Verjus: Der Saft mit Schuss

Wenn die anderen gerade erst anfangen, ist sie schon wieder fertig. Zumindest mit ihrer ersten Ernte. Die gehört einem ganz besonderen Saft. „Verjus“ heißt der, übersetzt: „Grüner Saft“. Und ist kein Wein, auch kein Sturm, kein Staubiger, kein Most. Sondern ein „Traubensaft aus unreif geernteten Weintrauben“. Nicht vergoren, also auch nicht alkoholisch. Dafür aber frisch und fruchtig und ein bisschen sauer.
„Ich hab’ das am Anfang auch nicht gewusst“, gesteht Barbara Öhlzelt. Am Anfang, das war 2007. Damals gab es schon (sehr gute) Weine aus dem sechs Hektar kleinen Weingut im Kamptal. Dann fuhr Karl Schwillinsky, Koch, Wirt und Partner von Barbara Öhlzelt, nach München, um in Eckart Witzigmanns Tantris ein Praktikum zu machen. Und kochte dort erstmals mit Verjus – importiert aus Frankreich oder noch weiter, aus Amerikas Nappa Valley. „Bei uns hat das noch keiner gekannt“, erzählt Barbara Öhlzelt, „aber der Karl ist dann heimgekommen und hat gesagt: Wir machen das auch!“
Mit nicht einmal 500 Flaschen haben sie 2007 begonnen – obwohl sie alle für blöd erklärt haben, weil sie für die Verjus-Trauben schon im August ausfuhren. Spitzenkoch Heinz Reitbauer hat den fertigen „grünen Saft“ schon damals bei ihnen bestellt. Und heute kocht man nicht nur im Wiener Steirereck mit Kamptal Verjus. Sondern auch im Münchner Tantris, beim Floh in Langenlebarn oder bei Lisl Wagner-Bacher in Mautern.
Aus den anfänglich 500 Flaschen sind allein heuer 10.000 Liter geworden. Und aus der einen Sorte Verjus drei: Grüner Veltliner Verjus („mit dem kocht die Arche Noah“), Zweigelt Verjus („den nehmen wir zum Ausschenken, spritzen ihn mit Wasser oder Soda oder als Verjus Sprizz sogar mit Prosecco“) und Grüner Veltliner plus d’acidité, also: „mit extra Säure“ (speziell für Salate und Marinaden).
Wobei: In Niederösterreich macht man, wie auch im Burgenland und in der Steiermark, inzwischen auch anderswo Verjus. Beim Laimer, beim Bründlmayer, in der Weinbeisserei in Mollands, bei Christian Fischer in Sooß. Aber: „Jeder Verjus schmeckt anders. Unserer ist eher der Fruchtige!“ Lacht Barbara Öhlzelt. Nur „sehr erklärungsbedürftig“, das sei der „grüne Saft“ leider noch immer!