Otto Schenk: „Gefehlt hat nur der Hamlet!“

NÖN: Lieber Herr Schenk, am 23. April kommen Sie – wieder – nach St. Pölten. Diesmal, um sich zu verabschieden. Wird das nicht sehr traurig? Wird das auch lustig? Wird das leise? Wird das laut? Und wie wird das – wie ist das – für Sie?
Otto Schenk: Es wird von allem ein bisschen etwas. Eine emotionale Hochschaubahn für die Zuschauer, aber auch für mich. Ein Rückblick hat immer viele Seiten.
„Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut“ heißt Ihr (Abschieds-)Programm. Das klingt ja mehr nach guten – als nach schlechten – Zeiten. Was war denn am schönsten, in Ihrem Komödiantenleben? Und was war am schlimmsten?
Schenk: Ich habe alles gern gemacht, was ich gespielt habe, egal in welchem Medium. Ob auf der Bühne, im Film oder im Fernsehen. Am schlimmsten war immer, wenn ich nichts zu tun hatte, aber das war selten der Fall. So habe ich mich immer aufs nächste Mal gefreut.
Der Titel klingt aber auch ein bisschen nach dem Kaiser. Den haben Sie aber nie gespielt (oder doch?). Dafür, ganz am Anfang, einen Kellner, und, ganz am Schluss, einen Diener, dazwischen den Josef Bieder und den Niklaus Zettel, den Bockerer, den Geizigen und den Frosch, einen „Sunny Boy“ und einen Menschenfeind, den Teufel, den Theodor und sogar die Thisbe (und viele, viele mehr). Wer war Ihnen von all diesen am liebsten? Wer war Ihnen am nächsten? Wer (oder was) war am schwierigsten? Und wer hätte da noch gefehlt?
Schenk: Mit dem alten Diener Firs aus dem Kirschgarten habe ich tatsächlich das Sterben auf der Bühne gespielt – und es war meine letzte Rolle. Damit beginnt auch unser Abend. Alle anderen Rollen waren mir gleich lieb, wobei Josef Bieder eine sich hunderte Male wiederholende Freude war. Auch davon gibt es die Tanzszene in unserem Abend zu sehen. Gefehlt hat eigentlich nur der Hamlet.
Gespielt haben Sie, auch, alleine. Am liebsten aber gemeinsam. Und am öftesten mit Helmut Lohner. Was hatte der, was andere nicht haben? Und was hätten Sie – mit ihm – gerne noch gespielt, gelesen, gelacht, gemacht?
Schenk: Helmut Lohner war mein Lebensmensch. Der Abschied von ihm ist mir besonders schwergefallen. Unser gemeinsames Programm „Lacherfolge“ war ein Vergnügen, nicht nur für die Zuschauer. Auch davon gibt es etwas zu sehen.
Inszeniert haben Sie fast so viel wie gespielt, das erste Mal schon mit 27, und zwar von Mozart bis Wagner und von Wien bis New York. War Ihnen das Spielen zu wenig? War Ihnen das (Sprech-)Theater zu leise? Was braucht die Oper, damit sie heute (noch) fasziniert, interessiert, verzaubert? Und was braucht das Theater? Geld? Mut? Komödianten?
Schenk: Die Musik ist eine weitere Ebene, die ich immer geliebt habe. Und da war meine Opernregie, egal, ob in Wien oder New York, immer ein persönlicher Höhepunkt für mich. Meine Inszenierungen laufen immer noch.

Geschrieben haben Sie auch, Witze und Notizen, Geschichten und Erinnerungen, Intimitäten und Musikalitäten. Fehlt da noch was? Kommt da noch was? Und ist das Schreiben das, was bleibt?
Schenk: Mein langjähriger Manager Herbert Fechter, der auch mein Gesprächspartner im Programm ist, hat mich immer wieder zu Dingen ermutigt, die ich mich sonst nicht getraut hätte, so auch zum Schreiben. Je mehr ich geschrieben habe, umso mehr Spaß hatte ich dabei. Aber da kommt sicher nichts mehr, es ist alles gesagt und geschrieben, was mir am Herzen lag.
Verabschiedet haben Sie sich ja eigentlich schon vor zwei Jahren. Was kommt jetzt? Und was muss unbedingt noch kommen?
Schenk: Ich habe in den Jahren der Pandemie nichts so sehr vermisst wie die Bühne, daher war es auch ein leichter Entschluss, noch einmal mit meinem Freund und Manager einige meiner Höhepunkte Revue passieren zu lassen. Und dann hat mir dieser Abend am 21. Jänner (Anm.: im Wiener Theater Akzent) so viel Spaß gemacht und die Energie des Publikums mich so belebt, dass ich mich entschlossen habe, weitere Abende anzuhängen. Und ich freue mich besonders, dass ich nicht nur in Wien, sondern am 23. April auch in St. Pölten auf die Bühne kommen werde.