Armut in NÖ: „Bestehende Gräben vertiefen sich!“

Erstellt am 26. April 2023 | 17:00
Lesezeit: 3 Min
Armutsnetzwerk
Martin Schenk, Carola Weiss, Barbara Bühler, Silke Lohberg, Maria Nirnsee und Wolfgang Brillmann vom Armutsnetzwerk NÖ verwiesen im Rahmen einer Pressekonferenz auf problematische gesetzliche Rahmenbedingungen.
Foto: Marlena Schilling
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Immer mehr Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher müssen sich am Ende des Monats entscheiden, ob sie ihre Miete zahlen oder Lebensmittel kaufen. Vertreterinnen und Vertreter des Armutsnetzwerk NÖ fordern daher eine Reform der Wohn- und Sozialhilfe und betonen, dass gelegentliche Einmalzahlungen vom Land die bestehenden Probleme nicht lösen.

„Für Niederösterreich zu arbeiten, bedeutet bereit zu sein, Gräben zu schließen.“ Das versprach Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner im Wahlkampf. „Wir nehmen allerdings wahr, dass sich für viele in Niederösterreich neue Gräben auftun oder sich bereits bestehende vertiefen“, so Barabara Bühler, Obfrau des NÖ Armutsnetzwerkes, bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Im Zuge der Pressekonferenz verwiesen sechs Vertreterinnen und Vertreter des Netzwerkes auf problematische gesetzliche Rahmenbedingungen, beispielsweise bei der Sozialhilfe in Niederösterreich. Viele Familien und Alleinstehende in Niederösterreich hätten zurzeit große Sorgen.

Heiz- und Wohnkostenzuschuss - ein Tropfen auf den heißen Stein

Am Monatsende die Entscheidung zu treffen: Zahle ich meine Miete oder gehe ich in den Supermarkt einkaufen? Diese Frage ist für viele Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher Realität. Wolfgang Brillmann, Geschäftsführer der „soogut Sozialmarkt GmbH“, betont, dass die Nachfrage in den Sozialmärkten immer weiter steigt. Doch nicht nur der tägliche Einkauf wird für immer mehr Menschen zum Problem, sondern auch die steigenden Wohn- und Heizkosten. Der einmalige Wohn- und Heizkostenzuschuss, der seit 19. April beantragt werden kann, sei dabei nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“, heißt es.

Reform statt gelegentlicher Einmalzahlungen

Statt gelegentlicher Einmalzahlungen, brauche es eine Reform der Wohnbeihilfe, sowie eine leistbare Energierundversorgung, um Wohnen und Energie dauerhaft leistbar zu machen. Maria Nirnsee von „arbeit plus“ verwies außerdem darauf, dass es „stabile, niederschwellige stufenweise Modelle" für den beruflichen Wiedereinstieg brauche. „Arbeit muss existenzsichernd sein“, so Nirnsee. Doch genau das sei sie für viele Frauen nicht, betont Silke Lohnberg vom Frauenberufszentrum: Frauen hätten ein erhöhtes Armutsrisiko und es sei notwendig, eine faire Verteilung von Care- und Sorgearbeit zu gewährleisten.

Drastische Kürzungen bei Menschen mit Behinderungen

Die Forderung von Martin Schenk, Mitbegründer der Armutskonferenz, lautet: „Existenz, Chancen und Teilhabe ermöglichen durch eine neue Mindestsicherung statt der alten Sozialhilfe.“ Diese wurde vom obersten Gericht bereits zum wiederholten Mal als verfassungswidrig erkannt. Zu besonders drastischen Kürzungen komme es dadurch vor allem bei Menschen mit Behinderungen, deren Unterhaltsforderungen jetzt österreichweit als Einkommen gewertet werden. Eine weitere massive Verschlechterung betrifft die Leistungen fürs Wohnen, denn auch die Wohnbeihilfe wird jetzt von den zuständigen Behörden einbehalten.

Der Appell des Netzwerkes an die niederösterreichische Landesregierung lautet: Gräben tatsächlich zu schließen und das im Wahlkampf plakatierte Miteinander für die Menschen in Niederösterreich spürbar zu machen: Dort, wo sie wohnen, arbeiten, einkaufen und Familie und Beziehungen leben.

Mehr Infos unter: www.noe-armutsnetzwerk.at

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