Obsorge für Scheidungs-Kinder: Gemeinsame Pflichtübung?

Seit Jahren ist eine Novelle des Kindschaftsrechtes, in dem die Beziehung von Kindern zu ihren Eltern geregelt wird, in Bearbeitung. Seit dem Sommer gibt es dazu einen Entwurf – und der macht die Frauenorganisationen nervös.
Warum? Weil nun „auch im Konfliktfall Gemeinsamkeiten verordnet werden sollen“, sagt Frauenring-Leiterin Klaudia Frieben. So sei eine verpflichtende gemeinsame Obsorge geplant. Der getrennt lebende Partner soll künftig das Kind ein Drittel des Jahres betreuen. Was laut Frauenrechtlerinnen die Frage aufwirft, wie das bei konfliktreichen oder gewaltbelasteten (Ex-)Beziehungen funktionieren soll. Oder bei der Obsorge für Kinder, die etwa aus einer sehr kurzen Beziehung entstanden sind.
„Die Väter werden durch die Einräumung von mehr Rechten nicht mehr Pflichten übernehmen“, sagt Frieben. Durch diese Regelung werde außerdem der Unterhalt des Kindes dramatisch gekürzt, was wieder die ökonomisch meist schlechter gestellten Mütter treffen werde.
Kritik an unzulässigem Eingriff in die Privatsphäre
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass bei Trennungen der Betreuungsplan für die Kinder künftig ein Jahr im Vorhinein schriftlich festgelegt werden soll. Ein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre, wie der Frauenring kritisiert.
Kritisiert wird auch die Möglichkeit von zwei Wohnsitzen, die das Konzeptpapier vorsieht. Das werfe ein finanzielles Problem auf: Sozial- und Familienleistungen wie Elternkarenz, Kinderbetreuungsgeld, Anspruch auf Kinderbetreuungsplatz, Wohn- und Familienbeihilfe sind nämlich an den Hauptwohnsitz gekoppelt.
Das Justizministerium nimmt auf Anfrage zu diesen Punkten kaum Stellung: Recht allgemein heißt es, die Reform werde „Kinderrechte stärken und gewaltbetroffene Frauen besser schützen“. Der Gewaltbegriff werde ausgeweitet, sodass „in Zukunft alle Arten von Gewalthandlungen umfasst sind“. Auch psychische Gewalt.