Ybbser Verkehrskonzept: Mehr Platz für Menschen und weniger für Pkw

Mit einer Zustandsanalyse im Jahr 2021 gestartet, wurde in der Ybbser Stadthalle vor wenigen Tagen das lang erwartete Verkehrskonzept präsentiert. „Das neue Verkehrskonzept beinhaltet Ziele mit Maßnahmencharakter. Es ist ein Leitbild zur Weiterentwicklung“, betont SPÖ-Bürgermeisterin Ulrike Schachner. Verantwortlich für die Erstellung war ÖVP-Verkehrsstadtrat Gert Kratzer. Für ihn ist das Verkehrskonzept aber keine „reine Straßenplanung“, sondern „Grundlage für weitere Schritte“, die etwa auch den Fuß- und Radverkehr beinhalten. „Es braucht mehr Platz für die Menschen und weniger Platz für Pkw. Wir haben derzeit ein Blechchaos in der Stadt“, stellt Kratzer klar.
In der Analyse wurden zehn Kfz-Querschnittszählungen sowie drei Knotenstromzählungen durchgeführt. Wie sieht das Verkehrskonzept aber im Detail aus?
Handlungsfelder Kfz-Verkehr. Laut Verkehrszählung fahren aktuell rund 1.000 Lkw pro Tag durch das Stadtgebiet. Insgesamt fuhren im Zeitraum der Messung etwa im Bereich B25/Bahnhofstraße 14.143 Fahrzeuge, knapp 8,2 Prozent davon entfallen auf Lkw. Beinahe gleich ist der Lkw-Anteil im Bereich B25/Erlauftalstraße mit 8,8 Prozent bei knapp 11.335 Kfz-Zählungen. Mit Abstand am höchsten war der Lkw-Anteil im Bereich Unterauer Straße mit 16,3 Prozent – bei 3.300 Fahrzeugen. Als mögliche Veränderungen sehen die Konzeptersteller von Snizek+Partner aus Wien eine Adaptierung der Einbahnregelung mit Ausnahme des Radverkehrs, Kfz-Fahrverbote aber auch eine Begegnungszone im Zentrum. Angedacht ist ein etwaiger Ring um das Schulzentrum samt Einbahnsystem. „Wir müssen den Pkw-Verkehr aus der Herrengasse sowie dem Kirchenplatz raus bekommen“, meint Kratzer.
Die anwesenden Bürger ärgerten aber vor allem die fehlenden Maßnahmen gegen vermeintliche Lkw-Mautflüchtlinge und das stetig steigende Lkw-Verkehrsaufkommen. Laut Kratzer sind allerdings „nur“ zehn Prozent der Lkw sogenannte Mautflüchtlinge. „Die Behörde hat gesagt, sie wartet auf unser Konzept, dann wird nach Möglichkeiten gesucht“, meint Kratzer. Klar ist, eine Veränderung wird nur in Abstimmung mit dem Land NÖ als Landesstraßenbetreiber möglich sein.
Handlungsfelder Parkplätze. Die Parkplatzsituation in Ybbs führt gerade in der Innenstadt bereits seit Jahren immer wieder zu heißen Diskussionen. Zwar gibt es eine Kurzparkzone, wirklich kontrolliert wird diese aber selten. Die Parkraumerhebung von Snizek+Partner hat dabei bei fast allen Parkflächen rund um die Innenstadt eine Vollauslastung festgestellt. Betroffen davon sind etwa die Parkplätze Kaiser-Josef-Platz, bei der Polizeischule, Rossmarkt, Lange Gasse, Hauptplatz oder die Herrengasse. Die höchste Auslastung, gemessen Mitte Jänner dieses Jahres, liegt dabei in den Morgenstunden.
Um das Problem in den Griff zu bekommen, will man vermehrt auf den öffentlichen Verkehr setzen. „Wenn ich in Ybbs überall mit dem öffentlichen Verkehrsmittel hinkomme, kann ich vielleicht auf das Auto verzichten“, schildert Kratzer. Ein Umstand, der Zorn bei einem anwesenden Ybbser auslöste: „Man kann in Ybbs nicht den Individualverkehr abtöten. Das kann man in Wien machen, von dort kommen auch diese Ideen. Wir bringen in Ybbs nicht einmal Kleinigkeiten zusammen und reden hier vom großen Wurf.“ Der ebenso anwesende Karl Dorfmeister erinnert in der Diskussion aber auch daran, dass manche Probleme schon gelöst werden würden, wenn man die Gegebenheiten der Straßenverkehrsordnung einhalten würde. Als mögliche Alternative für die Parkplatznot in der Innenstadt steht aber weiterhin auch eine Parkgarage am Oberleitner-Parkplatz zur Diskussion. Ebenso ein Modell der „grünen Zone“ wie in Melk.
Handlungsfelder Öffentlicher Verkehr. Die Fahrgastzahlen der defizitären Stadtbuslinien liegen an Schultagen aktuell bei 1.360 Fahrgästen. Insgesamt nutzen in einer Schulwoche 6.800 Fahrgäste das Angebot, im gesamten Jahr zählen die Verkehrsbetriebe 287.570 Fahrgäste – im Schnitt knapp 790 Nutzerinnen und Nutzer pro Tag. Um das System nutzerfreundlicher zu gestalten, regen die Verkehrsplaner eine Verdichtung der Linie 2, die bisher nur an Schultagen ohne Taktung fährt, an. Hier soll eine verbesserte ganztägige Anbindung rund um das Neubaugebiet Unterauer Straße deutlich mehr Fahrgäste bringen.
Handlungsfelder Radverkehr. Dank Donau- und Ybbstalradweg verfügt die Stadt über optimale Freizeitradwege, ausbaufähig ist allerdings die Si-tuation beim Alltagsradeln. Als erster Handlungsansatz – die Umsetzung soll laut Kratzer so bald als möglich erfolgen – werden alle Einbahnen für Radfahrende geöffnet.
Da aktuell sämtliche Rad-abstellanlagen in der Stadt ohne Überdachung auskommen, soll auch hier nachgebessert werden. Kritik gibt es von den Verkehrsplanern auch daran, dass wesentliche Ziele wie der Busbahnhof, die Stadthalle oder die HTL über keine Radabstellplätze verfügen. Bei der HAK/ HASCH gibt es allerdings 24 Stellplätze. Die Konzeptersteller sehen hier Handlungsspielraum in der Anschaffung von ausreichenden Radabstellanlagen. Verbesserungswürdig ist aktuell auch die Querungsmöglichkeit der B25. Hier gibt es aktuell keine Möglichkeit, wodurch eine Unterführung bei der Neuplanung des Bürgerspitalplatzes angedacht werden sollte.
Handlungsfelder Fußverkehr. Wie bei den Radfahrern, fehlt es auch bei den Fußgehern über mehr sichere Querungsmöglichkeiten über die B25. Gerade die Situation beim Busbahnhof wird hier als hohes Sicherheitsrisiko vonseiten der Bürger angeführt. Als Beispiel für Verbesserungen regt das Konzept Begegnungszonen, aber auch möglichst breite Gehwege an.
Wie geht es jetzt weiter? Bereits bei der Präsentation in der Stadthalle kritisierten Bürger fehlende Maßnahmen für die künftige Gestaltung. Verkehrsstadtrat Kratzer weist gegenüber der NÖN nochmal darauf hin, dass es sich beim Konzept um eine Handlungsanleitung für die kommenden Jahre handelt. „Manches, wie etwa die Einbahnenöffnung, kann man rasch umsetzen, anderes wird nur mit den richtigen Partnern, wie etwa dem Land Niederösterreich, funktionieren“, betont Kratzer.
