Wie ein Duell der Gegensätze zum Derby wurde

Erstellt am 18. September 2023 | 06:00
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Zuletzt trafen Wiener Neustadt (Attila Kovacs, l.) und Ortmann (Zoltan Szorad, r.) in der Saison 2003/04 in einem Pflichtspiel auf einander.
Foto: Mathias Schranz
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Ortmann gegen Wiener Neustädter SC: Das Prestigeduell im Süden feiert nach fast zwei Jahrzehnten sein Comeback. Die NÖN widmet dem Schlager am Samstag eine eigene Serie. Bis zum Matchtag gibt es Daten und Fakten, Gespräche mit Legenden beider Vereine und natürlich einen Ausblick aufs Match. In Teil eins: Warum ist das überhaupt ein Derby?

7.127. So viele Tage liegen zwischen dem letzten Derby Wiener Neustadt gegen Ortmann am 19. März 2004 und dem nächsten am Samstag. Derby? Warum ist das ein Derby? Für jemanden, der nicht im Bezirk Wiener Neustadt mit Fußball sozialisiert wurde, schwer nachzuvollziehen.

Kaum ein Bezirksverein ist von der Statutarstadt Wiener Neustadt so weit entfernt wie Ortmann. Aber genau das macht auch einen Teil des Reizes aus. Der große Stadtverein gegen die graue Maus aus dem Piestingtal. Stadt fordert Land. Es ist ein Duell der Gegensätze - zumindest geographisch.

Emotionale Duelle in den 1950er und 1960er

Denn genauso wie in Wiener Neustadt spielte auch im Piestingtal die Industrie Anfang des 20. Jahrhunderts eine große Rolle. Ortmann profitierte von der Pernitzer Papierfabrik. Eine Wiese am Betriebsgelände „Ortmann“ war die erste Heimstätte des Vereins, der mittlerweile seine Heimspiele im Waidmannsfeldner Ortsteil Neusiedl austrägt.

In den Nachkriegsjahren marschierte Ortmann von der 1. Klasse bis in die Staatsliga B (2. Liga) durch. 1953/54 und 1958/59 forderten die Piestingtaler dort auch den stolzen Wiener Neustädter SC. Der ehemalige Amateurstaatsmeister war für Vereine aus dem Bezirk Wiener Neustadt-Land in dieser Zeit eigentlich unantastbar.

Nach drei Minuten habe ich gewusst, warum es ein Derby ist.“ SC-Trainer Thomas Flögel nach einem Testspiel gegen Ortmann im Sommer 2019.

1962/63 spielte der SC nach dem Abstieg aus der Staatsliga in der Regionalliga Ost (damals zweithöchste Spielklasse) erneut gegen Ortmann. Die Piestingtaler feierten im Herbst vor 2.200 Zuschauern einen emotionalen 2:1-Heimsieg. Spätestens damit war eine echte „Rivalry“ geboren. Das änderte aber nichts daran, dass der SC am Saisonende in die Staatsliga zurückkehrte und 37 Jahre nicht mehr gegen Ortmann spielte. Von 2000 bis 2004 trafen die beiden in der Landesliga aufeinander. Der SC-Abstieg beendete die Derby-Geschichte bis heute.

Die Aufeinandertreffen sind also rar gesät, auch das macht den Reiz aus. In der jüngeren Vergangenheit gab es noch drei Test-Derbys, vor allem das erste im Sommer 2019 war richtig emotional. Das merkte damals auch Thomas Flögel. Der Wiener war gerade Trainer des damaligen Regionalligisten Wiener Neustadt geworden und bestritt sein erstes Vorbereitungsspiel gegen Ortmann. "Warum sagen alle, dass das ein Derby ist?“, fragte er vor Anpfiff, um nach dem 4:1-Sieg zu konsternieren: „Nach drei Minuten habe ich gewusst, warum es ein Derby ist.“ So kann man es auf den Punkt bringen.