Causa Jungbunzlauer: Lässt sich der Werksbau noch verhindern? „Ja!“

Erstellt am 11. Juni 2023 | 07:15
Lesezeit: 5 Min
Werkspläne Jungbunzlauer Bergern, Bezirk Melk
Im September 2018 präsentierte die Firma Jungbunzlauer erstmals ein 3D-Modell der geplanten Zitronensäurefabrik, welche auf Gebieten von Zelking-Matzleinsdorf und Leiben errichtet werden soll. Die entsprechende Fläche erstreckt sich auf rund 32 Hektar.
Foto: Grafik: Jungbunzlauer
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Kommt die Zitronensäurefabrik – oder nicht? Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes steht noch aus. Die Firma richtete bereits die Baustelle ein, die Projektgegner sind indes überzeugt, die Pläne Jungbunzlauers noch zu Fall zu bringen.

Es ist eine Causa, die einen wirklich langen Atem erfordert: 2017 wurden die Pläne der Firma Jungbunzlauer im Bezirk Melk (Zelking-Matzleinsdorf, Leiben) erstmals laut, seither ist viel passiert.

Die Kurzfassung: Zweimal bekamen die Werkspläne – eine Zitronensäurefabrik mit der geplanten Produktionskapazität von 50.000 Tonnen – bereits grünes Licht, im Dezember 2020 von der UVP-Behörde des Landes, im November 2021 vom Bundesverwaltungsgericht. Seit Ende August 2022 ist dazu ein Revisionsverfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig. Der Verwaltungsgerichtshof hat – über die außerordentliche Revision der Bürgerinitiative der Projektgegner, der „Ritter der Au“ – gegen die Entscheidung zugunsten Jungbunzlauers des Bundesverwaltungsgerichts ein Vorverfahren eingeleitet. Ein Ergebnis liegt aktuell noch nicht vor – und wann damit zu rechnen ist, könne man laut einer Sprecherin des Verwaltungsgerichtshofes aktuell auch nicht sagen. Also: Warten ist – bzw. bleibt – angesagt.

Seit der Vorbereitung vor Ort ist es ruhig geworden

Während sich die Projektgegner für das Ergebnis rüsten, ist es um die Firma Jungbunzlauer – nach der „Baustelleneinrichtung“ vor Ort in Bergern – still geworden. Auf der eigens für das Projekt in Bergern erstellten Website ist der „jüngste“ Eintrag vom 20. Januar 2022. Wohl auch aufgrund der Funkstille und der langen Verfahren machen immer wieder Gerüchte die Runde, dass Jungbunzlauer von den Werksplänen abrücke. Eine NÖN-Anfrage dazu und zum aktuellen Stand des Unternehmens zum Projekt blieb bis zum Redaktionsschluss jedenfalls unbeantwortet.

Die „Ritter der Au“ zeigen sich indes gesprächiger. Die Bürgerinitiative sei „nach wie vor aktiv, sowohl in der Kommunikation mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern als auch in der Vereinsarbeit“, sagt Anwalt Wolfgang List, seit 2018 ist er die Rechtsvertretung der Projektgegner.

Naturgemäß beobachtet die Initiative ganz genau, was auf dem Aufeld in Bergern passiert. „Die Bauarbeiten sind seit April 2022 ruhend. Und das, obwohl bereits mehrfach die Errichtung der Anlage angekündigt wurde. Augenscheinlich wartet man seitens Jungbunzlauers die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ab“, mutmaßt er. List rechne damit, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben wird . „Es wurde – entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – keine mündliche Verhandlung durchgeführt. Dies stellt unseres Erachtens nach einen Verfahrensmangel dar“, verweist er darauf, dass genau aus diesem Grund zuletzt eine Entscheidung aufgehoben wurde. Die „Ritter der Au“ blicken also, so List, optimistisch in die Zukunft. „Und beabsichtigen in einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht endlich rechtliches Gehör zu erlangen“, fügt er hinzu.

Ob List nach wie vor davon ausgeht, den Werksbau verhindern zu können? Auch trotz der Tatsache, dass bislang alle Verfahren zugunsten Jungbunzlauers ausfielen? „Ja“, sagt der Anwalt. Das Fehlen der mündlichen Verhandlung werde die Entscheidung des Bundeverwaltungsgerichtes zu Fall bringen, ist er überzeugt.

„Umweltschutz ist auch Menschenschutz“

„Die 'Ritter der Au' sind in ihrer Beschwerde mit eigenen fachlichen Gutachten den Gutachten der Behörde entgegengetreten und haben aufgezeigt, dass nicht überprüfte Luftemissionen, Geruchsbelästigungen und Lärmbelästigungen vorliegen“, verweist er auf ein „Gutachten eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen“. Der gesamte Fachbereich „Luftreinhaltung“ sei etwa „in vielen Punkten durch unschlüssige Gutachten und Daten nicht überprüfbar“. „Es geht hier um den Umweltschutz und Umweltschutz ist auch Menschenschutz, weshalb wir auf eine zeitnahe Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hoffen“, schließt List ab.

Die Causa Jungbunzlauer im Schnelldurchlauf

Oktober 2017. Gerüchte um eine Firmenansiedlung Jungbunzlauers machen erstmals die Runde. Bei einem Info-Event bewahrheiten sich diese: Eine Zitronensäurefabrik soll auf dem Gebiet der Gemeinden Zelking-Matzleinsdorf und Leiben errichtet werden. Die Bürgerinitiative „Ritter der Au“ formieren sich, der Rechtsvertreter der Projektgegner wird Wolfgang List.

August 2019. Das Land NÖ ordnet eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) an.

Im Oktober 2020 folgt die mündliche Erörterung dazu.

Kurz vor dem Jahreswechsel gibt das Land Niederösterreich grünes Licht für das Projekt – und über 300 Auflagen bei der Umsetzung vor. Beschwerden von neun Beschwerdeführern zum Baubescheid langen daraufhin beim Bundesverwaltungsgericht ein.

November 2021. Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts haben – nach acht Monaten, in denen geprüft wurde – entschieden: Bis auf wenige Änderungen im Bescheid spricht laut ihrem Urteil nichts gegen die Projektumsetzung.

Dezember 2021. Die nächste „Beschwerdewelle“ folgt: Die „Ritter der Au “ und die Stadtgemeinde Melk erheben Einspruch, der Verfassungsgerichtshof beschäftigt sich nun damit.

März 2022. Der Verfassungsgerichtshof weist die Beschwerde aus Melk zurück.

Ende August 2022. Der Verwaltungsgerichtshof hat – über die außerordentliche Revision der Bürgerinitiative der Projektgegner, der „Ritter der Au“ – gegen die Entscheidung zugunsten Jungbunzlauers des Bundesverwaltungsgerichts ein Vorverfahren eingeleitet. Das Ergebnis steht noch aus.