Schwarz-Blau ist fix: Viel Kritik aus Bezirk Neunkirchen

So wirklich zufrieden mit der neuen schwarz-blauen Landesregierung zeigt sich auf NÖN-Anfrage nur ein einziger Bezirksparteiobmann – nämlich der Freiheitliche Jürgen Handler. „Wir haben mit Arbeit oder auch Infrastruktur etwa zwei ganz wesentliche Bereiche erhalten“, so der Scheiblingkirchner, der den Bezirk auch in den kommenden fünf Jahren im Landtag vertreten wird. Einen Wortbruch gegenüber den Wählerinnen und Wählern ortet er nicht, angesprochen darauf, dass die FPÖ mit ungültigen Stimmen eine weitere Amtszeit von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ermöglicht: „Wir haben immer gesagt, dass wir sie nicht wählen werden – und das machen wir auch nicht.“ Dass Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (trotz höchst umstrittener Sager und laufende Kritik) ins Landtagspräsidium wechseln soll, sei logisch: „Er ist ein langjähriger und erfahrener Mandatar.“

Pragmatisch zeigt sich ÖVP-Bezirksparteichef Hermann Hauer, der – wie Handler – ebenso im Landtag verbleibt. Vom Zustandekommen des Übereinkommens mit der FPÖ zeigt er sich grundsätzlich „überrascht“, der SPÖ attestiert er, „keinen Millimeter“ von ihren Forderungen abgewichen zu sein: „Und das, obwohl etliche Punkte in rot regierten Bundesländern keineswegs umgesetzt wurden.“ Während sich die ÖVP „sehr wohl bewegt“ habe, sei die SPÖ „stur geblieben“, so Hauer: „Daher die Zusammenarbeit mit der FPÖ – das ist keine Liebesbeziehung, aber ein engmaschiges Arbeitsübereinkommen, das nun Punkt für Punkt abgearbeitet werden wird“, verteidigt er die Entscheidung.

Naturgemäß ganz anders sieht SPÖ-Bezirksparteichef Christian Samwald – neben Handler und Hauer der dritte Abgeordnete aus Neunkirchen – die Sache. „Die ÖVP hat es sich aussuchen können, immerhin waren bereits mehr als 100 Seiten Übereinkommen fertiggestellt. Wir haben immer Bereitschaft signalisiert“, sieht er bei den „Roten“ keine Schuld. Das nun vorliegende Übereinkommen mit der FPÖ sei in Teilen „erschütternd“, so Samwald – in Sachen Coronapolitik ortet er bei der ÖVP etwa „einen Kniefall vor der FPÖ“. Alle, die sich an die Covid-Maßnahmen gehalten hätten, aber auch die Einsatzorganisationen, würden „als die Dummen hingestellt“, ärgert sich Samwald und sieht die ÖVP „am Gängelband der FPÖ“. Er fürchtet nun „einen gesellschaftlichen Rückschritt“.

Die Beibehaltung des Proporzes – dass also die Sitze in der Landesregierung automatisch den größten Parteien zufallen – sieht Johann Gansterer, Bezirkssprecher der Grünen, als „Knackpunkt“ in der jetzigen Situation. „Weil man in den Regierungsverhandlungen gesehen hat, dass da jemand zusammenarbeitet, der eigentlich nicht miteinander will.“ Hätte man den „unsäglichen, nicht mehr zeitgemäßen Proporz“, so Gansterer wörtlich, abgeschafft, wäre auch eine ÖVP-Regierung mit Grünen und NEOS möglich gewesen. „Dass die Grünen mit einer ÖVP-FPÖ-Regierung grundsätzlich keine Freude haben, ist logisch. Ich orte jedenfalls nicht sehr viel Zukunftsfähigkeit, vor allem, was Umwelt- und Klimathemen betrifft“, so Gansterer. Unter diesen Vorzeichen sei es auch klar, dass man Mikl-Leitner bei der Landeshauptfrau-Wahl nicht unterstützen werde.

Gemeinderätin und Bezirksspitzenkandidatin Birgit Ehold, die ihre Partei, die NEOS, auch in Zukunft als „starke Opposition“ sieht, reagiert mit gemischten Gefühlen auf das Übereinkommen. In den Bereichen Bildung, Transparenz sowie einer „gerechten Asylpolitik“ erwartet sie keine Erfolge, außerdem bezweifelt sie, dass NÖ „auch in Zukunft ein tolerantes, offenes und vielfältiges Land bleiben wird“, wie sie sagt. Für das „Corona-Kapitel“, welches sich in den letzten Tagen besonders viel Kritik einhandelte, symbolisiert Ehold aber Verständnis: „Die ausgrenzende und zu keinem Zeitpunkt evidenzbasierte Corona-Politik hat der FPÖ in die Hände gespielt. Es ist für mich noch immer nicht nachvollziehbar und stimmt mich darüber hinaus traurig, dass es dazu kommen musste, und nicht von allen Parteien rechtzeitig erkannt wurde, dass das nicht passieren hätte dürfen.“

Offene Kritik und Zweifel an dem schwarz-blauen Pakt gibt es aber auch aus den Reihen der ÖVP. Niemand Geringerer als Neunkirchens Bürgermeister Herbert Osterbauer zeigt sich „nicht sehr glücklich“ über die Entscheidung. „Ich bin sehr überrascht, dass man nach heftigen Angriffen im Vorfeld noch zusammengekommen ist. Da sind viele Scherben zu kitten.“ Er sei „skeptisch“, was die Zukunft dieser Zusammenarbeit betrifft, sagt er.