lebensmittel nichts kosten darf und für Handys ohne zu zögern 600 Euro bezahlt werden.“ Leopold Gruber-Doberer, Milchgenossenschaft NÖ
„Zu dem Mengenproblem kommt auch noch ein moralisches Problem. Lebensmittel haben keinen Wert mehr“, so Gruber-Doberer. Schließlich gehe es auch um die Anerkennung der Bauernschaft in der Gesellschaft. Der Geschäftsführer der Milchgenossenschaft betont: „Das geht mir schon nahe, dass ein Lebensmittel nichts kosten darf und für Handys ohne zu zögern 600 Euro bezahlt werden.“ Aber die Konsumenten könnten mit dem Griff ins Regal ihren Bauern helfen, damit die Landschaft weiter so bestehen bleibt, wie wir sie kennen. Dem stimmt auch Reinhold Mader zu: „Man kann nur an die Konsumenten zugehen und ihnen erklären, dass mit der Bewirtschaftung auch die Landschaft gepflegt wird und sie mehr auf Heimisches und Regionalität setzen sollen.“ Die prekäre Situation der Bauern wirke sich auch auf die Wirtschaft aus. „Wenn der Bauer Geld verdient, kauft er auch etwas und kurbelt damit die Wirtschaft durch Zubauten oder Maschinenkäufe an“, weiß Mader.
Weniger Probleme als bei der konventionellen Produktion gibt es bei der Bio-Milch. „Sie hat einen höheren Produktwert, allerdings auch einen höheren Aufwand und geringeren Ertrag. Derzeit gibt es in diesem Bereich keinen Überschuss“, berichtet Mader. Er ist aber auch sonst positiv gestimmt und hofft, dass das Tief bald überwunden sei, denn: „Schließlich geht es auch immer wieder hinauf, diese Hoffnung verliere ich nicht.“