Vorzugsstimmenwahlkampf: Bezirksbäuerin siegt gegen Melker Stadtchef

Es kam durchaus überraschend als im vergangenen Sommer Wirtschaftsbund-Obfrau Silvia Rupp, NÖABB-Obmann Gottfried Haubenberger und JVP-Obmann Maximilian Strobl mit Melks Bürgermeister Patrick Strobl einen gemeinsamen Kandidaten für die bevorstehende Landtagswahl präsentierten. Düpiert wurde dabei nicht nur die eigene Bezirkspartei, die vom Vorgehen überrascht war, sondern auch der Bauernbund, der bisher mit Karl Moser den Landtagsabgeordneten stellte. Der Bauernbund reagierte und nominierte Bezirksbäuerin Silke Dammerer als eigene Spitzenkandidatin. Das Ziel des Dreier-Bündnisses war klar: Alles tun, um Dammerer, und damit ein Bauernbund-Mitglied, als Mandatar zu verhindern.
Ein knappes halbes Jahr später kann der Bauernbund triumphierend von einer Wahlschlappe für die anderen Bünde sprechen. Mit 4.177 Stimmen holte Dammerer fast doppelt so viele Vorzugsstimmen wie Patrick Strobl (2.123), womit Dammerer die Nachfolge des Langzeitabgeordneten Karl Moser antritt.
Die gebürtige Oberösterreicherin Dammerer kam vor 22 Jahren der Liebe wegen nach Ybbs, 2007 übernahm sie mit ihrem Ehemann Josef, dessen elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb. Kämpferqualität bewies die 41-Jährige bereits in ihrer Jugend. Als Wildwasser-Kanutin schaffte sie es in ihrer Jugend sogar ins Nationalteam. An die Zeit damals erinnerte sie sich auch am vergangenen Wahlsonntag: „1998 bin ich bei der Junioren-WM in Lofer am Start gestanden. Dieses mulmige, aber aufregende Gefühl ist wieder zurück.“
Dammerer streckt Hand zur Zusammenarbeit aus
Bei der Entscheidung zur Kandidatur setzte Dammerer ebenso alles auf eine Karte. Sie kündigte ihren Job, um sich voll dem Wahlkampf zu widmen. Politische Erfahrung sammelte sie davor als AK-Kammerrätin in den 2010er-Jahren sowie als Ybbser Gemeinderätin seit Herbst 2021. Seit 2019 ist Dammerer zudem Bezirksbäuerin, davor war sie knapp zehn Jahre Gebietsbäuerin. „Ich glaube, diese breite Erfahrung hat mitgeholfen, dass ich für eine breite Basis wählbar war. Ich bin nicht nur Bäuerin, gehe selbst arbeiten und bin ehrenamtlich engagiert“, bedankt sich Dammerer bei ihren Wählern. Um die aktuellen Querelen in der Bezirkspartei zu besänftigen, will sie allen weiterhin die Hand entgegenstrecken: „Ich bin zwar vom Bauernbund aufgestellt worden, aber ich bin eine ÖVPlerin und für alle Bürgermeister und Bürger da. “
So recht akzeptieren wollen das Ergebnis aber noch nicht alle in der Partei. Durch die Platzierung als Erster erhält Strobl eine höhere Wahlzahl und damit mehr Punkte, womit einige das Mandat für Strobl fordern. Gelingen wird das nicht, hat die ÖVP doch in ihren Statuten festgelegt, dass jede Stimme gleich viel zählt. Indes kündigen einige Funktionäre abseits des Bauernbundes auch Widerstand in der kommenden Bezirksvorstandssitzung an.
Sportlich sieht die Situation Bauernbund-Obmann Leopold Gruber-Doberer: „Wir haben in einer demokratischen Situation zwei Kandidaten ins Rennen geschickt. Der Wähler hat entschieden, alles andere sind Befindlichkeiten.“ Er zeigt sich aber stolz auf das Ergebnis für Silke Dammerer. „Es hat ,Alle gegen den Bauernbund‘ geheißen und unsere Kandidatin hat den Wettbewerb für sich entschieden. Der Dank gilt allen unseren Funktionären“, sagt Gruber-Doberer.
ÖVP-Bezirkschef Georg Strasser spricht indes von einem friedlichen Wahlkampf zwischen den Kandidaten. An den aktuellen Diskussionen will er sich nicht beteiligen, er betont aber: „Dammerer ist von ihrem Lebenslauf so breit aufgestellt, dass sie nicht nur die Marke Bauernbund trägt, sie ist Mutter, Gemeinderätin, sie ist Wirtschaftstreibende und ÖAAB-Mitglied und auch Bäuerin. Diese Eigenschaften sind Markenzeichen für viele Bäuerinnen und Bauern in ganz Österreich.“
Als fairer Verlierer gibt sich Strobl. Er gratuliert der künftigen Landtagsabgeordneten und wünscht ihr für die kommenden Herausforderungen alles Gute. „Ich habe von Anfang an gesagt, ein Vorzugsstimmensystem ist das fairste System und jede Entscheidung des Wählers ist zu akzeptieren. Ich möchte mich aber bei meinen Wählern bedanken“, sagt Strobl.