Bezirk: Nur Schwarz und Blau sind mit dem Pakt zufrieden

Erstellt am 20. März 2023 | 16:30
Lesezeit: 5 Min
Seniorenbund Mistelbach im Landhaus
Am 15. März besuchten die Mistelbacher Senioren das Landhaus und wurden dort von Landtagspräsidenten Karl Wilfing begrüßt und durch sein Landhaus geführt.
Foto: NÖ Landtagsdirektion
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Zustimmung und Freude zum schwarz-blauen Arbeitsübereinkommen kommt von Blau und Schwarz, Ablehnung dafür kommt von den anderen Fraktionen. Wir fragten die Lokalpolitik.

Melanie Erasim (SPÖ): „Es gab Parallel-Verhandlungen!“

„Für mich ist diese Kickl-Mikl Koalition ein Pakt absoluter Unehrlichkeit den Wählerinnen und Wählern gegenüber“, echauffiert sich Nationalrätin und SPÖ-Bezirksgeschäftsführerin Melanie Erasim: „Aus reiner Machtbesessenheit und Zukunftsvergessenheit.“ In der Sozialdemokratie habe man schon seit längerem gewusst, dass es parallel zu den schwarz-roten Verhandlungen Geheimverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ gegeben hatte. „Deshalb gab es für alle unsere fünf geforderten Punkte ein klares Nein seitens Mikl-Leitner“, glaubt die Rabensburgerin. Ein weiteres Indiz für diese Parallelverhandlungen ist für Erasim die Tatsache, dass sie die Namen des neuen FPÖ-Regierungsteams schon kurz nach der Wahl gehört habe. „Außerdem stampft man ein 36-seitiges, Hochglanz-Regierungsübereinkommen nicht binnen vier Tagen aus dem Boden.

Wie geht's in der SPÖ jetzt weiter? „Wir haben jetzt die Chance, sinnvolle Oppositionspolitik zu machen, ohne dass wir auf ein Parteienübereinkommen Rücksicht nehmen müssten“, sagt die Bezirksvorsitzende. Die Reaktionen aus der Partei zum Verhalten von Hergovich und Co. seien durchwegs positiv. „Allerdings hat man Sorge, wie es mit der finanziellen Ausstattung der sozialdemokratischen Gemeinden weiter geht“, sagt Erasim. Die Kompetenzen, die Bedarfszuweisungen für diese zu vergeben, hatten die SPÖ-Landesräte allerdings schon seit vielen Jahren nicht mehr.

„Ich hätte mir auch Schwarz-Rot gewünscht“, sagt Mistelbachs Vizebürgermeister Manfred Reiskopf (SPÖ): „Wobei das für die Partei jetzt auch nicht schlecht ist: Sven Hergovich kann sein Team jetzt neu aufstellen, ohne sich an Regierungszwänge halten zu müssen“, sagt er: „Und so eine Wahl kann schneller kommen, als man glaubt!“

Karl Wilfing (ÖVP): „Wir haben ein Arbeitsübereinkommen, keine Koalition!“

„Wir haben ein Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ, keine Koalition“, stellt Landtagspräsident und ÖVP-Bezirksobmann Karl Wilfing klar: So etwas gab es schon bisher mit SPÖ und FPÖ. Und wer wie viele Sitze in der Landesregierung bekommt, das legt der Proporz nach dem Wahlergebnis fest. „Damit ist klar, dass in NÖ auf jeden Fall zusammengearbeitet werden muss“, sagt der Landtagspräsident.

Die Verhandlungen habe die ÖVP bewusst mit der drittplatzierten SPÖ begonnen, sagt Wilfing, die habe dann aber den Bogen überspannt und keine Kompromissbereitschaft gezeigt: „Deshalb wurden die Verhandlungen mit der SPÖ gestoppt und mit der FPÖ aufgenommen“, sagt Wilfing.

Michael Bernard (FPÖ): „Mitglieder bewerten Übereinkommen sehr positiv.“

„Wir haben nicht den einfachen, dafür den ehrlichen, anständigen und fleißigen Weg gewählt“, sagt FPÖ-Bezirksparteiobmann und Bundesrat Michael Bernard: Die FPÖ habe sehr hart und sehr erfolgreich verhandelt, Ziel war eine echte Veränderung im Land. Ganz wichtig sind den Freiheitlichen dabei Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für alle, die unter Freiheitseinschränkungen, Isolation, Angst und Diskriminierung während der Pandemie gelitten hätten. “Niederösterreich ist das erste Land, das die Schäden der Corona-Politik wieder gut macht“, sagt Bernard. Stolz ist er auch auf die Verhandlungserfolge rund um die Bewahrung des Verbrennungsmotors und bei einer restriktiven Asylpolitik: „Dort, wo die Freiheitlichen Verantwortung übernehmen, gibt es eine vernünftige Politik“, sagt Bernard.

Im Wahlkampf hatte die FPÖ immer wieder betont, dass es keine Zusammenarbeit mit der Mikl-Leitner-ÖVP geben werde: Was sagen die Parteimitglieder jetzt zu dieser Kehrtwende? „Sie bewerten das ausverhandelte Arbeitsübereinkommen sehr positiv, da die freiheitliche Handschrift stark erkennbar ist“, sagt der blaue Bezirksparteiobmann.

Christian Schrefel (Grüne): „Ein Kniefall vor einer Rabaukentruppe!“

„Ein Kniefall vor einer FPÖ, die eine Rabaukentruppe ist, das ist unwürdig. Aber anscheinend macht man für den Machterhalt alles“, sagt Grüne-Bezirkssprecher Christian Schrefel. Er glaubt, dass die rasche Einigung zwischen ÖVP und FPÖ ohnehin schon vorab paktiert war: „Die Verhandlungen mit der SPÖ waren vermutlich reines Schattenboxen.“ Sein Fazit: „Bitte den Proporz abschaffen, sonst bekommen wir nie eine andere Regierung zusammen: Wenn man mit dem roten Gsindl nicht kann, bleibt nur das Blaue übrig!“ Die Zusammensetzung der Landesregierung durch Proporz enge die demokratischen Möglichkeiten ein. Wobei Schwarz-Blau ein kurzes Vergnügen sein wird, glaubt der Grüne Bezirkssprecher. Er rechnet mit Neuwahlen in ein-einhalb Jahren: „In dem Arbeitsprogramm stehen genügend Sollbruchstellen drinnen, die der ÖVP die Möglichkeit geben, sich in eine Wahl zu flüchten, wenn die Lage günstig ist“. Und auch die sehr rechte NÖ FPÖ werde sich wohl nicht zurückhalten: „Da wird es genügend Anlassfälle geben“, sagt Schrefel.

Ein Knackpunkt wird für Schrefel das Verhalten der neuen Landesregierung zum Thema Fracking sein: Die FPÖ hatte sich nie dagegen ausgesprochen.

Leo Holy (NEOS): „Landesregierung hält nicht die ganze Periode!“

„Ich finde, der Weg, der da begangen wurde, ist nicht der Optimale“, sagt Leo Holy, einziger NEOS-Gemeinderat im Bezirk Mistelbach: „Ich glaube, dass das in einer Katastrophe enden wird.“ Es wird da so viele Vorfälle mit den Freiheitlichen geben, dass die Landeshauptfrau irgendwann nicht mehr darüber hinweg sehen kann: „Ich glaube, dass diese Landesregierung nicht die ganze Periode halten wird“, sagt Holy. Er selbst hätte eine Zusammenarbeit von ÖVP und SPÖ bevorzugt: „Auch wenn ich glaube, dass Alt-SPÖ-Chef Franz Schnabl bei den Verhandlungen übertrieben hat.“

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