"Lehrer werden bewertet wie Amazon-Bestellungen"

1,2 Sternchen standen unter dem Namen des schlechtest bewerteten Lehrers der HAK St. Pölten. 4,6 Sterne bekam der best bewertete Pädagoge. Die HAK-Schüler waren nur einige von vielen in Niederösterreich, die die vergangenen Tage nutzten, um ihre Bildungsstätten und Pädagogen mit der App "Lernsieg" zu beurteilen. Von Lehrern und der Gewerkschaft hagelte es Kritik. Die App ist, weil ihr Erfinder mit Hassbriefen bombardiert worden sein soll, mittlerweile offline.
"Zurecht", findet BHS-Landesschulsprecher Benjamin Koiser. Er betont, dass er es schade finde, dass so viele niederösterreichische Schüler da mitgemacht hätten. "Lehrer werden bewertet wie Amazon-Bestellungen. Das ist sicher der falsche Weg"
Eine Möglichkeit, Lehrer zu beurteilen, sollen Schüler aber bekommen. Das fordert die Bundesschülervertretung schon seit einigen Jahren. "Das ist aber ein Unterschied. Wir wollen das 360-Grad-Feedback", erklärt Koiser. Schüler sollen demnach am Ende eines Jahres Feedback-Bögen erhalten, auf denen sie angeben können, wie sie den Unterricht und die Methoden der Lehrperson gefunden haben. "Unsere Leistung wird andauernd beurteilt, die von Lehrern nie. Das wollen wir ändern - aber nicht mit einer App und Sternchen-Bewertung", meint Koiser.
AKS: "Mobbing von Lehrern wird gefördert"
Ähnlich Koiser sieht das auch die Aktion kritischer Schüler (AKS) Niederösterreich. „Grundsätzlich sehen wir ein Feedback über die Lehrer positiv, vor allem wenn es anonym ist“, stellt Landesgeschäftsführer der AKS Fabian Schweiger klar. „Diese App hat aber diesbezüglich kein Potential, weil die Beurteilung der Schüler ein reines Ranking der Lehrpersonen ist und nichts ändert.“ Die AKS fordert eine an die Schule angepasste Feedback-Möglichkeit, die von Schülern anonym wahrgenommen werden kann. Diese Rückmeldungen sollen direkt in die Direktion gelangen und somit eine wirkliche Änderung beim Lehrpersonal und dem Unterrichtsstil bringen. „Durch eine solche App wird lediglich das Mobbing von Lehrpersonen gefördert“, meint Schweiger. „Somit würde das Klassenklima nur schlechter werden und die Wut der Lehrer könnte wiederum schnell die Schüler treffen“.
Keine einzige positive Stimme von den NÖ-Lehrern
Grundsätzlich hätte auch die Lehrergewerkschaft des Landes nichts gegen eine professionelle Evaluierung der Lehrer-Leistungen, erklärt Pflichtschullehrer-Vorsitzender in Niederösterreich Christian Rametsteiner. „Wir prüfen gerade, ob diese App das Personenrecht verletzt“, meint er. Aus den Kreisen der niederösterreichischen Lehrerschaft sei keine einzige positive Stimme gekommen. Die Lehrergewerkschaft fordert nun die Kollegenschaft auf, E-Mails oder eingeschriebene Briefen an den 17-Jährigen App-Gründer Benjamin Hadrigan zu richten und auf Basis der Datenschutz-Grundverordnung die Löschung ihrer Namen zu fordern.
Rametsteiner verweist außerdem auf die gewinnorientierten Absichten der App. Er verstehe zwar, dass die App durch die Nummern der Jugendlichen Profit schlagen möchte, das dürfe man aber nicht am Rücken der Lehrer austragen.