Schmuggler-Bande: Viele Drogen, viele G'schichteln

Erstellt am 11. März 2023 | 07:15
Lesezeit: 5 Min
Kokain
Mehr als 50 Kilo Kokain stehen unter anderem auf der angeklagten Liste der Bande.
Foto: Gina Sanders
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Fünf Angeklagte, ein Tatzeitraum, der sich über fast acht Jahre erstreckte und eine Menge an harten Drogen, die in dieser Zeit geschmuggelt wurden: "Suchtgifthandel in überdimensionaler Art und Weise", warf Staatsanwältin Daniela Temsch einem Quintett, allesamt slowakische Staatsbürger, in ihrem Eröffnungsplädoyer am Landesgericht Korneuburg vor.

Über 50 Kilo Kokain und an die 150 Kilo sogenanntes Crystal Meth soll durch die fünf - in unterschiedlichen Funktionen - im Laufe der Jahre über die Grenze in Drasenhofen nach Ungarn beziehungsweise in die Slowakei geschmuggelt oder in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland an die Kunden gebracht worden sein. Bezogen wurden die Drogen aus den Niederlanden, so die Anklage. Die Verantwortung der Slowaken hätte unterschiedlicher nicht sein können.

Crystal Meth
Auch Crystal Meth wurde im großen Stil vertrieben.
Foto: ShutterstockKaeslerMedia

Der Einzige, der sich vollkommen geständig zeigte vor dem Schöffensenat, war ein 39-jähriger studierter Ingenieur. Diesen brauchte die Bande, um bei ihm in seiner Wohnung in Hainburg in einem Safe über sechs Kilo Meth zu bunkern, wobei er auch zugab, gewusst zu haben, dass sich Drogen in dem Tresor befanden. Den Kontakt übernahm der Erstangeklagte (33), der als Einziger den Schlüssel zu dem Safe besaß und praktischerweise auch in Hainburg zu Hause war, bevor er dieses gegen die Justizanstalt Korneuburg tauschte.

Stolzes Monatseinkommen, trotzdem gedealt ...

Er gab zwar den Teil mit dem Tresor zu, aber sonst nicht viel. Sprach die vorsitzende Richterin Carina Schwarz bei ihrer Befragung des 33-Jährigen von Kilos, waren es beim Geschäftsführer einer Personalagentur, der angab, bis zu 7.000 Euro monatlich verdient zu haben, "lediglich" Gramm. Die Frage, warum man bei einer derartigen Monatsentlohnung überhaupt auf die Idee kommt, mit Kokain zu dealen, blieb unbeantwortet. Es sollte aber nicht die einzige sein.

Dafür durfte sich Schwarz vom Zweitangeklagten (38) minutenlange Monologe mit immer demselben anhören. Der Umstand, dass er am 21. und 22. Juli letzten Jahres beim Landeskriminalamt die kriminellen Aktivitäten umfassend schilderte, diese Aussage aber vor dem Schöffensenat bestritt, machte die Befragung nicht einfacher. Der 38-Jährige verstieg sich zu der Behauptung, dass ihn der Beamte nicht über seine Rechte belehrt und unter Druck gesetzt habe, indem er drohte, seine Gattin (33) nur gegen ein Geständnis aus der Untersuchungshaft zu entlassen.

„Ups“: Jetzt auch Verleumdung am Tisch

Alarmiert fragte die Staatsanwältin nach: "Werfen Sie ihm Amtsmissbrauch vor?" Das "Ups" des 38-Jährigen stand förmlich als Sprechblase im Gerichtssaal, der daraufhin auf die Dolmetscherin, die bei der Einvernahme dabei war, umschwenkte, die die Belehrung wohl nicht übersetzt hätte; der betreffende Beamte sei "eh nett" gewesen. Da war es aber schon passiert: Staatsanwältin Temsch dehnte die Anklage um den Straftatbestand der Verleumdung aus.

Wenn auch ungleich kürzer, so doch weniger kurios, fiel die Einvernahme der Ehefrau des 38-Jährigen aus. Dieser wird vorgeworfen, im Sommer 2017 im Outlet-Center Parndorf einen Ein-Kilo-Ziegel Kokain in ihrer Handtasche mitgeführt zu haben, der zur Übergabe an einen weiteren Mittäter - den Hauptbelastungszeugen - bestimmt war. Dessen bekannte sie sich sehr selbstbewusst "nicht schuldig".

140.000 Euro und eine Soap dazu

Bei der Durchsuchung des Wohnorts des Paares stellten die Polizisten aber 140.000 Euro sicher, die aus der Sicht des Schöffensenats einer Aufklärung bedurften. War auch ganz einfach: Sie sagte damals bei der Polizei aus, das Geld sei das ihres Mannes; er behauptete genau das Gegenteil. Ihre Replik: Das habe sie nicht so gesagt, womit die Richterin bereits eine "zweite falsche Protokollierung" trocken zur Kenntnis nahm. Das Geld gehöre ihr, so die 33-Jährige.

Bei der Herkunft des Geldes wähnte man sich schließlich endgültig in einer Soap. Das Paar würde eine offene Beziehung leben, weswegen sie auch immer wieder Geliebte hätte - und ihr Mann seine Freiheiten. Das Geld stamme von einem dieser - angeblich auch prominenten - Geliebten. Das habe sie sich aus Zuwendungen "zusammengespart". Wenn einer der beiden behauptet hätte, es sei das Taschengeld des gemeinsamen 11-jährigen Kindes, hätte es wohl auch keinen mehr überrascht.

Eine Haftstrafe, Fortsetzung folgt ...

Den Umstand, dass die Frau insgesamt vier Immobilien in Wien, Bratislava, Ungarn und Spanien ihr Eigen nennt, erklärte sie auch mit der Großzügigkeit ihrer außerehelichen Affären. Man ahnt es vielleicht: Der Output der ersten zwei Prozesstage, die mit zwölf Stunden Verhandlungsdauer zu Buche schlugen, war unbefriedigend. Auch hat der Hauptbelastungszeuge erst wieder am 4. Mai Zeit fürs Landesgericht.

Spruchreif wurde nach den zwei Tagen zumindest die Anklage gegen den bisher unbescholtenen "Safe-Aufbewahrer". Verteidiger Martin Mahrer beschönigte nichts für seinen Mandanten, sah diesen aber nicht als Mitglied einer kriminellen Vereinigung. Dieser Sichtweise konnte sich der Schöffensenat in seinem Urteil anschließen. Relativ milde zwei Jahre unbedingter Freiheitsstrafe fasste der 39-Jährige aus. Für die anderen vier geht es am 4. Mai am Landesgericht Korneuburg weiter.

Landesgericht Korneuburg
Gegen die Schmuggler-Bande wurde und wird am Landesgericht Korneuburg verhandelt.
Foto: Christian Pfeiffer, Christian Pfeiffer

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