„Es war ein Drei-Tages-Ausflug in die Spitzenpolitik“

„Innerhalb kürzester Zeit ging es von Null auf 100“, berichtet Nikolaus Kowall. Politisch aktiv ist der 40-Jährige schon lange -angefangen hat er damit, dass er Schulsprecher des Gymnasiums Lilienfeld war. Doch die mediale Aufmerksamkeit, die ihm entgegenschlug, als er seine Kandidatur für die Führung der Bundes-SPÖ bekannt gab, beschreibt er als überwältigend. „Mir ist klar geworden, wenn man so etwas will, muss man mental bereits einiges gewohnt sein“, sagt Kowall. Ein Zwischenschritt sei nötig, er sei ja zuvor keine Person des öffentlichen Lebens gewesen. Und plötzlich klingelte das Handy beinahe am laufenden Band, seine Mailbox wurde voller und voller - eine Explosion an Aufmerksamkeit.
Ursprünglich stammt Kowall aus Hainfeld - der Stadt, in welcher die SPÖ 1889 gegründet wurde. Er war 1999 Schulsprecher des Gymnasiums Lilienfeld, später der erste rote AHS-Landesschulsprecher. Als er mit 19 nach Wien zog, war er also schon einige Jahre politisch aktiv. Der Anlass dafür, sich auch in der Bundeshauptstadt politisch zu engagieren, war seine Enttäuschung in die 2007 geformte Regierung unter Alfred Gusenbauer (SPÖ). „Er hat seine Wahlversprechen gebrochen, was die Eurofighter und die Studiengebühren angeht. Ich war damals VWL-Student, und es hat mich geärgert, dass die Wirtschafts- und Sozialpolitik der sieben Jahre langen schwarz-blauen Regierung nicht richtig korrigiert wurde“, sagt Kowall. So ließ er seine SPÖ-Mitgliedschaft aus Hainfeld nach Wien überschreiben. Er gründete die Sektion Acht, eine SPÖ-Ortsgruppe im Bezirk Alsergrund.
Ausflug zurück zu den Wurzeln
Am Wochenende reist Kowall wieder nach Hainfeld: „Dann trinke ich endlich wieder ein Bier mit den alten Freunden“, erzählt er. Etwa zwei Mal pro Jahr macht er einen Ausflug in die alte Heimat. In der Corona-Zeit verbrachte Kowall neun Wochen in Hainfeld. Seit rund 20 Jahren ist er schon „Großstadtbewohner“. Die Zeit „daheim“ ist ein willkommener Kontrast: „Wenn ich nach Hainfeld komme, zu meinen alten Freunden, dann geht es nicht darum, zu prahlen mit dem, was man erreicht hat. Die kennen bereits jeden Fehler an dir, und jede Stärke - mit ihnen ist es immer unglaublich locker und unkompliziert.“
Platz gemacht für Babler
Seine Kandidatur zum Bundes-Chef der SPÖ zog er zurück, weil Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler die seinige bekannt gab. Denn von vorneherein stand für ihn fest, dass er nur antreten werde, wenn sich keine gewichtigere Alternative zu Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil finden würde, wie er auch auf den sozialen Medien verkündete. „Es war ein Drei-Tages-Ausflug in die Spitzenpolitik. Es war sehr aufregend, aber ich bin jetzt auch erleichtert, dass es vorbei ist“, sagt Kowall. Als Bezirksfunktionär bleibt er, neben seiner Tätigkeit als Professor für Internationale Makroökonomie an der Hochschule für Wirtschaft, Management und Finance des BFI in Wien, weiterhin tätig. Ob er einen weiteren „Ausflug in die Spitzenpolitik“ plant? „Nicht bald“, lacht Kowall - immerhin hätte er in den 72 Stunden als Kandidat insgesamt nur etwa 12 Stunden Schlaf bekommen. Doch für unmöglich hält er es nicht.